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Die unangenehme Frage

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»Willst du gesund werden?« Eigentlich, möchte man meinen, ist diese Frage eine Unverschämtheit. Sowohl dem Kranken in unserer Geschichte gegenüber – als auch in Hinblick auf unsere eigene Kirche. »Lieber Jesus«, möchte man antworten,»hast du dir mal überlegt, was wir in den letzten Jahren an Anstrengungen unternommen haben, deine Kirche zu retten und irgendwie am Laufen zu halten? Natürlich wollen wir gesund werden!« Die Frage Jesu »Willst du gesund werden?« scheint hier nicht wirklich zielführend zu sein. Auch der Kranke beantwortet sie nicht direkt. Seine Antwort klingt teils empört, teils resigniert, teils ausweichend – und passt auch auf unsere Situation.

»Herr, ich habe keinen Menschen, der mich zum belebenden Wasser trägt.« Es fehlt einfach an einer Person, einem Reformator, einer Bischöfin, einer Kirchenleitung oder prophetischen Gestalt, die uns sagt, wo es langgeht, und die die Kirche so zielsicher führt wie einst Mose sein Volk durchs Schilfmeer und die Wüste. Oder wir sagen: »Herr, natürlich wollen wir gesund werden. Und das tun wir ja auch: indem wir uns ‚gesundschrumpfen‘. Was am Ende dieses Prozesses übrigbleiben wird, ist der ›ehrliche Kern‹ unserer Kirche. Du wirst sehen: Noch ein paar Jahre Rückgang, dann ist unsere Kirche kerngesund.« Oder: »Herr, siehst du nicht, wie sehr wir uns bemüht haben? Unsere Ideen sind am Ende und unsere Kraft ist erlahmt. Wir wollen uns künftig mit bescheidenen Zielen zufriedengeben. Hast du nicht selbst gesagt: ‚Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen‘?«

Ich (Klaus) bin – nennen Sie es Zufall – seit achtunddreißig Jahren beruflich in der Kirche tätig. Also genau so lange, wie der Patient aus unserer Geschichte krank darniederlag. Was hat es in dieser Zeit nicht alles an Initiativen gegeben, die Kirche zukunftsfähig zu machen! Wie viele Gremien haben in dieser Zeit getagt, wie viele Gesetze wurden erlassen. Was wurde nicht alles auf den Prüfstand gestellt: Leitbilder, Personalschlüssel, Zuweisungssysteme, Verwaltungs- und Leitungsstrukturen, Gottesdienstformate, Gemeindezuschnitte und vieles mehr. Vor dem Jahr 2017 gab es eine ganze »Dekade der Reformation« mit abertausenden Veranstaltungen, Impulsen und Ideen. Wenn man der Kirche eines nicht vorwerfen kann, so scheint es, ist es ihr mangelnder Reformwille.

Und in der Tat haben wir es durch geschicktes Management und viele schmerzhafte Einschnitte geschafft, ein finanzielles Desaster zu verhindern. Doch viele Haupt- und Ehrenamtliche sind in dieser Zeit ausgebrannt. Sie können angesichts des ständig wachsenden Drucks einfach nicht mehr. Gleichzeitig konnten wir den äußeren Relevanzverlust der Kirche nicht stoppen. Im Gegenteil: Das allgemeine Desinteresse an dem, was wir sagen oder tun, steigt scheinbar immer weiter. Es ist wie ein Teufelskreis: Wir bemühen uns nach Kräften, von unserer Matte hochzukommen, doch führt das oft nur dazu, dass wir am Ende umso müder darauf zurücksinken.

Der evangelische Patient

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