Читать книгу Ur-Praxis - Frank Viola - Страница 14
Zusammenfassung
ОглавлениеDas Neue Testament zeigt uns vier Wege auf, wie im ersten Jahrhundert Gemeinden gegründet und damit sichtbare Gemeinschaften des Reiches Gottes geschaffen wurden:
• Das Jerusalemer Modell: Eine Gruppe apostolischer Mitarbeiter verbringt einige Jahre mit der Gründung einer großen Gemeinde. Nach ein paar Jahren wird die Gemeinde auf mehrere Städte verstreut (verpflanzt), woraus viele neue Gemeinden entstehen. Die apostolischen Arbeiter besuchen die neuen Gemeinden und sorgen für solide Fundamente.
• Das Antiochia-Modell: Die apostolischen Arbeiter werden von einer örtlichen Gemeinde ausgesandt, um in anderen Städten Gemeinden zu gründen. Die Apostel verlassen diese Gemeinden noch im Anfangsstadium, lassen ihnen aber von Zeit zu Zeit Hilfe zukommen und ermutigen sie während ihres Reifungsprozesses.
• Das Ephesus-Modell: Ein älterer Arbeiter lässt sich in einer bestimmten Stadt nieder, um dort eine neue Gemeinde zu gründen und jüngere Arbeiter zu schulen. Diese sendet er anschließend aus, damit sie in den nahegelegenen Regionen neue Gemeinden gründen.
• Das römische Modell: Christen aus verschiedenen Gemeinden verpflanzen sich selbst in eine bestimmte Stadt, um dort eine neue Gemeinde zu gründen.
Weil diese vier Modelle von Gott gegeben wurden, glaube ich nicht, dass man sie noch verbessern könnte. Ironischerweise findet man heute allerdings nur selten ihre Umsetzung. Dazu sagt Watchman Nee:
Die Verhältnisse haben sich seit den Tagen der ersten Apostel sehr verändert … Das Christentum hat seine ursprüngliche Reinheit verloren, und alles, was damit zusammenhängt, ist in einen falschen und verwirrten Zustand geraten. Ungeachtet dieser Tatsache ist aber unser Auftrag heute immer noch derselbe wie in den Tagen der ersten Apostel. Wir sollten Ortsgemeinden ins Leben rufen, die der Ausdruck des Leibes Christi an diesem Ort sind.40
Bei Roland Allen klingt es ganz ähnlich, wenn er schreibt:
Wenn heute jemand zu sagen wagt, die paulinischen Methoden, die solch wunderbare Ergebnisse hervorbrachten, seien unserer sorgfältigen Beachtung und vielleicht auch Nachahmung wert, begibt er sich sofort in Gefahr, revolutionärer Neigungen verdächtigt zu werden … Ich kann nur sagen: „Dies ist der Weg Christi und seiner Apostel.“ Wer dagegen einwendet, das sei nicht mehr zeitgemäß, die Zeiten hätten sich doch geändert, dem erwidere ich abermals: „Dies ist der Weg Christi und seiner Apostel.“ Dann soll er sich damit auseinandersetzen.41
Ich wünschte, jeder, der sich berufen fühlt, eine Gemeinde zu gründen, würde die Prinzipien des Neuen Testaments noch einmal zu Rate ziehen und sie unter der Führung des Herrn beherzigen.
1 Watchman Nee, Das normale Gemeindeleben. Hannover-Kirchrode: Die Rufer, 1966, 120.
2 Watchman Nee, Church Affairs. Richmond, VA: Christian Fellowship Publishers, 1982, 7.
3 Beachten Sie, dass die Bilder des Pflanzens, der Umbettung und des Verpflanzens der organischen Landwirtschaft entnommen sind, denn die Gemeinde ist organisches, biotisches Leben (1 Kor 3,6-8; 12,1ff.).
4 Ich beziehe mich in diesem Buch bei den Datierungen durchgängig auf mein Buch Ur-Christen: Eine außergewöhnliche Chronologie der Ereignisse des Neuen Testaments. Bruchsal: GloryWorld-Medien, 2011.
5 Man darf nicht vergessen: Die zwölf Apostel blieben viele Jahre in Jerusalem; die Gemeinde war dort sehr groß und zählte nach Tausenden. Eine solche Gemeinde brauchte daher mehr als zehn Apostel um das Fundament zu legen. All diese Faktoren machen Jerusalem – als erste Gemeinde auf der Erde – einzigartig.
6 Man hat diese Methode auch „katalytische Gemeindepflanzung“ genannt; andere sprechen von der „antiochenischen Linie“ der Gemeindegründungen.
7 Der Ausdruck „Missionsreise“ ist auf deutsche Kommentare im 19. Jh. zurückzuführen. Vermutlich verdankt er sich der Tatsache, dass das 18. und 19. Jh. vom Ausbruch der Weltmission geprägt war mit der mit ihr einhergehenden wirtschaftlichen Ausbeutung Indiens, Afrikas, des Orients und anderer Regionen durch die Europäer. (Die Kommentare Adolf Schlatters bestätigen dies.) M.W. begegnet der Ausdruck „missionary journey“ (im Englischen) erstmals in David Thomas‘ A Homiletic Commentary on the Acts of the Apostles (erschienen 1870). Der Begriff Mission wird erst ab dem 16. Jh. für einschlägige menschliche Unternehmungen verwendet. Davor bezog sich Mission auf die Sendung Jesu durch den Vater und die Sendung des Heiligen Geistes durch den Vater und den Sohn (Joh 17,18). Es waren die Jesuiten, die den Begriff der Mission auf die Ausbreitung des christlichen Glaubens übertrugen. Nach und nach verstand man unter Mission die Aussendung von Menschen in fremde Länder zur Verbreitung des christlichen Glaubens, zur Bekehrung der Heiden, zur Gründung von Kirchen und zur allgemeinen Erneuerung der Gesellschaft (R. Paul Stevens, The Abolition of the Laity. Carlisle, PA: Paternoster, 1999, 192).
8 Apg 2,22-36; 8,5.12.35; 9,17-20; 10,38-43; 11,19-20; 17,2-3; Röm 16,25; Gal 3,1; 1Kor 2,2; 2 Kor 4,5.
9 Die Paulusbriefe folgen meist einem einfachen Muster: Zuerst spricht er von der geistlichen Wirklichkeit (z. B. Eph 1–3; Kol 1–2; Röm 1–11), dann geht er auf die praktischen Angelegenheiten des Gemeindelebens ein (z. B. Eph 4–6; Kol 3–4; Röm 12–16).
10 Vgl. mein Buch Ur-Gemeinde: Wie Jesus sich seine Gemeinde eigentlich vorgestellt hatte. Bruchsal: GloryWorld-Medien, 2010.
11 Roland Allen, Missionary Methods: St. Paul’s or Ours? Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1962, 84-85.
12 F. F. Bruce zufolge spricht dieser Text von den Feuern der Verfolgung und des Gerichts am Jüngsten Tag, die das Lebenswerk jedes einzelnen Menschen prüfen werden. Der gleiche Gedanke begegnet Mt. 7,24-27.
13 T. Austin-Sparks, Explanation of the Nature and History of „This Ministry“. Tulsa, OK: Emmanuel Church, 2004, 18.
14 Entwickelt sich eine Gemeinde hingegen wie Microsoft oder General Motors, hört sie auf, im biblischen Sinn Gemeinde zu sein.
15 Roland Allen, Missionary Methods, 7.
16 Watchman Nee, Church Affairs, 6-7.
17 Der Westliche Text (Apg 19,9) sagt, Paulus habe die Schule von „der fünften bis zur zehnten Stunde“ gebraucht (11:00–16:00 Uhr). F. F. Bruce weist auf die hohe Wahrscheinlichkeit dieser Lesart hin. Vgl. F. F. Bruce, The Book of the Acts (Revised) in: New International Commentary on the New Testament. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1988, 366; und F. F. Bruce, Paul, Apostle of the Heart Set Free. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2000, 290.
18 Mit Epaphras und Epaphroditus ist wohl dieselbe Person gemeint; vgl. John L. McKenzie, S. J., Dictionary of the Bible. New York: Macmillan, 1965, 239; Matthew Henry’s Commentary on the Whole Bible: Introduction to the Epistle to the Colossians. Sowohl Epaphroditus (Phil 2,25; 4,18) als auch Epaphras (Philem 23; Kol 1,7; 4,12) waren Mitarbeiter des Paulus, und beide waren während seiner Gefangenschaft bei ihm. Epaphras gründete Gemeinden, und Paulus nennt Epaphroditus einen Apostel (Phil 2,25). Alles deutet darauf hin, dass es sich bei den beiden um ein und dieselbe Person handelt. Außerdem „kommt dieser Name recht häufig in griechischen und lateinischen Inschriften vor, entweder in seiner vollen Länge, also: Epaphroditus, oder in der Kurzform Epaphras.“ (J. B. Lightfoot, Saint Pauls’s Epistle to the Philippians. Bellingham, WA: Logos, 1913, 123.)
19 Donald Guthrie, The Apostles. Grand Rapids, MI: Zondervan, 1975, 176.
20 F. F. Bruce, Paul, Apostle of the Heart Set Free. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2000, 288.
21 Die folgenden Schriftstellen belegen, dass alle acht Männer mit Paulus in Ephesus waren: Apg 19,22; 20,4; 21,29; 1 Kor 4,17; 16,10.20 (Paulus schrieb den ersten Korintherbrief von Ephesus aus). Man kann daraus schließen, dass auch Titus dort war, denn Lukas erwähnt ihn nirgendwo in der Apostelgeschichte. Wir wissen aber aus den Paulusbriefen, dass er sich in Ephesus aufhielt. Wir erfahren aus 2 Kor 8, dass Titus der korinthische Abgesandte in Jerusalem war, der die Spenden überbrachte. Aus dem Titusbrief geht hervor, dass Paulus Titus ausbildete.
22 David Shenk und Ervin Stutzman, Creating Communities of the Kingdom. Scottsdale, PA: Herald, 1988,154.
23 F. F. Bruce, The Book of the Acts (Revised) in: New International Commentary on the New Testament. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1988, 366.
24 William Sanday und Arthur Headlam, A Critical and Exegetical Commentary on the Epistle to the Romans. New York: Charles Scribner’s Sons, 1905, xxvii.
25 Er bat auch einige seiner jüdischen Volksgenossen aus Jerusalem, ihn nach Rom zu begleiten (Röm 16,7).
26 Andere Neutestamentler, darunter Peter Lampe, meinen, Priscilla und Aquila seien nach Rom zurückgekehrt, um dort selber eine Gemeinde zu gründen und den Besuch des Paulus vorzubereiten. „The Roman Christians of Romans 16” in: The Romans Debate, K. P. Donfriend (Hrsg.), 2. Aufl. Peabody, MA: Hendrickson, 1991, 220.
27 Tragischerweise mussten viele (wenn nicht alle) Gläubigen in Rom während der Christenverfolgung unter Nero im Jahr 65 n. Chr. den Märtyrertod erleiden.
28 Douglas Moo hat die Hypothese, nach der Kapitel 16 nicht zum Römerbrief zu rechnen sei, erfolgreich widerlegen können; vgl. Epistle to the Romans: in: New International Commentary of the New Testament. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1996, 5–9.
29 Priscilla und Aquila übersiedelten irgendwann nach dem Frühjahr 54 n. Chr. nach Rom, nachdem das Edikt des Claudius aufgehoben worden war. Der Brief an die Römer datiert auf den Winter des Jahres 57 n. Chr.
30 Douglas Moo behauptet, die Gemeinde in Rom sei weder von einem anderen Apostel gegründet noch besucht worden, bevor Paulus seinen Brief verfasste (Epistle to the Romans, 897). F. F. Bruce vertritt die Ansicht, diese Stelle beziehe sich nicht unmittelbar auf die Gemeinde in Rom; vgl. Romans: Tyndale New Testament Commentaries. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1985, 248. Und Ben Witherington schreibt: „Der Römerbrief liefert keinen Hinweis darauf, dass die christliche Gemeinde in Rom einen apostolischen Ursprung hat, und noch weniger kann sie auf den Apostel Petrus zurückgeführt werden.“ Paul’s Letter to the Romans: A Socio-Rhetorical Commentary. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2004, 354.
31 Vgl. L. Ann Jervis, The Purpose of Romans und Harry Gambles, The Textual History of the Letter to the Romans.
32 Apg 9,32 ff.; 1 Thess 3,2.5; Kol 4,12-13; Tit 3,12; 2 Tim 4,20.
33 Das bedeutet freilich nicht, dass keiner der Mitarbeiter auf der Reise die „Führung“ übernahm. Paulus beispielsweise fungierte als „Teamsprecher“, während er gemeinsam mit Barnabas in Lystra arbeitete (Apg 14,12).
34 Eine Analyse der Predigt-Strategie der Apostel im Blick auf die Heiden würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Es gab jedoch zwei wichtige Verkündigungsorte: den Marktplatz, an dem das Evangelium einer heidnischen Zuhörerschaft verkündigt wurde (Apg 17,17), und die Synagoge, den Ort, an dem das Evangelium einer religiösen Zuhörerschaft gepredigt wurde (Apg 17,1-3). Paulus war primär zur Evangeliumsverkündigung unter Heiden berufen (Gal 2,7-9). Dennoch predigte er zunächst den Juden (Röm 1,16). So auch Petrus: Sein Ruf galt den Juden (Gal 2,7-9); dennoch predigte er auch den Heiden (Apg 10,1ff.). Es gab daher beträchtliche Überschneidungen in Bezug auf die Berufung der beiden. Beide arbeiteten in Judäa, in Antiochia, in Korinth, Rom, Galatien und Kleinasien.
35 Ausnahmen: Derbe (eine Kleinstadt) und die Regionen um Lykaonien (Apg 14,6).
36 Roland Allen, The Spontaneous Expansion of the Church. Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1962, 7.
37 F. F. Bruce, Paul, Apostle of the Heart Set Free, 315.
38 Donald Guthrie, The Apostles, 256.
39 Gott ist es, der die Arbeiter aussendet (Joh 20,21; Apg 13,2; 1 Kor 1,17). Der göttliche Auftrag äußert sich in der Regel durch eine Gemeinde, die Vertreter einer bestimmten Gemeinde oder durch ältere Mitarbeiter.
40 Watchman Nee, Das normale Gemeindeleben, 121.
41 Roland Allen, Missionary Methods: St. Paul’s or Ours?, 2–4.