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7.

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Die Reparaturarbeiten in der Bucht hatten unverzüglich begonnen, doch jetzt gab es ein weiteres Problem.

Der Untergrund bei den Mangroven war so matschig und morastig, daß von dort aus nicht zu arbeiten war. Entweder sackten die Männer zwischen die Stelzwurzeln, oder die Jolle hing schief auf dem Schlick.

Die Arbeit am Ruder wurde dadurch immer weiter verzögert, was die Laune der Arwenacks nicht gerade hob. Außerdem ließen sich gewisse, verräterische Geräusche nicht vermeiden.

Der Profos latschte mit mürrischem Gesicht auf den Seewolf zu, der am Heck neben einer Laterne stand.

„Der Nebel scheint sich zu lichten, Sir. Auf dem Fluß ist es schon ein bißchen heller geworden. Oben sind auch einige Sterne zu sehen.“

„Kommt mir auch so vor“, erwiderte Hasard. Er lehnte sich an die Verschanzung und blickte zum Tapti, wo ein leises murmelndes Geräusch zu hören war. Der Fluß sang leise sein Lied, eine monotone Melodie aus Rauschen und Flüstern. Manchmal war ein Gurgeln und Schmatzen aus den Mangrovenwäldern zu hören.

Carberry drehte sich um und starrte durch Dunkelheit und Nebel zur anderen Seite der Bucht. Dort wogten immer noch die Nebelgeister, die aus den Sümpfen zu steigen schienen. Aber da war auch eine Passage, die wie ein Schlund aussah. Angestrengt versuchte er Genaueres zu erkennen.

„Diese Bucht haben wir nur einmal kurz bei Tageslicht gesehen“, sagte der Profos. „Jetzt erscheint sie mir viel größer. Oder irre ich mich?“

Hasard sah auch in die Richtung, die den Profos so sehr interessierte.

„Sie scheint dort hinten weiter ins Landesinnere zu führen“, meinte der Seewolf. „Bei dem Nebel kann das allerdings auch täuschen …“

Hämmern und Klopfen unterbrachen seine Worte. Shane, Tucker und ein paar andere arbeiteten an dem Ruder. Ab und zu war auch ein verhaltener Fluch zu hören, wenn es Schwierigkeiten mit dem Untergrund gab.

„Das ist eine Passage“, sagte der Profos, „eine kleine und sehr schmale Durchfahrt. Wahrscheinlich grenzt eine weitere Bucht an diese. Wir sollten das mal erkunden, Sir. Wenn das der Fall ist, hätten wir ein vorzügliches Versteck gefunden, das vom Fluß aus nicht einzusehen ist. Ich kann ja mal mit der kleinen Jolle eine Exkursion unternehmen und nachsehen.“

„Wir brauchen die Jolle für einen anderen Zweck, Ed. Wir haben vor der Bucht noch keine Wachen aufgestellt. Solange der Nebel dicht und kompakt war, hielt ich das nicht für unbedingt erforderlich, aber jetzt sieht das etwas anders aus. Wir müssen zwei Mann dort vorn postieren.“

„Hier sieht uns kein Mensch, Sir. Wir liegen hier wie in Abrahams Schoß.“

„Wenn wir es mit einem Schurken wie Ruthland allein zu tun hätten, dann würde ich dir zustimmen. Aber wir haben noch einen Gegner vor uns, den man nicht unterschätzen darf. Der Spanier ist ein durchtriebener Bursche. Wahrscheinlich hat er schon bemerkt, daß wir in aller Stille aus der Bucht verschwunden sind. Was also wird er unternehmen?“

„Zunächst wird er sich ärgern, Sir, wenn ich das richtig sehe. Er wird erkennen, daß wir auch nicht gerade die Dümmsten sind. Und da er ein beharrlicher und sturer Bock ist, wird er sich zunächst mal an den Fingern einer Hand ausrechnen, daß wir eine andere Bucht angelaufen haben, um unsere Schäden auszubessern. Richtig, Sir?“

„Richtig. Er kann aber auf dem Tapti mit einer schweren Galeone nicht beliebig hin und her gondeln. Das erwartet er von uns ebenfalls nicht. Er wird weiter annehmen, daß wir flußabwärts verholt haben, und da bietet sich nicht allzuviel an. Um das aber ganz sicher herauszufinden, schickt er bestimmt eine Jolle mit ein paar Kerlen los, die ausspionieren sollen, wo wir liegen. Richtig, Mister Carberry?“

Der Profos grinste über das ganze narbenzerfurchte Gesicht.

„Sehr richtig“, sagte er zufrieden. „Wenn er das weiß, der Nebel sich lichtet und genug Wind da ist, wird er es uns besorgen, und zwar mit einem blitzartigen Überfall.“

„Du sagst es, Ed. Um dem aber zuvorzukommen, müssen wir diese Burschen abfangen, damit sie nichts melden können. Und deshalb postieren wir zwei Mann am Eingang der Bucht. Das wäre zum Beispiel eine Aufgabe für dich und Jan Ranse. Der steht hier nämlich schon seit einer Weile herum und hat die Ohren am Wind. Dann brauche ich keine weiteren Erklärungen mehr abzugeben.“

Der untersetzte Holländer mit dem wüsten blonden Vollbart trat näher an die beiden Männer heran.

„Ich bin dabei“, sagte er knapp. „Ich habe alles mitgekriegt.“

„Gut. Dann nehmt die kleine Jolle und geht auf Posten. Wenn ihr die Kerle hochnehmen könnt, bringt sie an Bord. Ich habe später noch ein paar Fragen an sie. Verhaltet euch aber möglichst lautlos.“

„Das geht schwer in Ordnung“, sagte der Profos. Manchmal drückte er sich etwas seltsam aus, um kundzutun, daß alles hervorragend klappen würde. „Hättest du etwas dagegen, Sir, wenn wir einen klitzekleinen Umweg wählen? Ich will nur einen kleinen Abstecher unternehmen, wo die Bucht scheinbar endet. Kann ja nur von Vorteil sein, wenn wir etwas entdecken.“

„Einverstanden, aber beeilt euch und haltet euch nicht zu lange am Ende der Bucht auf.“

Die kleine Jolle war längst abgefiert worden. Carberry und Jan Ranse steckten sich für alle Fälle eine Pistole in den Hosenbund und hofften dabei, sie nicht gebrauchen zu müssen. Es sollte alles lautlos durchgeführt werden.

Allerdings stand nicht mit absoluter Sicherheit fest, ob vor der Bucht eine Jolle aufkreuzen würde. Es war lediglich eine Annahme, die zutreffen konnte.

Die beiden Männer enterten in die Jolle, stießen sich vom Schiffsrumpf ab und nahmen Kurs auf jene dunkle Stelle, wo Nebelschwaden wogten und die Bucht wie ein gähnender Schlund aussah.

Der Regen hatte aufgehört, aber ihre Klamotten waren immer noch klamm und feucht.

Lautlos begannen sie zu pullen. Die Umrisse des Hecks der Schebecke wurden erst milchig, dann trübe, und schließlich verschwanden sie im Dunst wie ausgelöscht. Auch die Geräusche um sie herum erstarben. Nur das leise Knarren der Riemen in den Rundsein verriet, daß sie sich bewegten.

Einen Augenblick lang hatte jeder von ihnen das Gefühl, völlig allein auf der Welt zu sein. Sie bewegten sich in einem lautlosen Meer wie auf schwebenden Wolken, wie in einer geheimnisvollen Sphäre, die sie auf unerklärliche Art und Weise forttrug.

Durch wabernde Nebelfetzen hindurch erkannten sie Sterne und Mondsichel. Die Umgebung wirkte gespenstisch, zumal aus dem nahen Dschungel und den Mangrovenwäldern immer wieder klagende Geräusche zu hören waren.

„Genau voraus“, raunte Carberry. „Wir halten darauf zu, wo es stockfinster ist.“

„Da ist absolut nichts mehr zu sehen“, sagte Jan Ranse. „Sieht aus, als würden wir dort in einen tiefen Abgrund fallen.“

„So schnell fällt es sich nicht.“

Carberry versuchte einen Lichtschimmer zu erblicken. Doch die außenbords angebrachten Laternen auf der Schebecke waren aus dieser Distanz nicht mehr zu sehen. Ein Späher, der hier eindrang, mußte sich schon ziemlich dicht heranpirschen, wenn er etwas bemerken wollte.

Alle beide zuckten zusammen, als ganz überraschend etwas nach ihren Köpfen griff. Es schienen lange, tastende Arme zu sein, die ihnen durch die Gesichter fuhren wie riesenhafte Spinnenbeine.

Gleich darauf gab es einen leichten Ruck. Die Jolle saß fest.

Jan Ranse stieß erleichtert die Luft aus.

„Wir sind in die Mangroven geraten“, knurrte er, „und liegen irgendwo zwischen den Stelzwurzeln.“

„Hab ich auch schon gemerkt. Dann einen Schlag zurück.“

Sie pullten ein paar Schläge zurück, bis sie von den schleimigen und feuchten Armen der Mangroven frei waren. Unter der Jolle blubberte leise der Morast.

Beim Weiterpullen entdeckten sie tatsächlich eine schmale Durchfahrt. Genau erkennen konnten sie die Passage nicht, aber sie wußten, daß sie aus der Bucht heraus waren und sich in anderem Wasser bewegten.

„Scheint ein kleiner See oder ein Flußarm zu sein“, meinte der Profos. „Die Schebecke müßte hindurchgehen. Nur schade, daß man nichts Genaues erkennen kann. Wollen wir noch ein paar Schläge pullen oder lieber umkehren?“

„Laß uns umkehren“, meinte Jan. „Wenn wir uns hier verirren, finden wir die Durchfahrt nicht mehr, und dann gibt es ein Donnerwetter, wenn wir in anderen Regionen herumkrebsen.“

„Ja, da hast du recht“, erwiderte Carberry. „Aber die Luft riecht hier irgendwie anders. Schon möglich, daß es ein kleiner See ist.“

Es stellte sich heraus, daß sie schon jetzt Mühe hatten, die schmale Durchfahrt zu finden. Um sie her war von den Seiten alles zugewuchert. Es roch modrig und faulig wie in einem riesigen Sumpfgebiet.

Der Profos nahm den Riemen und steckte ihn lotrecht ins Wasser. Es war kein Grund festzustellen. Erst als er ungeduldig weiterstocherte, stieß er auf Grund. Das bedeutete, daß sie wieder dicht bei den Mangroven waren.

Der Profos wurde schon kribbelig und stieß die ersten Verwünschungen aus. Ein paar saftige Worte waren darunter.

Abermals tasteten lange Arme nach ihnen. Dazwischen war ein heller Fleck, und jetzt glaubte er auch, einen leisen Windhauch zu verspüren, der ihm ins Gesicht wehte.

„Wir sind durch“, sagte er nach einer Weile. „Wir sind wieder in der Bucht, wo die Schebecke liegt.“

Als die Mangroven sie freigaben, begannen sie zügig weiterzupullen. Nach etlichen bangen Minuten entdeckten sie den Schimmer am Heck ihres Schiffes.

„Gott sei Dank“, murmelte der Profos. „Da vorn ist es zum Glück etwas heller geworden.“ Er zog das Genick ein, als sie an der Schebecke vorbeipullten, und zuckte leicht zusammen, als eine Stimme irgendwo aus der Dunkelheit fragte: „Etwas entdeckt, Ed?“

„Aye, Sir. Es gibt da eine schmale Durchfahrt. Dahinter ist offenbar eine weitere Bucht, ein kleiner See oder ein Nebenarm des Flusses. Leider war das nicht genau zu erkennen.“

„Gut, dann pullt jetzt zum Fluß hinüber.“

„Aye, aye, Sir.“

Carberry pullte verbissen weiter, bis sie außer Sicht- und Hörweite waren.

„Mann, der Sir hat vielleicht Augen“, sagte er dann anerkennend. „Ich habe kaum das Schiff gesehen, aber er hat uns entdeckt. Und ich dachte immer, nur Dan sei mit Adleraugen ausgestattet.“

Er war sehr beeindruckt, der Profos, und er wunderte sich noch eine ganze Weile darüber.

Die nächste Überraschung erlebten sie dann direkt am Tapti. Sie hörten den Fluß rauschen und konnten an einzelnen Stellen sogar das Wasser erkennen. Die Mondsichel spiegelte sich in einigen Stellen im Wasser, und lange Nebelschwaden krochen an den Ufern entlang.

Weiter flußaufwärts waren ebenfalls offene Stellen zu sehen. Ein Wind wehte ganz zaghaft und spielte mit dem Nebel, den er in lange Streifen zerfaserte.

Dort, wo die Bucht in den Fluß überging, war sie auf einer Länge von fast zwanzig Yards einigermaßen gut zu überblicken. Im Inneren der Bucht war jedoch nicht zu erkennen, daß da ein Schiff lag. Auch die Geräusche waren nur dann zu hören, wenn man sehr aufmerksam und angestrengt lauschte.

Carberry hielt nach einem Versteck Ausschau, wo die Jolle nicht gleich entdeckt werden konnte. Sie fanden eins hinter der Einfahrt, wo zwei hohe Palmen standen und alles von Gebüsch und Verhau zugewuchert war.

„Dort legen wir uns auf die Lauer“, sagte er. „Wenn die Kerle hier wirklich aufkreuzen, müssen sie dicht daran vorbei, denn sie werden versuchen, sich unauffällig anzuschleichen. Wir können sie dann sogar von der Jolle aus hoppnehmen.“

Sie pullten in den Verhau und blickten aus ihrem sicheren Versteck flußaufwärts.

Die Zeit schien sich endlos lange zu dehnen. Auf dem Tapti tat sich nichts. Nur der Wind frischte auf, und der Nebel zog sich zuerst in der Höhe zurück. Auf dem Fluß lag er teilweise noch wie ein gigantischer, ausgebreiteter Schleier.

„Schade, daß wir nicht herausgefunden haben, was es mit der anderen Bucht auf sich hat“, sagte der Profos. „Hinter den Mangroven wäre ein ideales Versteck gewesen. Da hätten wir in aller Ruhe und unbeobachtet die Reparatur zu Ende führen können. Und danach wäre es den Halunken an den Kragen gegangen.“

„Ja, leider, aber vielleicht ist es noch nicht zu spät“, entgegnete Jan Ranse. „Wenn die Kerle sich weiterhin Zeit lassen und keinen Wind haben, können wir das noch nachholen, vorausgesetzt, die Sicht in der Bucht wird besser. Eine Galeone kann durch die Mangroven wegen ihrer Größe nicht hindurch, und die Karavelle allein traut sich nicht. Ruthland würde das nie riskieren, der Feigling.“

„Ist nicht zu ändern“, sagte der Profos, „obwohl ich gerade diesem Bastard liebend gern eins übergebraten hätte.“

Den Fluß oberhalb der Bucht ließen sie keine Sekunde lang aus den Augen. Mitunter schimmerte das Wasser samtweich, dann wieder dunkel und geheimnisvoll, wenn ein paar Sterne sich darin spiegelten.

Der Wind hatte noch ein bißchen mehr zugelegt, war aber nichts weiter als eine laue Brise. Zur Not konnte er ein Schiff bewegen, aber das Manövrieren würde schwierig sein.

Carberry erzählte ein paar Witze, um die Langeweile zu überbrücken, und war gerade so richtig in seinem Element. Es ging um die Arche Noah, den Schiffsbohrwurm und um ein paar Termiten, da unterbrach ihn der bärtige Holländer.

„Da tut sich was“, raunte er. „Ganz oben, wo der Nebel eine Lücke hinterlassen hat. Du mußt zur anderen Flußseite blicken. Ich glaube, da bewegt sich ein Schatten.“

Carberry vergaß die Arche und Noahs Probleme. Sehr konzentriert peilte er die Stelle an und kniff die Augen zusammen.

„Können Nebelfetzen sein“, meinte er nach einer Weile ratlos.

Am anderen Ufer des Flusses tanzten seltsame Dämonen und Kobolde ihren bizarren Reigen. Mal waren sie dunkel, mal verzerrten sie sich zu hellen Gestalten mit großen Augen, und schließlich zerflossen sie wieder.

Aber da war doch eine ständige und fließende Bewegung, die sich nicht in Luft auflöste. Das Ding schien mitunter über dem Wasser zu schweben, doch es näherte sich langsam und wanderte zur Flußmitte hin, bis die Konturen deutlicher zu erkennen waren.

„Eine Jolle“, sagte Carberry schließlich. „Einwandfrei eine Jolle. Das Ding scheint Flügel an den Seiten zu haben.“

So sah es tatsächlich aus. Die Jolle war zu erkennen, nur die Gestalten darin nicht. An beiden Seiten drehte sich etwas, das wie kleine Windmühlenflügel aussah. Der Nebel schuf diese seltsame Form, die sich ständig um ihre Achse zu drehen schien.

Das Boot wurde weiter flußabwärts gepullt. Dann beschrieb es einen Bogen zum diesseitigen Ufer und näherte sich etwas schneller.

„Zwei Mann“, flüsterte Jan Ranse.

Carberry bemerkte die beiden Gestalten jetzt ebenfalls.

Einmal verschwanden sie wieder in einer Nebelwolke und wurden vorübergehend unsichtbar. Als sie wieder auftauchten, hatten sie sich um ein beträchtliches Stück der Bucht genähert.

„Na dann“, raunte der Profos und rieb sich die Pranken.

Seewölfe Paket 34

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