Читать книгу Chicas, das Böse und das Meer - Fe Mars - Страница 5
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ОглавлениеAuch wenn das Blitz leer war, hing immer noch der Geruch von kaltem Rauch im Raum. Die Mauern schienen es auszudünsten, gespeichert aus früheren Zeiten - inzwischen war ja überall Rauchverbot in den Clubs. Allerdings wehte trotzdem manchmal der Geruch nach einer Selbstgedrehten durch die tanzende Menge. Oder nach Marihuana. Anaïs mochte die Gerüche, beide. Obwohl sie selber weder rauchte noch kiffte noch sonst etwas nahm, was unter der Hand oder auch offen angeboten wurde. Um in Trance zu fallen, musste sie nur tanzen. Trance Dance. Sie liebte das. Genau wie Maxine.
„Anaïs, Süße, du lächelst so geheimnisvoll, als wüsstest du etwas, das ich nicht weiß!“ Paul zwinkerte ihr hinter dem Tresen hervor zu. Paul war der Besitzer des Blitz. Ein massiger Mann, der einem das Blaue vom Himmel heruntererzählen konnte, aber seit Anaïs erlebt hatte, wie er sich bei einer Kontrolle vor ein paar Kids gestellt hatte, die der Polizei missfallen hatten, einfach nur weil sie schräg angezogen waren, mochte sie ihn.
„Ich stell nur die Anlage ein“, rief sie. “Für später!“
„Das erklärt immer noch nicht dein Lächeln, Mädchen.“
„Du gibst wohl nie auf?“
„Nie.“
„Also gut, ich hab gerade an Maxine gedacht.“
„Ah, das erklärt alles. Wenn ich an deine Schwester denke, krieg ich auch ein Smile wie Mona Lisa!“
„Das geht, glaube ich, den meisten Kerlen so.“
„Der Fluch der Schönheit … Wann kommt sie denn wieder mal? Täusche ich mich oder hat sie sich schon länger nicht mehr blicken lassen?“
Anaïs antwortete nicht. Früher war Maxine fast jedes Mal mitgegangen, wenn Anaïs im Blitz aufgelegt hatte. Zuerst nur, um ein Auge auf die kleine Schwester zu haben, aber dann hatte ihr einfach das Tanzen Spaß gemacht. Bis in letzter Zeit.
„Hey!“ Die Tür flog auf und Bugo stürmte herein, einen
Schwall Frischluft hinter sich herziehend. Bugo kellnerte im Blitz. „Hat einer von euch Ärger oder was?“
„Wieso?“ Paul warf ihm einen verständnislosen Blick zu.
„Weil draußen ein paar Bodybuilder mit Sonnenbrille stehen und so tun, als würden sie alles betrachten, nur nicht die Eingangstür vom Club. Sehr unauffällig.“
„Vielleicht tun sie das ja wirklich.“ Paul runzelte die Stirn.
„Ich kann Ärger noch zwei Meilen gegen den Wind riechen. Das muss mein afrikanisches Blut sein.“ Ein Grinsen breitete sich auf Bugos hübschem, dunklem Gesicht aus. „Und die beiden riechen eindeutig nach Ärger.“
Paul trat zur Tür, öffnete sie einen Spalt und warf einen Blick auf die Straße. „Und die zwei wären wo?“
„Direkt gegenüber.“ Bugo schob sich hinter seinen Boss und schaute ebenfalls hinaus. „Weg“, stellte er fest. „Na ja, vielleicht hab ich mich doch geirrt.“
Achselzuckend zog Paul die Tür wieder zu. Er tauchte hinter der Bar ab und Anaïs hörte Flaschen klirren. Sie seufzte und warf ihre Jacke über einen Stuhl. Heute Abend war Mathetest, sie musste das vergessen haben, als sie den Termin mit Paul ausgemacht hatte. Trotzdem, ein Problem war das nicht, die paar Schulstunden ließen sich einschieben. Sie begann sowieso nicht vor elf mit dem Auflegen. Tatsächlich mochte sie das Abendgymnasium. Die Lehrer waren nicht so von oben herab, sondern behandelten ihre Schüler als gleichgestellte Erwachsene.
Sie begann in den Platten zu stöbern. Trance-Dance-Abend oder Old School Jungle? Anaïs stülpte die Kopfhörer über, legte ein paar Schalter um, schob den ersten Regler hoch und begann im Takt zu wippen.