Читать книгу Seewölfe Paket 34 - Fred McMason - Страница 27

4.

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Was dann geschah, wußte keiner mehr genau zu sagen. Aber auf eine grauenhafte Art hatte sich die Hölle aufgetan.

Zwei Culverinen wurden gleichzeitig gezündet.

In dem fast finsteren Teil des Batteriedecks entstand für einen winzigen Augenblick eine gleißende Helligkeit. Sie war so grell, als sei urplötzlich die Sonne unter Deck aufgegangen.

Ein paar Spanier nahmen diesen Eindruck als ihren letzten im Leben in sich auf. Den berstenden, infernalisch brüllenden Donner hörten sie nicht mehr.

Zwei Rohre krepierten in einem wilden Glutball. Schwere Bronzestücke, scharfkantig wie Meteoriten, flogen durch das Deck. Sie fetzten ins Holz und schlugen es kurz und klein. Eine der zerstörten Culverinen raste zurück, zerriß die Brooktaue wie Zwirnfäden und donnerte als riesiges Trümmerstück durch ein Schott.

Aus dem Batteriedeck drang ein gellender Schrei, der nichts Menschliches mehr an sich hatte.

Der ohrenbetäubende Lärm und der grelle Schrei ließ den Männern auf dem Oberdeck das Blut in den Adern gefrieren. Es hörte sich ganz so an, als sei die „Aguila“ selbst zweimal hintereinander getroffen worden.

Garcia wechselte die Gesichtsfarbe. Er schluckte verstört und stierte nach unten, wo dichter, schwarzer Qualm aus den Stückpforten drang. Er glaubte, in dem Nebel größere Holzbrocken davonfliegen zu sehen.

„Schnell, nach unten!“ schrie er und hastete los. Mit langen Sätzen stürmte er über den Niedergang ins untere Deck. Der Erste Offizier folgte ihm zitternd.

Unter Deck sah es verheerend aus, das erkannte er trotz der schlechten Sicht auf den ersten Blick. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er die Verwüstungen sah.

An einer Stelle flackerte ein winziges Feuer ganz in der Nähe etlicher Pulverfässer.

Garcia rannte mitten in das Feuer und trat wie ein Wahnsinniger mit den Stiefeln darauf herum. Unter seinen Absätzen stoben kleine Funken auf. Dann stolperte er über etwas, das in verkrümmter Haltung auf den Planken lag.

Sein erster Eindruck war der, daß der Bastard gefeuert und auch getroffen hatte. Beim zweiten Blick erkannte er die entsetzliche Wahrheit und stöhnte laut auf.

Der Erste stand neben ihm und starrte mit offenem Mund auf das Chaos, das sie von allen Seiten umgab.

„Madre de Dios“, stammelte er.

Zwei Kanonen waren regelrecht zerfetzt worden. Ihre Rohre waren nur noch zersplitterte Stümpfe, scharf gezackt, von einer gewaltigen Explosion zerrissen und zerfetzt. Die Bronzestücke hatten das Deck verwüstet und ein Faß mit Schießpulver umgeworfen. Eine Kanone hatte das Schott durchschlagen und einen Schattenriß hinterlassen. Samt der zweirädrigen Lafette hatte sie sich durch das Holz gebohrt.

Die andere Culverine qualmte noch aus dem Stumpf, der vormals das Rohr war. Der Torso zeigte genau auf ihn, und im letzten Teil des Inneren sah er das Rohr noch glühen.

Der Stückmeister lag unmittelbar davor. Er hatte keinen Kopf mehr. Drei weitere Männer waren ebenfalls tot. Einer war nur leicht verletzt, aber völlig benommen. Er hockte auf den Planken und lachte, bis sein Lachen in ein haltloses Schluchzen überging.

„Zwei Rohre sind krepiert“, sagte Garcia fassungslos. „Das ist ein Tag des Unheils. Die Trümmer haben die Männer getötet.“

Er bückte sich und drehte einen Mann auf den Rücken. Schaudernd wandte er das Gesicht ab.

„Kein Licht entzünden!“ schrie Garcia. „Überall ist Schießpulver verstreut! Wir würden uns selbst in die Luft jagen. Rufen Sie ein paar Leute, Molina. Sie sollen Pützen mit Wasser mitbringen. Vorerst wird hier nichts angefaßt.“

„Wie konnte das nur passieren?“ fragte der Erste erschüttert. „Die Geschütze sind doch sicher bei der vorschriftsmäßigen Bedienung.“

„Das weiß ich noch nicht“, erwiderte Garcia. Seine Stimme klang seltsam hohl wie ein Echo. „Aber vermutlich hat der Kerl zuviel Pulver in die Stücke einfüllen lassen.“

„Das kann ich nicht glauben, Capitán. Der Stückmeister ist ein zuverlässiger Mann.“

„Er war einer“, korrigierte Garcia scharf. „Aber das ist nicht mehr ganz so sicher. Ich werde das nachher überprüfen lassen.“

Über den Niedergang hasteten Spanier mit Pützen. Bei dem grauenhaften Anblick fiel einem der Dons die Pütz aus der Hand. Das Seewasser ergoß sich über Garcias Stiefel.

Der Capitán holte aus und schlug zu. Es war ein Reflex, er schlug die Leute nie persönlich, dafür hatte er einen Zuchtmeister. Aber alle aufgestaute Wut und Aggression der letzten Stunde entluden sich jetzt, und als der Mann sich duckte, erhielt er einen zweiten Schlag, der ihn auf die Planken warf.

„Dorthin mit dem Wasser!“ schrie Garcia. „Die Disziplin hat verflucht gelitten. Aber ich werde wieder Ordnung in diesen Sauhaufen bringen. Verlaßt euch darauf! Ich werde auch den Kerl finden, dem wir das alles zu verdanken haben.“

Das Seewasser wurde über das Schießpulver gegossen, das auf den Planken verstreut war. Dann ließ Garcia die Fässer wegbringen und erst danach zwei Laternen entzünden, die das Deck notdürftig erhellten.

Der Verletzte wurde vom Feldscher versorgt. Ein weiterer Mann hatte Blutergüsse und Prellungen. Bei den anderen kam jede Hilfe zu spät.

Die Toten wurden nach oben gebracht. Sie sollten später in der Nähe der Siedlung begraben werden.

Den Kopf des Stückmeisters fanden sie nicht, so sehr sie auch alles absuchten. Er war spurlos verschwunden.

Den Dons rann ein Schauer nach dem anderen über die Rücken, wenn sie die Leiche des Stückmeisters sahen.

Als im Batteriedeck notdürftig alles aufgeklart war, erhielt der Zimmermann Anweisungen für die Reparatur, die morgen stattfinden sollte.

Garcia hatte sich in die Idee verrannt, daß es an Bord einen Saboteur geben müsse, weil die Ungereimtheiten sich häuften. Er ließ die Galeone von vorn bis achtern durchsuchen.

Aber es befand sich kein Fremder an Bord, und die Crew war vollzählig bis auf die bei der Explosion getöteten Männer.

Anschließend ernannte er einen neuen Stückmeister, und der mußte gleich antreten.

„Lassen Sie das Pulver aus den Culverinen schaufeln und genauer nachmessen!“ befahl er. „Ich wünsche äußerste Korrektheit dabei.“

Die Mannschaft wurde immer nervöser. Garcias Laune sank mehr und mehr auf den Nullpunkt, und die Männer mieden ängstlich seine Nähe.

Der Stückmeister ging mit zwei Gehilfen an die Arbeit, wobei Garcia ihm laufend erklärte, es sei absolut nicht normal, daß zwei Kanonen gleichzeitig explodieren könnten.

Bei der ersten Culverine wurden an Pulverladung exakt zwölf libras gemessen, was der Menge in englischen Pfunden entsprach.

„Wieder einfüllen. Die nächste Kanone“, befahl Garcia.

Bei der dritten wurde der Stückmeister fündig und traute seinen Augen nicht. Er schaufelte und schaufelte, und sein Adamsapfel ruckte dabei nervös auf und ab.

Garcia stand daneben. Sein Gesicht war kantig und sein Grinsen ein bösartiges Verziehen seiner Lippen.

„Sieh an“, sagte er leise. „Wieviel?“

„Mehr als zwanzig libras, Señor Capitán.“ Dem neuernannten Stückmeister brach der Schweiß aus allen Poren.

„Das kann nicht sein“, ächzte der Erste ungläubig. „Das tut keiner von uns, Capitán.“

„Dann war’s wohl wieder der bewußte Teufel, was? Der scheint hier immer mehr seine Hände im Spiel zu haben. Das muß der Stückmeister getan haben. Er war schließlich für die Stücke verantwortlich.“

„Er wird sich doch nicht selbst in die Luft jagen. Da müßte er ja verrückt sein.“

„Was glauben Sie denn, wer es war, Molina?“

„Ich weiß es wirklich nicht, ich kann es mir auch nicht vorstellen.“

„Jemand hat es während des Nebels eingefüllt“, behauptete Garcia. „Und dieser Jemand befindet sich mitten unter uns. Der Nebel ist so dicht, daß einer den anderen nicht sieht und schon gar nicht erkennt. Der Lumpenhund hatte leichtes Spiel.“

Mißtrauen breitete sich immer mehr aus. Jeder sah den anderen plötzlich mit scheelen Blicken an.

„Alle, die sich im Batteriedeck aufgehalten haben, melden sich nachher bei mir“, befahl Garcia. „Ich werde jeden einem peinlichen Verhör unterziehen, jeden einzelnen. Das gilt natürlich nicht für die Offiziere.“

„Vier präparierte Kanonen“, sagte der Erste ächzend. „Dabei kann es sich wirklich nicht mehr um ein Versehen handeln.“

„Vermutlich nicht“, sagte Garcia höhnisch.

Er wischte sich ärgerlich mit der Hand übers Genick, weil es irgendwo vom oberen Deck langsam, aber stetig tropfte.

Inzwischen wurden weitere Stücke überprüft. Erleichtert stellte der Stückmeister fest, daß die Pulverladungen stimmten. Der Saboteur hatte sein schändliches Werk auf vier Kanonen begrenzt, mehr hatte er zum Glück nicht geschafft, oder er war bei seinem Tun gestört worden.

Platsch! Ein dicker Tropfen fiel Garcia erneut ins Genick. Er fluchte verhalten.

„Sobald das Dreckwetter vorbei ist“, sagte er erbost, „wird das Oberdeck kalfatert. Es dringt ständig Wasser nach unten. Denken Sie daran, Molina. Hier unten muß es trocken bleiben. Eine Schweinerei ist das. Das Pulver könnte naß werden.“

„Ich werde daran denken“, versprach der Erste.

Der nächste Tropfen, der dem Capitán ins Genick fiel, versetzte ihn in rasende Wut. Er riß einem der betroffen herumstehenden Männer die Laterne aus der Hand und leuchtete nach oben.

Im trüben Widerschein der Funzel sah er den Kopf des Stückmeisters.

Er lag auf dem oberen Deckenbalken, wohin ihn der Explosionsdruck geschleudert hatte.

Eine dünne Blutspur rann als kleines Rinnsal von dem Balken hinunter. Von dort tropfte es weiter nach unten, und diese Tropfen waren Garcia ins Genick gefallen.

Der Capitán rührte sich für lange Augenblicke nicht. Wie hypnotisiert starrte er auf den Schädel des ehemaligen Stückmeisters.

Sein Atem ging stoßweise, und seine Lippen zuckten.

„Dieses – dieses – Ungeheuer!“ stieß er atemlos hervor. Die Hand mit der Laterne zitterte.

„Was ist denn, Señor Capitán?“ fragte der Erste. „Haben Sie …?“

Er folgte dem Blick Garcias und starrte ungläubig nach oben. Auch die anderen Männer an den Kanonen wurden jetzt aufmerksam.

Molina stieß einen lauten Schrei aus. Der Anblick war so schrecklich und grausam, daß er unwillkürlich schrie. Seine Zähne schlugen wie im Fieber aufeinander.

Erst als sein Schreien abrupt verstummte, entdeckten die anderen Männer den Kopf des Stückmeisters. Unter den abergläubischen Leuten brach fast eine Panik aus.

Einer der Kerle warf die Laterne auf die Planken, flüchtete laut brüllend und von namenlosem Entsetzen gepackt, quer durch das Batteriedeck und raste den Niedergang hinauf. Zwei Mann wichen aufschreiend zurück und bekreuzigten sich. Die anderen rannten ebenfalls los.

Garcia konnte es ihnen nicht mal verübeln. Er hob die Laterne auf und stellte sie auf die Planken. Mit verzerrtem Gesicht blickte er zu dem Ersten Offizier.

„Wir haben wirklich den Teufel an Bord“, flüsterte er so leise, daß Molina ihn kaum verstand.

Seewölfe Paket 34

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