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Traum von einer besseren Welt

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In den sechziger Jahren änderte sich der Ton. Die Hoffnung löste sich vom Fortschrittsoptimismus und formulierte sich stärker als Protest und als Motiv zu veränderndem Handeln. Das große Vorbild wurde die nordamerikanische Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King. Sein Traum von einer Gesellschaft, in der alle Menschen gleiche Rechte haben werden, inspirierte nicht nur die nordamerikanische Bürgerrechtsbewegung, sondern auch die Aufbruchsbewegungen der sechziger und siebziger Jahre in Europa. Wir sangen: „We shall overcome… we’ll walk hand in hand“, und: „Andere Lieder wollen wir singen, feiern das Fest der Befreiung. Der Herr führt uns in neues Land, die Träume werden wahr.“ Das Wort „Traum“ sprach vom Blick in eine verheißene Zukunft, dieser Blick mobilisierte die Hoffnung, und die Hoffnung bewegte zu veränderndem Handeln.

Wenige Jahre später entstand in Lateinamerika eine ähnliche Bewegung. Die Option für die Armen führte zu einer befreienden Pastoral, und auch hier wurden die biblischen Verheißungen zu Hoffnungsbildern, die dem politischen Handeln eine Richtung zeigten. In einzelnen Schritten der Solidarisierung, im Einstehen füreinander, in der neuen Praxis einer Basisgemeinde erkannte man den Beginn einer neuen Wirklichkeit. So wurde der Glaube konkret. Das faszinierte auch europäische Christen und Christinnen. Während sie den Glauben in ihrer Heimatkirche oft als weltfern und wirkungslos erfuhren, suchten sie von lateinamerikanischen Gemeinden zu lernen, in welchen der Glaube lebendig ist, die Hoffnung konkrete Gesichter hat und christliches Handeln die Gesellschaft verändert.

Diese Gestalt der Hoffnung hat viele von uns bewegt und bis heute geprägt. Für mehrere Generationen von Studentinnen und Studenten wurde sie zum Zentrum ihres Glaubens und Christseins. Aber nicht nur für sie. „Hoffnung“ schien nun das große, motivierende und inspirierende Grundwort schlechthin geworden zu sein. Das Glaubensbekenntnis der Synode der deutschen Bistümer in Würzburg (1972–1975) trägt nicht zufällig den Titel „Unsere Hoffnung“. Der Freiburger Katholikentag 1978 stand unter dem Leitwort: „Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“, und der Evangelische Kirchentag in Nürnberg 1979 hatte das Motto „Zur Hoffnung berufen“. Interessant, dass genau mit diesem Katholikentag und mit diesem Evangelischen Kirchentag die Teilnehmerzahlen sprunghaft anstiegen, nicht zuletzt durch die überraschend große Zahl von Jugendlichen (was bekanntlich dem Freiburger Treffen die Bezeichnung „Turnschuh-Katholikentag“ eintrug).

Was können wir hoffen?

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