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Das römische Modell

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Das vierte und letzte Modell entfaltet sich am Beispiel der Gemeinde in Rom. Ich nenne es die „umgekehrte Verpflanzung“. Hatte sich beim Jerusalemer Modell eine Gemeinde auf mehrere Städte ausgebreitet, so fanden sich im römischen Modell Christen ganz unterschiedlicher Herkunft in einer Stadt zur Gründung einer neuen Gemeinde ein. So geschehen in Rom.

Die Indizien, die dafürsprechen, dass es in Rom so gewesen ist, liegen auf der Hand. Einige Neutestamentler sind der Meinung, Römer 16 sei gar nicht an die Gemeinde in Rom adressiert, sondern an die in Ephesus, weil Paulus noch gar nicht in Rom gewesen war, als er den Römerbrief verfasste. Allerdings kannte er alle, die er im 16. Kapitel erwähnt, persönlich, und einige von ihnen waren davor mit ihm in Ephesus gewesen.

Andere haben behauptet, jene, die Paulus in Römer 16 grüßen lässt, seien zufällig nach Rom gezogen und in derselben Gemeinde aufgetaucht. Beide Hypothesen sind eher unwahrscheinlich.

Die Gemeinde in Rom bestand ursprünglich wohl hauptsächlich aus Juden. Lukas berichtet von Besuchern, die zu Pfingsten aus Rom nach Jerusalem gekommen waren, wo sie das Evangelium aus Petrus’ Mund hörten (Apg 2,10). Etliche von ihnen kehrten offensichtlich nach Rom zurück und begannen sich dort zu versammeln. Möglicherweise gehörten auch Priscilla und Aquila dazu. Im Jahr 49 n. Chr. ließ der Kaiser Claudius die Juden jedoch per Edikt aus Rom vertreiben (Apg 18,2).

Als Paulus 54 n. Chr. seinen Brief an die Römer schreibt, sind viele Judenchristen bereits zurückgekehrt. Der Gemeinde gehörten auch etliche Heidenchristen an. In Römer 16 grüßt Paulus 26 Personen und fünf Haushalte. Er kannte diese Menschen alle persönlich. Fast alle waren aus Gemeinden, die Paulus über die Jahre gegründet hatte.

Zu den uns vorliegenden Berichten passt es am ehesten, dass Paulus Priscilla und Aquila zurück nach Rom sandte, nachdem das Edikt des Claudius im Jahr 54 n. Chr. wieder aufgehoben worden war. Einen Beleg dafür könnte man darin sehen, dass Priscilla und Aquila Paulus bei der Gemeindegründung in Ephesus halfen. Vier Jahre bevor Paulus seinen berühmten Römerbrief verfasste, brachte er dieses bemerkenswerte Ehepaar nach Ephesus. Sie sollten dort seine Gemeindegründung, die er später in Angriff nahm, vorbereiten (Apg 18,18-19). Die Neutestamentler William Sanday und Arthur Headlam stellen fest:

Dass wir Prisca und Aquila in Rom finden, überrascht kaum angesichts des strategischen Weitblicks, den Paulus bei solchen Gelegenheiten erkennen lässt. Nachdem er in Ephesus Fuß gefasst hatte und sich nunmehr mit dem Gedanken trug, Rom zu besuchen, wurde ihm klar, welchen wertvollen Dienst sie dort leisten konnten und wie geeignet sie wären, seinen eigenen Besuch in Rom vorzubereiten, nachdem sie in seiner unmittelbaren Umgebung fast überflüssig geworden waren. So erscheint es geradezu selbstverständlich, dass er sie nach Rom entsandte, wo sie bereits bekannt waren.24

Nachdem er Priscilla und Aquila nach Rom vorausgeschickt hatte, bat Paulus verschiedene andere Juden und Nichtjuden aus den verschiedenen Gemeinden, die er gegründet hatte, mit ihm nach Rom zu gehen.25 Was war sein Anliegen? Er wollte eine multikulturelle Gemeinde in der Weltstadt Rom gründen.26

Paulus wollte das Evangelium in Rom verkünden und diese gerade verpflanzte Gemeinde als Plattform benutzen, um die Stadt zu erreichen. (Paulus kam zwar schließlich nach Rom, jedoch nicht wie geplant: Er erreichte die Stadt als Gefangener.) Die Christen in Rom stellten sich als großartige Gemeinde heraus – worum man sie im ganzen Imperium beneidete.27

Diese Rekonstruktion der Ereignisse passt wesentlich besser zu den uns vorliegenden Daten als die Vermutung, das letzte Kapitel des Römerbriefes sei eigentlich Teil des Epheserbriefes und nur versehentlich dem Römerbrief angehängt worden.28 Sie macht auch mehr Sinn als die Vermutung, die 26 erwähnten Personen seien innerhalb eines Zeitraumes von nur drei Jahren mehr oder weniger zufällig nach Rom übergesiedelt.29

In Römer 15,20 stellt Paulus klar, dass er es nicht als seine Aufgabe sah, eine Gemeinde auf dem von einem anderen Apostel gelegten Fundament zu bauen.30 Den Römern schreibt er, als wäre er ihr Apostel. In Römer 1,15 verspricht er, das Evangelium zu verkünden, sobald er in Rom angekommen sein würde. Verschiedene Experten auf dem Gebiet antiker Briefschreibung sind zu dem Schluss gekommen, Paulus habe die Gemeinde in Rom gegrüßt, um kundzutun, in welcher Beziehung er zu ihnen stehe, und um damit seine apostolische Autorität zu begründen.31

Zusammengenommen machen alle diese Indizien glaubhaft, dass Paulus aufgrund „umgekehrter Verpflanzung“ der Apostel der Römer war. Das erklärt auch, wie Paulus all die Menschen kennen konnte, die er in Kapitel 16 grüßt. Damit entfällt die Notwendigkeit, Kapitel 16 vom übrigen Brief abzuhängen. Darüber hinaus stellt es uns eine weitere Vorgehensweise vor, Gemeinde Jesu Christi zu gründen.

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