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6.

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Monate später, vor der Nordwestküste Indiens.

„Jetzt geht das Scheißwetter schon wieder los“, fauchte Old Donegal Daniel O’Flynn wütend. Er deutete zu der im Süden heraufziehenden riesigen Wolkenbank, die im Licht der Mittagssonne hell erstrahlte. „Mein Bein zwackt.“

„Welches Bein?“ fragte Will Thorne wie beiläufig. Der Segelmacher hockte auf einer Luke und flickte ein Marssegel.

„Das rechte“, sagte Old Donegal.

Will sah von seiner Arbeit nur flüchtig auf. „Dann ist es ja gut“, bemerkt er. „Dann bleibt das Wetter vermutlich wie es ist.“

Nach Tagen endloser Wolkenbrüche lockte der momentane Sonnenschein selbst die Freiwache an Deck. Die Männer hockten einfach zwischen den Culverinen, einige standen auch am Schanzkleid und beobachteten die vorbeiziehende Küste. Die Vegetation hatte sich seit der Mündung des Tapti nicht verändert. Mangroven und dichter, dampfender Urwald waren vorherrschend.

„Nichts ist gut!“ polterte Old Donegal. „Und schön bleibt es schon gar nicht.“

Will Thorne nähte in aller Seelenruhe weiter.

„Dein Holzbein spürt also, wie das Wetter wird“, sagte er. „Vielleicht treibt es eines Tages sogar grüne Blätter und Wurzeln.“

„Es schlägt aus!“ zischte Old O’Flynn. „Und wenn du dich nicht vorsiehst, tritt es dich mit aller Kraft in den Hintern.“

Die Wolkenbank zog schnell näher. Schon färbte sich ihre Unterseite dunkel. Erste schwere Tropfen fielen.

Old Donegal stimmte das Meckern eines Ziegenbocks an. „Da bist du sprachlos, Will, was?“

„Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn, Donegal. War bestimmt sehr schwer, den Regen vorauszusagen, nachdem wir mindestens zwei Stunden Sonnenschein hatten.“

Old Donegal murmelte etwas, was sich anhörte wie „Banause“, und stieg den Niedergang zum Achterdeck hoch.

Hasard, Don Juan und Old Donegals Sohn, Dan O’Flynn, standen in der Nähe des Besanmastes. Die beiden schiffbrüchigen Spanier waren bei ihnen.

Sie redeten wie gute alte Bekannte miteinander. Indiens Schätze gaben ein schier unerschöpfliches Gesprächsthema ab. Blieb die Frage, wer wen auszuhorchen versuchte. Besonders viel schienen die Dons jedenfalls nicht über die Verhältnisse an Indiens Küste zu wissen.

„Warum gibt Spanien sich nicht mit dem zufrieden, was es aus der Neuen Welt herausquetscht?“ fragte Hasard geradeheraus. „Glaubt Philipp III., nun auch Indien ausplündern zu müssen?“

„Wir sind keine Piraten“, erwiderte der Knochenmann verdrossen.

Hasard nickte zustimmend.

„Das wäre auch hoffnungslos untertrieben“, sagte er.

Für einen Moment rang Pilar Aparicio um sein seelisches Gleichgewicht. Die Bemerkung hatte einen wunden Punkt getroffen.

„Wer in der Pulverkammer steht, sollte nicht mit dem Feuer spielen“, sagte er scharf. „Immerhin sind die Engländer ein Volk von Piraten.“ In seiner Erregung achtete er nicht darauf, was er sagte. Erst nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, erschrak er über sich selbst. Prompt zuckte seine Rechte zum Dolch, aber keiner der Umstehenden traf Anstalten, Carmona und ihn anzugreifen.

„Das sind gewichtige Worte.“ Hasard verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Spanier herausfordernd an. „Ich nehme an, Señor, Sie haben Gründe für Ihre Erbitterung.“

„Heraus mit der Sprache, falls Sie das Gefühl haben, Schnapphähnen in die Hände gefallen zu sein!“ forderte Don Juan. „Wir ziehen niemanden aus dem Wasser, der nicht gerettet werden will.“

„Wollen Sie abstreiten, daß englische Schiffe unsere Schatzgaleonen kapern?“ fragte Julián Carmona.

„Wer so redet, sollte Roß und Reiter nennen“, sagte Dan O’Flynn.

„El Lobo del Mar, zum Beispiel“, entgegnete Carmona.

Dan sah Don Juan an, der bedachte Hasard mit einem erstaunten Augenaufschlag. Aber der Kapitän schürzte nur die Lippen und lächelte.

„Nie gehört“, versicherte er mit treuer Miene. „Wer ist das? Ein Engländer?“ Während er das sagte, beobachtete er Carmona und Aparicio.

Der Knochenmann zuckte unwillig mit den Mundwinkeln, sein Begleiter schien etwas erwidern zu wollen, unterließ dann aber doch jede Äußerung.

„Wir sind Ihnen dankbar, Capitán, daß Sie uns aufgefischt haben“, erklärte Julián Carmona. „Deshalb wollen wir keinen Streit.“

„Das ist eine durchaus kluge Einsicht. Sie würden nämlich den kürzeren ziehen.“ Dan konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.

Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden, daß sich die Spanier auf das achtere Grätingsdeck zurückzogen. Manch mißtrauischer Blick galt ihnen, doch die beiden unterhielten sich nur und starrten im übrigen die meiste Zeit ins Wasser.

Der Regen wurde heftiger, die Küste verschwand hinter wehenden Wasserschleiern. Hasard war gezwungen, dichter unter Land zu gehen, wollte er die Bucht der Spanier nicht verfehlen. Das Ziel lag wohl nur noch wenige Meilen voraus.

Erst ließ er das Besansegel wegnehmen, um nicht in voller Fahrt auf möglicherweise der Küste vorgelagerte Untiefen aufzubrummen, dann schralte der Wind, das heißt, er fiel vorlicher ein und zwang die Schebecke, abzufallen.

Urplötzlich herrschte Flaute. Von einem Augenblick zum anderen hingen die Segel schlaff an den Rahruten. Nur der Regen plätscherte unvermindert heftig aus dem wolkenverhangenen Himmel nieder. Das Meer war von bleierner Schwärze.

„Ich werde verrückt“, sagte der Profos grollend. „Da oben treiben die Wolken mit einem Affenzahn dahin, und hier unten ist nicht der leiseste Hauch zu spüren.“

„Beschwer dich bei dem alten Mann mit dem dichten grauen Bart“, rief Batuti.

„Da brat mir einer ein Kielschwein!“ rief Carberry aus. „Was hat Shane mit dem Scheißwetter zu tun?“

„Wieso Shane?“ fragte der Gambiamann verdutzt.

„Weil du Hirsch das gesagt hast.“

„Ich habe den anderen Mann gemeint. Den da oben.“ Batuti deutete in die Höhe, wo wirbelnde Wolkenfetzen vorübergehend ein Stück blauen Himmels erkennen ließen.

„Bist du besoffen? Kein Mensch ist im Ausguck.“

Batuti stieß ein verzweifeltes Seufzen aus, der Profos stand händeringend da und schüttelte den Kopf, und Roger Brighton, der das Mißverständnis mitangehört hatte, sagte grinsend: „Der Mann heißt Petrus, alles klar?“

Batuti nickte eifrig. „Richtig“, bestätigte er. „Das ist der Wolkenschieber.“

Als hätte es nur dieser Feststellung bedurft, heulte eine erste Bö durch die Takelage und zerrte an den nassen Segeln. Schwer legte sich die Schebecke nach Backbord, schwang zurück und nahm wieder Fahrt auf.

Der Wind sprang hin und her, als könne er sich nicht entschließen, aus einer Richtung zu wehen. Während der nächsten Stunde standen die Segel selten prall, sie killten und schlugen häufig. Das einzige, was sich nicht veränderte, war der Regen. Er fiel nahezu senkrecht.

Die Küste wurde felsiger. An einigen Stellen sprang der Urwald weit zurück. Kleine Einschnitte und Buchten häuften sich, aber letztlich wucherten wieder Mangroven am Wasser.

„Esperanza liegt vor uns“, verkündete Julián Carmona, der endlich das Grätingsdeck verließ und nach vorn ging.

Eine schmale Einfahrt öffnete sich vor der Schebecke. Die vorspringende Landzunge war dicht bewaldet. Palmen ragten auf, aber vor allem Mangroven bildeten mit ihren verfilzten Stelzwurzeln ein unüberschaubares Dickicht.

Die Sicht war schlecht und wurde durch kleine, dicht bewachsene Inseln zusätzlich behindert.

„Einige Fahrrinnen sind versandet“, sagte Carmona. „Halten Sie sich nach Backbord, Capitán Killigrew.“

„Muß ich loten lassen?“

„Hier nicht.“

„Sir!“ Dan O’Flynn hastete von der Kuhl aus den Niedergang zum Achterdeck hinauf. „Kann ich dich kurz sprechen?“

„Ist es wichtig?“

Dan warf dem Spanier einen forschenden Blick zu. „Unter vier Augen“, sagte er. „Ich habe da ein Problem.“

„Entschuldigen Sie mich.“ Der Seewolf wandte sich von der Balustrade ab und ging zu Dan.

Obwohl sich Julián Carmona Mühe gab, unbeteiligt zu erscheinen, lauerte er offensichtlich darauf, wenigstens einige Gesprächsfetzen zu erhaschen.

„Wieviel Englisch versteht der Bursche?“

„Willst du mich nur das fragen?“

Dan schüttelte den Kopf. Er zog den Kapitän mit sich, zur Kuhl hinunter.

„Ich habe nachgedacht“, eröffnete er dann. „Über den Spanier und seine Bemerkung über el Lobo del Mar …“

„Wir sind eben bekannt wie bunte Hunde.“

„Ich glaube nicht an einen Zufall, Sir. Nicht mehr nach der Geschichte, die uns die Dons aufgetischt haben. Ich behaupte sogar, es hat nie eine ‚El Cobayo‘ gegeben, die von Portus versenkt wurde.“

„Bist du sicher?“

„Die Tranfunzel gibt mir zu denken – schon der dumme Zufall, daß sie in einem Faß gelegen haben soll. Aber nicht nur das. Wer die Portugiesen fürchtet, zündet nachts keine Lampe an. Wozu auch? Das wäre nur nötig gewesen, wenn die beiden Kerle es darauf anlegten, aufgefischt zu werden, und zwar von uns. Frag mich nicht, warum oder woher die Dons überhaupt wissen konnten, daß wir ihnen über den Weg laufen.“

Hasard wandte sich flüchtig zum Achterdeck um. Julián Carmona lehnte inzwischen am Schanzkleid und betrachtete das langsam vorbeiziehende grüne Dickicht.

„Sag den Männern Bescheid! Ich will Ed und noch ein paar auf dem Achterdeck haben. Für die anderen gilt: Klarschiff zum Gefecht!“

„Aye, Sir!“

Hasard kehrte an seinen Platz vor dem Besanmast zurück.

„Schlechte Neuigkeiten?“ wurde er von Carmona empfangen.

„Wie man’s nimmt. Jedenfalls nicht von großer Bedeutung.“

Urplötzlich erklang ein mehrstimmiger Ausruf von der Kuhl: „Schiff Backbord querab!“

Seewölfe Paket 34

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