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Eine Strategie für spontane Ausbreitung

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Noch ein weiterer Aspekt paulinischer Gemeindegründungsstrategie scheint mir erwähnenswert.34 Paulus gründete Gemeinden hauptsächlich in Städten. Die ländlichen Gegenden ließ er meist links liegen und ignorierte die kleineren Ortschaften.35 Dagegen steuerte er die Hauptstädte an. Er wollte heimische Gemeinden in einflussreichen und bevölkerungsstarken Städten gründen.

Der Ausdruck Heiden (engl. heathen = Nichtchristen) leitet sich etymologisch von Landleute, Dorfbewohner, Bauern her (engl. heath = Heide, Acker, Feld).

Nur selten erwies sich das Christentum außerhalb antiker Städte als erfolgreich. Weil unser Glaube wesenhaft relational (beziehungsbegründet) ist, konnte die Gemeinde außerhalb des städtischen Milieus nur schwer Fuß fassen. In den Städten sahen sich die Christen täglich und konnten füreinander sorgen. Auf dem Land dagegen lebten die Gläubigen eher voneinander isoliert. Nur schwer konnten sie dort das „Miteinander“, das das Neue Testament betont, umsetzen. In der Folge entwickelte sich das Christentum zunächst zu einem hauptsächlich städtischen Phänomen.

Die Strategie des Paulus, Gemeinden eher in großen Städten zu pflanzen, geht allerdings über die Vorteile für das gemeinsame Leben hinaus: Das Evangelium sollte sich auch ganz spontan verbreiten können (1 Thess 1,8). Wenn eine organische Gemeinde gut funktioniert, wird sie die Verlorenen schon allein durch ihre Attraktivität anziehen. In der Großstadt, in der die Menschen oft nahe beieinander leben, ist so etwas gut möglich. Auf dem Land dagegen ist das viel schwieriger. Roland Allen schreibt:

Genau das meine ich mit „spontaner Ausbreitung“. Ich meine damit jenes Wachstum, das auf die nicht-verordnete und nicht-organisierte Aktivität einzelner Gemeindeglieder zurückzuführen ist, die anderen das Evangelium erklären, das sie selber für sich entdeckt haben. Ich meine damit die Ausbreitung als Folge einer unwiderstehlichen Anziehungskraft der christlichen Gemeinde auf Menschen, die deren geordnetes Leben sehen und von dem Wunsch ergriffen werden, das Geheimnis eines Lebens zu entdecken, an dem sie ganz instinktiv teilhaben möchten. Ich meine damit auch die Ausbreitung der Gemeinde durch das Hinzufügen weiterer Gemeinden.36

Antiochia in Pisidien, Philippi, Thessalonich, Korinth, Ephesus und Rom waren keine verschlafenen Nester. Es waren strategische Städte, wo eine spontane Ausbreitung leicht möglich war. F. F. Bruce kommentiert:

Paulus reiste entlang der römischen Straßen und Hauptverbindungswege. Er predigte das Evangelium und gründete Gemeinden in strategischen Zentren. Von diesen Zentren aus verbreitete sich die rettende Botschaft.37

Es fällt auf, dass Paulus eine ganze Provinz bereits als evangelisiert betrachtete, nachdem er in den zentralen Städten einige wenige Gemeinden gegründet hatte. Als er seinen Römerbrief verfasste, hatten er und seine Mitarbeiter erst weniger als zwanzig Gemeinden in Galatien, Griechenland, Kleinasien und Rom gegründet. Gleichwohl sprach Paulus von der „umfassenden Verkündigung“ des Evangeliums zwischen Jerusalem und Rom.

Nach nur zehn Jahren – und weniger als zwanzig Heidengemeinden auf dem Erdkreis – war Paulus der Ansicht, es gäbe für ihn zwischen Jerusalem und Rom kein Betätigungsfeld mehr zum Predigen (Röm 15,19-24). Mit den Worten Donald Guthries:

Zu seinen unmittelbaren Plänen meinte er [Paulus] überraschend, es fehle ihm in den erwähnten Regionen an Spielraum. Das heißt nicht, dass diese Gegenden völlig evangelisiert gewesen wären, war es doch Paulus’ Strategie, Gemeinden an wichtigen Zentren zu gründen und zu erwarten, dass diese das Evangelium in die Außenbezirke trügen. Nur dadurch war er in der Lage, in so vielen Regionen zu arbeiten.38

Strategien zur Gemeindegründung und die Leitung des Heiligen Geistes schließen einander nicht aus. Da apostolische Arbeiter von Gott ausgesandt werden,39 ist es Gottes Werk und nicht Menschenwerk, und daher ist es auch der Herr, der sein Werk dirigiert und es voranbringt. Er verfügt, wo das Evangelium verkündet werden soll und wohin seine Diener reisen sollen. Er bestimmt auch den Zeitpunkt (Apg 10,9-11, 19-20; 13,2-4; 16,6-8; 18,8-11; 23,11; Gal 2,2).

Apostel arbeiten auf Einladung örtlicher Gemeinden oder auch aufgrund einer Offenbarung, die sie an einen ganz bestimmten Ort führt. Den christlichen Mitarbeitern des ersten Jahrhunderts war die innere Leitung des Herrn nicht fremd (1 Kor 2,7-16). Letztlich ist es Jesus Christus, der die Gemeinde durch seinen Geist baut. Die Menschen sind nur seine Werkzeuge.

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