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8.

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Als Edwin Carberry an Deck erschien, galt sein erster Blick dem Ufer. Er konnte zwar die Hütten der Fischer und die schmale Boote sehen, aber die Begrenzungen der Bucht waren kaum durch den dünnen Regen zu erkennen. Ein halbes Dutzend Boote, darunter zwei mit dünnen Auslegern, glitten auf die Schebecke zu. Die Fischer pullten ohne Eile und wirkten nicht so, als hätten sie feindliche Absichten.

„Sieh an“, sagte der Profos zu sich selbst, „wir erhalten Besuch.“

Die Mannen der Deckswache waren auf die Eingeborenen längst aufmerksam geworden. Carberry schaute sich an Deck um und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Plymmie sprang auf die Bank, stellte die Ohren auf und starrte wachsam zu den Fischern. Auch die Zwillinge verhielten sich erwartungsvoll.

Die Eingeborenen, die im Bug kauerten oder standen, schwenkten die Paddel und winkten freundlich.

Hasard junior winkte zurück, dann wandte er sich an seinen Bruder und sagte: „Unsere Sprachkenntnisse werden gefordert. Wahrscheinlich haben die Kerle einen ganz anderen Dialekt als die in Surat.“

„Das wenige, das sie uns sagen können, schaffen wir auch mit Händen und Füßen.“

In den Booten lagen Bananenbündel, Kokosnüsse und andere Früchte, die sie schon aus Surat kannten. In einigen Körben aus geflochtenen Blättern zuckten große Fische. Plymmie stieß, als das erste Boot auf den Steuerbordbug zuglitt, ein kurzes Gebell aus, dann drang aus ihrer Kehle ein tiefes Grollen.

Hasard kraulte Plymmie am Nackenfell und sagte: „Still, du Raubtier. Die Fischer sind harmlos.“

„Sie mag keinen Fisch“, sagte Jung Philip.

Carberry trat heran und musterte schweigend die Boote.

„Für ein Bumboot sind die Kähne reichlich klein“, bemerkte er schließlich. Er drehte sich um und winkte Jeff Bowie zu. „Hol Mac an Deck, Jeff. Vielleicht kann er etwas von dem Grünzeug brauchen.“

Die Boote verteilten sich an Backbord und Steuerbord. Die Eingeborenen schnatterten grinsend und hielten ihre Nahrungsmittel in die Höhe.

Hasard junior beugte sich über das Schanzkleid und fragte, mit beiden Händen verschiedene Gesten ausführend: „Ihr anderes Schiff gesehen?“

Seine Gestik war bemerkenswert, aber beim dritten Versuch nickten die Fischer.

„Boot, groß, gestern, dort.“

„Aha. Wo?“

Drei oder vier Eingeborene, die verstanden hatten, was Hasard gefragt hatte – oder wenigstens taten sie so – zeigten nach Osten, zu der gegenüberliegenden Seite des Golfes. Auch sie versteckte sich hinter dem gleichmäßigen, dünnen Regen. Das Meer war still, die Dünung hob und senkte das Schiff. Ein schwacher Wind wehte aus Südwesten.

„Dort. Zweimal Mast“, verstanden die Zwillinge.

Mac Pellew trat ans Steuerbordschanzkleid und stellte sich zwischen Hasard und Philip. Er fragte nicht unfreundlich: „Sehe ich das richtig? Die Eingeborenen wollen uns etwas verkaufen? Was kostet der Kram? Was wollen sie dafür?“

Hasard junior grinste und erwiderte: „Kleine silberne oder goldene Scheiben. Man nennt sie Münzen. Hier heißt das ‚soundso viele Rupien‘, Mac. Tu so, als wären wir am herrlichen Markt in Surat.“

Mac Pellew sagte ihm, was er nach seiner Meinung mit Surat tun könnte, beugte sich aber über das Schanzkleid und zeigte mit dem Finger auf verschiedene Körbe.

„Bloß keinen Fisch, Mac!“ dröhnte Carberrys Stimme.

„Schon gut.“

Die Zwillinge halfen dem Koch, wegen der Bezahlung zu verhandeln. Sie hielten eine Silbermünze hoch. Daraufhin hoben die Eingeborenen Körbe voller Eier in die Höhe, einen Korb Datteln und einige Hühner, die an den Beinen zusammengebunden waren. Schließlich schüttelten sie die Köpfe und riefen unverständliche Worte.

Die erste Ladung Lebensmittel wurde an Bord gehievt, und Mac warf vorsichtig die Münze hinunter. Sie wurde vom Ältesten geschickt aufgefangen. Er biß darauf, polierte sie mit dem Stoff des Hüfttuchs und strahlte.

„Er meint“, erklärte Philip junior grinsend, „daß er sich nicht betrogen fühlt.“

Obwohl es noch einige Zeit dauerte, bis die Ablösung fällig war, tauchte der Erste an Deck auf und knöpfte die Jacke zu.

„Wann ihr Boot gesehen?“ fragte Jung Hasard und überließ das Verhandeln über den Proviant den anderen.

„Gestern“, erfuhr er nach mehreren schwierigen Versuchen. Immerhin gab es ein paar Dutzend Wörter, die sie sich gemerkt hatten, und die Fischer verfügten über spärliche Kenntnisse der Moslemsprache.

„Wirklich? Gestern? Ganz genau gesehen?“ lautete die nächste Frage.

„Weit weg. Zwei Masten. Dorthin.“

„Was habt ihr erfahren?“ wollte Ben Brighton wissen.

Hasard sagte: „Die Eingeborenen haben eine zweimastige Karavelle gesehen. Jedenfalls ein Schiff mit zwei Masten. Es segelte von Norden heran, mußte kreuzen und geriet auch in die Nähe des Ostufers. Nicht sehr nahe, aber die Fischer waren vor dem Regen weit draußen. Dorthin verschwand das Schiff.“

Er zeigte hierhin und dorthin, als er die Auskünfte zusammenfaßte. Der Erste hörte schweigend zu, dachte nach und sagte dann: „Die ‚Zuiderzee‘ und die ‚Ghost‘ sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Kannst du herausfinden, welches der beiden Schiffe unsere braunen Freunde wirklich gesehen haben?“

„Ich kann es versuchen, aber viel verspreche ich mir nicht davon. Du kannst ihnen sicher den Unterschied zwischen einer englischen und holländischen Flagge erklären, vorausgesetzt, Ruthland hat eine Flagge geführt.“

„Was ich zu bezweifeln wage“, erklärte sein Bruder und klopfte Mac Pellew auf die Schulter. „Willst du noch mehr einkaufen? Dann sage ihnen, was du noch haben willst.“

Die Verhandlungen gingen weiter. Frische Brotfladen, Schaffleisch, Weintrauben und getrocknete Trauben, große, bräunliche Pilze und ein Sack Erdnüsse wechselten die Besitzer. Immer wieder hielt einer der Ruderer einen Fisch in die Höhe und schilderte vermutlich den unvergleichlichen Geschmack, aber jedesmal führte Mac nachdrückliche, abwehrende Gesten aus.

Ben Brighton, der jede Geste registrierte und versuchte, zu verstehen, was die Zwillinge und die Fischer radebrechten, erfuhr weitere Einzelheiten.

„Hundertzwanzig Leute wohnen in dem Dörfchen“, erklärte Philip. „Es fahren nicht viele fremde Schiffe in diesen Gewässern, aber ein paar haben die Eingeborenen schon kennengelernt. Sie haben auch den Holländer gesehen. Willem van Stolk segelte weit draußen, später als wir, südwärts.“

„Sie verwechseln die Schiffe nicht?“ fragte Ben.

„Das versuchen wir gerade herauszufinden. Wahrscheinlich ist Ruthland wirklich, etwa gleichzeitig, vorbeigesegelt.“

„Merkwürdig. Wir haben weder ihn noch den Niederländer gesehen“, sagte der Erste.

„Ich erzähle nur, was die Fischer uns gesagt haben. Aber ich frage weiter“, entgegnete Philip.

Mac Pellew suchte sich die besten Leckerbissen aus und opferte insgesamt fünf kleine englische Silbermünzen. Beide Handelspartner schienen hoch zufrieden zu sein. Die Fischer sahen ein, daß sie ihre Fische nicht loswurden, sondern selbst braten mußten. Die Zwillinge gestikulierten und fragten weiter, aber sie erfuhren nichts Wichtiges mehr.

Die Eingeborenen schienen so scharfe Augen wie Dan zu haben. Die Schiffe waren in großer Entfernung gesegelt, und niemand hätte sie gesehen, wenn die Auslegerboote nicht so weit draußen gefischt hätten. Nur zwei der Boote, die gestern weitab der Bucht zum Fischen ausgefahren waren, befanden sich jetzt hier, die anderen Männer waren in ihren Häusern.

„Jedenfalls waren es zwei Karavellen“, sagte Philip schließlich. „Einer davon war Ruthland. Wir suchen also im Süden weiter.“

„Alles, was wir wissen“, schränkte sein Bruder ein, „ist, daß wir nicht wieder zurückzusegeln brauchen. Ich versuche, etwas über das Fahrwasser zu erfahren. Wenn sie das überhaupt wissen.“

Der Lärm scheuchte die Hälfte der Crew an Deck. Die wenigen Neuigkeiten wurden weitergegeben. Falls der Wind nicht bald drehte, würden sie wieder kreuzen müssen.

Blacky und Paddy Rogers schleppten zusammen mit Mac die Körbe und Schalen unter Deck.

Hasard rief ihnen nach: „Die Verpackung ist im Preis inbegriffen. Klar?“

„Verstanden“, antwortete Paddy.

Ben Brighton sagte zu Carberry: „In einer Stunde gehen wir ankerauf und suchen weiter. Befehl vom Kapitän, der nur geweckt werden will, wenn es Schwierigkeiten gibt. Klar, Ed?“

„Aye, Sir. Vorher noch Backen und Banken?“

„Selbstverständlich.“

Die Zwillinge winkten den beiden Booten nach, die gewendet hatten und zum Ufer zurückgepullt wurden. Mehr war nicht zu erfahren. Die Schebecke, das hatten die Eingeborenen deutlich zu erkennen gegeben, war ein seltener Gast in der Bucht. Noch nie hatte ein so großes Schiff hier geankert. Vor den hünenhaften Weißen hatten die Inder nicht die geringste Scheu. Es gab nichts mehr zu verkaufen, also stieß ein Boot nach dem anderen von der Bordwand ab.

Zuletzt das große Auslegerboot, mit dessen Mannschaft die Zwillinge sich am längsten „unterhalten“ hatten.

„Gut Wind wünschen sie“, übersetzte Philip.

„Gut Fischfang“, sagte Carberry.

Er blickte der langgezogenen Reihe der Boote nach und sah, daß der Rauch zwischen den Hütten nicht in die Höhe stieg, sondern schräg abtrieb und wie eine Nebelschicht in Höhe der Baumwipfel über den Uferstreifen verteilt wurde. Jetzt roch es auch an Deck nach frischem Tee.

„Frisches Fladenbrot!“ rief Mac Pellew. „Holt euch das Frühstück, Leute!“

Die Segel waren getrimmt, als die Schebecke ihren Bug nach Südosten gedreht hatte und langsam aus der Bucht glitt.

„Und was jetzt, Ben?“ fragte der Profos. „Wieder einen langen Tag in unbekanntem Gewässer suchen?“

Der Erste nickte nachdenklich und rief ein paar Aufmunterungen in Richtung der Deckswache.

„Hasard gibt nicht eher auf, bis er Ruthland gefunden hat. Das wissen wir alle. Schließlich hat uns kaum einer so übel mitgespielt wie dieser Hundesohn.“

„Meinst du, daß Ruthland vor uns flieht? Oder sucht er genauso wie wir, weil er uns haßt, dieser Affenarsch?“ erkundigte sich der Profos.

„Er haßt uns, insbesondere Hasard“, erwiderte Ben Brighton. „Wenn er einen anderen findet, der ihm hilft, wird er sich mit dem zusammentun. Ihm ist jedes Mittel recht. Genau das wird passieren – denk dran, was ich gesagt habe.“

Die Schebecke hatte rasch Fahrt aufgenommen. Die Segel standen gut. Es regnete noch immer, und es sah nicht so aus, als würde sich das in den nächsten Stunden ändern.

Carberry dachte lange darüber nach und meinte schließlich: „Du hast recht, Ben. Je eher wir den Hundesohn finden und ihm unser Stückmeister seine eisernen Grüße schickt, desto besser. Ich hoffe, daß wir genauer treffen als er.“

„Die Arwenacks schließen sich dieser Hoffnung an“, bestätigte der Erste und holte das Spektiv aus der Rocktasche.

Er zog es auseinander und hob es ans Auge. Irgendwie ahnte er, daß die lange und beschwerliche Suche ohne rechtes Glück noch weiterging.

Der Golf von Cambay war groß. Und voller Gefahren …

ENDE

Seewölfe Paket 34

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