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Eine Warnung

„Hast du von einem Räuber gehört, der über unsere Wege zieht?“, fragte Hucwalt. „Filipert soll er heißen.“

Gudo nickte. „Ich habe den Namen gehört.“

„Ein Räuber“, rief Isanpert dazwischen. „Uns hast du nichts gesagt!“

Gudo sah ihn finster an. „Entschuldigt meinen Sohn, der nicht zu schweigen versteht, wenn Männer reden. Ja, von diesem Filipert hört man jetzt bisweilen. So sind die Leute. Einer schnappt die Geschichte auf, und wenn ihm am anderen Tag ein Schaf davonläuft, dann schreit er: Das war der Filipert! Dabei sind ihm bloß beim Hüten die Augen zugefallen. Einen Räuber hat er vielleicht im Traum gesehen.“

„Dieser Filipert hat mindestens zwei Dutzend Leute bei sich“, sagte Hucwalt. „Und ihr seid hier drei Männer!“

„Ich bin ihm nicht begegnet. Mir hat keiner etwas geraubt. Wenn ein Schwein fehlt, dann waren die Buben achtlos.“

Isanpert errötete, denn es fehlte ja wirklich ein Schwein. Hucwalt reckte und straffte sich. Man konnte die Muskeln unter dem Lederwams sehen, wie er nach dem Wasserkrug griff. „Du magst recht haben, Gudo. Gerüchte vermehren sich von selbst. Aber den Filipert gibt es wirklich. Vielleicht schlagen seine Männer demnächst deine Tür ein. Dann wirst du anders reden.“

Gisla lachte bitter. „Wer so etwas erlebt hat, vergisst es nicht.“ Sie rückte ihr Kleid zurecht, das noch den alten Schnitt hatte. Zwei hölzerne Spangen hielten es zusammen.

„Für solche Geschichten ist jetzt nicht die rechte Zeit“, wiegelte Gudo ab.

Die Alte ließ sich so leicht nicht zum Schweigen bringen. „Früher kamen im Sommer stets die Alamannen, um Vieh zu stehlen und Weiber. Die jungen haben sie mitgenommen und die alten hiergelassen. Als aber vor vier Jahren die Franken alles niederbrannten, war ihnen das Alter gleichgültig.“

Gudo gefiel es wenig, dass vor den Gästen schlecht über die Franken geredet wurde. „Sei jetzt still, Mutter!“

„Mir wollen sie auch mit diesem Filipert Angst machen“, warf Alto ein. „Aber Gott heißt uns, gewalttätigen Männern furchtlos ins Gesicht zu blicken. Sie werden sich am jüngsten Tag für ihre Taten verantworten müssen. Dieser Tag ist nahe.“

„Für einen heiligen Mann mag die Gefahr geringer sein“, räumte Hucwalt ein. Schließlich war es eine Todsünde, einen Priester zu erschlagen. Niemand belud sich leichtfertig mit solcher Schuld. „Dennoch sorgt sich der Erzbischof, wenn du allein durch die Wälder ziehst.“

„Seine einzige Sorge ist, dass ich das Falsche predige!“

Martilo suchte zu vermitteln. „Er will nur dein Bestes.“

„Nicht mein, sondern ihr Bestes wünschen die ersten Männer. Als Abt eines Klosters wollen sie mich sehen! Ich soll aufpassen, dass auch jeden Tag für sie gebetet wird. Den Bauern soll ich mit der untersten Hölle drohen, wenn sie ihre Abgaben vergessen.“ Alto lächelte traurig. „Ein alter Mann, der herumstreift und göttliche Gerechtigkeit predigt, stört sie.“

Was göttliche Gerechtigkeit angehe, müsse er sich heraushalten, sagte Hucwalt. Das müssten die Gelehrten klären. Er neigte sich zu Gudo. „Gewiss wunderst du dich, worüber wir sprechen. Kein Geringerer als der Erzbischof Bonifatius hat mich und meine Brüder gebeten, den ehrwürdigen Alto zu Dux Otilo zu begleiten. Bonifatius hält nämlich Alto für den rechten Mann, als Abt einem neuen Kloster vorzustehen. Das würde gegen Bedrohungen wie diesen Filipert helfen.“

Gudo sah ihn verwirrt an. „Ein neues Kloster? Wo das?“

„Nicht weit von hier, an der Ilma. Namhafte Männer wie Otker aus der Sippe der Huosi und unser Vater sind bereit, Land zu stiften“, verkündete Hucwalt.

„Ich lobe ihre Frömmigkeit.“ Gudo machte sicherheitshalber ein Kreuzzeichen. „Entschuldigt, wenn ich einfältig frage. Was hilft ein Kloster gegen Räuber?“

Da brach der Priester Fritilo sein Schweigen. „Immer mehr Siedler roden den Wald. Sie brauchen sittliche Anleitung“, sagte er. Gottes Schutz werde nicht nur Räuber, sondern auch Hunger, wilde Tiere und böse Geister fernhalten. „Die Räuber hat uns Gott gesandt, als Strafe für unsere Sünden. Ein Bär ist im Sommer hier gesehen worden. Große Sünden müssen es sein!“

Erneut mischte sich Isanpert ein. „Mönche tragen doch keine Schwerter …“

„Schweig, wenn du nicht gefragt wirst“, fuhr Gudo auf. Einen Augenblick war es still. „Der Bub hat aber nicht unrecht. Wenn dieser Filipert so viele Übelmänner um sich geschart hat, wie du sagst, sollte der Dux ihn mit Waffengewalt vertreiben.“

„Du kennst Otilo. In der Tat erwägt er einen Streich gegen diese Schar. Nur bedenke, wenn er jetzt die Männer von den Feldern ruft, werden wir die halbe Ernte verlieren und doch nichts erreichen. Wenn die Räuber zuschlagen, ist der Dux weit weg. Läuft er ihnen nach, verstecken sie sich hinter irgendwelchen Büschen.“ Hucwalt schüttelte den Kopf. „Wir alle müssen wachsam und wehrhaft sein. Zieh nie allein durch den Wald. Quert ein Räuber deinen Weg, erschlag ihn oder häng ihn an den nächsten Baum.“

Der Priester Fritilo blickte sich um in dem armseligen Raum. Die einzigen Waffen, die er sehen konnte, waren die seiner Brüder. Sie hatten ihre Klingen neben der Tür abgelegt. Er fragte Gudo: „Wo hast du eigentlich dein Schwert?“

„Hinten.“ Gudo deutete in Richtung Weidengeflecht, wo er zwischen Nahrungsmitteln und Werkzeugen seinen Sax wähnte.

„Es ist nicht richtig, dass ihr hier mit so wenigen Männern siedelt“, sagte Fritilo. „Es ist falsch und es ist gefährlich.“

„Noch vor zwei Jahren waren wir doppelt so viele.“ Gudo hob die Achseln. „Einige sind gestorben, andere weggegangen.“

Der Duft gebratener Hühner verdrängte den muffigen Geruch feuchter Gewänder und den Gestank des Pferdebluts. Engilpert sog ihn hungrig ein. Hühner schlachteten sie auf Gramlinga nur an Festtagen, wegen der Eier.

Ula stellte die Schüssel mit dem in heißem Fett ausgebackenen Brei auf den Tisch und bat Alto, ein Tischgebet zu sprechen. Alto trat diese Ehre dem jungen Fritilo ab.

Also sprach Fritilo lateinische Worte. Alle lauschten. Isanpert bewegte bisweilen die Lippen, um ein Wort leise nachzusprechen. Alto fragte ihn anschließend: „Hast du denn etwas von dem Gebet verstanden?“

„Nur dies und das“, sagte Isanpert. „Meine Mutter hat mir alle drei lateinischen Wörter beigebracht, die sie kennt.“ Er zählte sie auf: pater, pax und dominus.

„Ich finde das äußerst lobenswert, und die richtigen Wörter waren es auch, denn das Gebet enthielt alle drei“, sagte Alto.

Der Irländer aß wenig, bedankte sich aber ausgiebig. Hucwalt verschlang eine riesige Menge. Ihn scherte es nicht, dass die Hühner eilig gerupft waren. Martilo zog einmal einen Federkiel zwischen seinen Zähnen hervor und warf ihn wortlos auf den Boden. Nur Fritilo schüttelte den Kopf. „Drei magere Hühner“, zischte er.

Gudo bat um Entschuldigung und nannte das Essen unwürdig. Es fehle nicht an der Gastfreundschaft, erklärte er, sondern an den Mitteln, so hohen Besuch zufrieden zu stellen.

Allerdings hätte Gudo die letzte Keule wohl den Gästen reichen sollen, und Engilpert wäre es nicht zugekommen, sie ungefragt zu nehmen. Er hatte den Tag hart gearbeitet und sich seit dem Christfest nicht mehr richtig satt gegessen.

Jedenfalls stand Fritilo auf und schlug Engilpert mit der flachen Hand ins Gesicht, so dass dem die Backe schwoll. „Gieriger Flegel!“, stieß er hervor. Sein bronzenes Kreuz wackelte auf der Brust.

Hucwalt sah belustigt zu. Alto hob sanft die Hand: „Ich bitte dich, Bruder, mäßige deinen Zorn. Im Glauben wird jeder satt, wie uns die Geschichte der Hochzeit zu Kana lehrt. Erst recht hier, wo man uns alles auftischt, was man entbehren kann – und, wie mir scheint, noch etwas mehr.“

Fritilo starrte Gudo wütend an, obwohl der vom Fleisch kaum einen Bissen genommen hatte. „Was man hier Bier nennt, ist doch nur stinkendes Pfützenwasser. Und von einem Hühnerbein wird keiner satt, der im Namen des Erzbischofs den ganzen Tag auf den Beinen war. Jeder kann es in diesem Haus sehen: Es ist nicht gut für Knechte, ihrem Herrn so fern zu sein. Hier fehlt es an einer harten Hand!“

Das Mahl endete in Schweigen. Klackernd stellte Ula Schüssel und Löffel beiseite. Ein Tropfen Regen fand seinen Weg durch das Rieddach und klatschte auf den Tisch. Alto sprach ein Dankesgebet. Sein irischer Tonfall ließ die lateinischen Worte wie Musik klingen.

Gudo bat den Prediger, am nächsten Tag ein Kreuz zu segnen, das man über der Tür aufhängen wolle. „Isanpert hat es geschnitzt. Vielleicht kannst du damit das Haus umschreiten und ein Gebet zum Schutz gegen Diebe und Räuber sprechen. Wir müssten dann nicht den Priester von Sankt Martin bemühen.“

Alto sagte, Gott werde das Haus ohnedies beschützen, aber er werde gern einen Segen sprechen. Er ließ sich das Kreuz zeigen und lobte Isanperts Arbeit. „Wo hast du diese Muster gesehen?“

Isanpert antwortete, er habe sie von der silbernen Spange seiner Mutter übernommen.

„Aber natürlich!“, sagte Alto und verglich das Holz mit dem Silber. „Solche Ornamente sind in meiner Heimat sehr beliebt. Ich glaube, dass sie dort ersonnen wurden.“

Der stille Martilo bat, das Schnitzwerk ebenfalls in Augenschein nehmen zu dürfen. Alto reichte es ihm. Isanpert fragte leise: „Warum hat sich Fritilo über das Essen beschwert, obwohl sogar etwas Gerstenbrei übrig geblieben ist?“

„Nicht jeder ist genügsam“, sagte Alto.

„Aber Vater hat ihm doch nichts weggegessen.“

„Männer können gierig sein, unersättlich und streitsüchtig. Dann suchen sie nach Vorwänden.“

„Ist er wirklich ein Priester?“

„Bonifatius selbst hat ihn zum Diakon geweiht.“

„Von Bonifatius habt ihr viel geredet. Wer ist das denn?“

„Bonifatius ist ein großer Kirchenmann. In jeder Bedeutung des Wortes. Er ist noch größer als ich. Und er ist Erzbischof von Magontium. Es heißt, dass sogar der fränkische Heerführer Pippin und euer Otilo bisweilen auf ihn hören. Aber ich sehe, ich überfordere dich mit all den Namen.“

„Müssen Priester nicht genügsam sein?“

„Sie müssen. Fritilo scheint es vergessen zu haben. Bonifatius wäre nicht zufrieden mit ihm. Er sagt oft, es liegt an den Priestern, wenn die Männer schwach im Glauben sind.“ Alto blinzelte mit schwarz gefärbten Augenlidern. „Priester sollen die zehn Gebote besonders streng befolgen, dem Volk zum Vorbild. Du sollst nicht begehren …“

Während Alto leise zu Isanpert sprach, stand Hucwalt auf, neigte den Kopf vor Gudo und Ula und dankte für das Mahl. „Nach der Reise sind wir müde. Ich weiß, auch unsere Gastgeber haben seit dem Morgen schwer gearbeitet, zu unser aller Vorteil und zum Lob des Herrn Jesus Christus. Ich bitte darum, dass wir uns nun in einem Eck zum Schlafen niederlegen dürfen.“

„Das wollen wir alle tun“, sagte Gudo.

Die Gäste mussten nicht in einem Eck liegen, sie bekamen die besten Betten und die wärmsten Decken. Man rückte zusammen. Heila teilte sich ein Bett mit ihrer Großmutter. Isanpert und Deso machten ihres frei und ließen sich fern der Glut hinter dem Weidengeflecht zwischen den Vorräten nieder. Der Boden war dort mit Bohlen bedeckt. Das hielt die Feuchtigkeit besser ab als gepresster Lehm.

Von der Hintertür ging ein Luftzug aus. Zum Schutz rückte Isanpert eine der Kleiderkisten heran. Deso legte einen Mantel über ihre Decke, und sie wärmten sich gegenseitig.

Noch lange blickte Isanpert in den Rauch, der unter dem Dach herumzog, bevor er durch die Giebelöffnung verschwand. Unruhig drehte er sich von einer Seite auf die andere, hörte seinen Bruder über die Störung murren, fiel in kurzen Schlaf und schreckte wieder hoch, doch es war nur ein weiterer Tropfen gefallen.

Auch ein anderer blieb schlaflos, wie Isanpert durch eine Lücke des Geflechts sah. Mit seinen Armen um die Knie, den Rücken gegen die Wand gepresst, saß hinter einem Stützpfeiler Fritilo. Die flackernde Restglut warf ein schwaches Licht auf seine Züge. Er starrte ins Dunkle, statt sich dem Schlaf zu ergeben.

Vorsichtig öffnete Isanpert die Hintertür. Er musste sich tief bücken, um hindurchzuschlüpfen. Draußen hatte der Sturm die Sommerwärme vertrieben. Er ließ Wasser, bewegte die nackten Füße im kalten weichen Boden. Der Regen hatte vorerst aufgehört.

Dann hörte er etwas und fuhr herum. Sein Bruder stand hinter ihm. „Deso! Warum schläfst du nicht?“

„Siehst du den Räuber irgendwo?“

„Sei leise! Fritilo ist wach, er kann uns hören. Nein, ich glaube, hier heraußen ist kein Räuber.“

„Vielleicht ist dieser Fritilo selbst ein Räuber.“

„Er ist ein Diakon. Das hat mir Alto gesagt. Aber seltsam ist es doch, wie gierig er Mutters Spange ansieht. Selbst jetzt noch in der Nacht starrt er zu ihr hin. Du sollst nicht stehlen, heißt es in den Geboten.“

Deso flüsterte: „Das sind finstere Leute. Alto ist der Einzige, den ich mag.“

„Ich weiß nicht. Alto lacht nie. Ich bin mir nie sicher, ob er ernst meint, was er sagt“, gab Isanpert zurück. „Mit Hucwalt ist es einfacher. Der lacht immer und ist freundlich. Und stark. Aber seine Brüder gefallen mir auch nicht.“

„Schade, dass mein Name nichts bedeutet.“ Deso schlug die Arme um sich. „Wo liegt eigentlich Irland?“

„Weit weg.“ Isanpert dachte nach. „Ich glaube, es liegt hinter den Ländern der Franken.“

„Alto sagt, dass Gott unser Haus schützt. Meinst du, er schickt einen Engel mit brennendem Schwert, wenn uns jemand etwas rauben will?“

„Vielleicht“, sagte Isanpert langsam. „Schlaf du jetzt ruhig. Ich werde wach bleiben. Versprochen.“

Isanpert hielt sein Versprechen lange Zeit. In den Morgenstunden schlief er ein. Als er erwachte, sah er seine Mutter lächelnd Gemüse schneiden. Neben ihr stand Fritilo, der leise auf sie einredete, aber verstummte, sowie Gudo durch die Tür trat.

Alto saß neben der Feuerstelle und sprach mit der kleinen Heila. Nebenbei stieß er einen Finger in die Asche und fuhr sich damit über die Augenlider. Mit frisch geschwärztem Auge zwinkerte er Isanpert zu.

Gähnend sagte Isanpert: „Diesen Bonifatius, von dem du erzählt hast, den würde ich gern mal sehen.“

„Hast du von ihm geträumt? Wer weiß“, sagte Alto, „vielleicht wirst du ihn sehen. Ich habe vor zehn Tagen zuletzt mit ihm gesprochen. Er wird noch dieses Jahr nach Frigisinga reisen, um einen neuen Bischof zu weihen, denn Erempert ist gestorben, wie du vielleicht gehört hast. Behalte also die Straße im Auge. Wenn du eines Tages einen Mann siehst, der dir alt, aber doch groß und kräftig erscheint, der keinerlei Waffen, sondern vielmehr nur ein Kreuz aus geschliffenem Glas um den Hals trägt, dann ist er es.“

Alto lächelte, während er so sprach. Isanpert antwortete mit ernster Entschlossenheit: „Ich werde ihn nicht verpassen. Die Straße habe ich eigentlich immer im Blick.“

„Bestelle ihm meine besten Grüße.“

Nachdem Alto dem Haus seinen Segen gegeben hatte und die Gäste gegangen waren, liefen Gudo und Engilpert die Straße hinunter, wo noch das tote Ross lag. Gudo wollte eine Grube für den Kadaver ausheben. Er wusste aus der Kirche, dass der Papst den Verzehr von Rossfleisch verboten hatte.

Engilpert war von den Hühnern nicht lange satt geblieben. „Freilich ist es um ein Ross schade, und man soll es nicht schlachten. Aber dieses ist schon tot. Es wird nicht wieder lebendig werden.“

Am Ende gewann der Hunger die Oberhand. Sie zerlegten das Tier.

Isanpert brach auf, das Schwein zu suchen, das im heraufziehenden Unwetter verloren gegangen war. Ula kam mit ihm. Den Schweinen galt nach den Kindern ihre größte Sorge. Oft brachte sie den Tieren Küchenabfälle oder besserte mit geschickten Fingern ihr Gehege aus.

Eine Spur fanden sie nach den Regengüssen nicht mehr. Also schlugen sie die Richtung ein, die es genommen hatte, falls Isanperts Erinnerung nicht trog. Sie gingen einige hundert Schritte. Ein Rinnsal, mehr Regenwasser als Bach, floss in Richtung Ambra hinab. „Der Boden wird immer feuchter und tiefer. Vielleicht ist es den Hügel hinaufgerannt“, sagte Isanpert.

„Das glaube ich nicht“, antwortete Ula. „Schweine sind ebenso faul wie Menschen. Sie rennen nicht einen Hügel hinauf, wenn es einen anderen Weg gibt.“ Sie behielt recht. Sie fanden erst Spuren im Matsch, dann das Schwein in einer Kuhle mit braunem Schlamm. Es hatte sich einen Panzer aus Schmutz zugelegt.

„Es sieht jetzt so hübsch und sauber aus wie du“, sagte Ula. „Als du neu geboren warst, bist du mir einmal beim Waschen entglitten und im Bottich untergetaucht. An dem Tag musst du beschlossen haben, du hättest genug Wasser fürs ganze Leben abbekommen.“

Isanpert stöhnte. „Wie oft willst du mir die Geschichte noch erzählen? Ich zähle jetzt nach Jahren zu den Männern und bin kein bisschen schmutzig. Ich kämme mich jeden Tag und zerdrücke alle Läuse. Dreck geht am besten weg, wenn man ihn erst trocknen lässt und dann abreibt.“

„Alto dachte bestimmt, du hättest seit der Taufe damals nicht mehr gebadet. Vielleicht haben wir dir den falschen Namen gegeben. Du wirst nie wie Eisen glänzen, wenn du dich nicht wäschst.“

„Aber da hast du es doch“, rief Isanpert. „Niemand käme auf die Idee, ein eisernes Schwert ins Wasser zu tauchen. Es würde rosten. Stattdessen reiben die Kämpfer es mit Öl ein.“

Ula seufzte. „Dir fällt immer etwas ein, um dich zu rechtfertigen.“ Sie versetzte dem Schwein, das zu ihrer Seite hin auszureißen versuchte, einen Hieb mit ihrem Stock.

„Was hat dir Fritilo heute Morgen gesagt?“, fragte Isanpert.

„Ach, Freundlichkeiten.“

„Gestern war er unfreundlich. Er hat sich übers Essen beschwert.“

„So seid ihr Männer. Schwierig ist es mit euch“, sagte sie. Und sie öffnete die Arme für Deso, der ihnen mit wehenden braunen Locken entgegenrannte.

Deso drückte sich kurz an die Mutter, dann bat er Isanpert um Hilfe. Er hatte eine Haselpfeife zu schnitzen versucht, sie gab aber keinen Ton von sich.

Eisenglanz

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