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Weises Vertrauen

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Wir brauchen auf unserem Weg tiefes Vertrauen und Hingabe, aber natürlich brauchen wir auch Weisheit, eine Art von gesundem Menschenverstand, mit dem wir die Dinge unvoreingenommen und mit Scharfsinn überprüfen.

In den Anfängen meiner Praxis besuchte ich ein Meditationszentrum, in dem zwei Retreats in zwei unterschiedlichen buddhistischen Traditionen stattfanden. Beide Traditionen lehrten die Hingabe an den Meister, die Meisterin als wichtigen Verstärker für die eigene Praxis. Als die Teilnehmenden Gelegenheit hatten, den beiden Retreat-Leitern Fragen zu stellen, war ihre brennendste Frage die nach der Hingabe an die Lehrenden. Worauf der aus der einen Tradition stammende Lehrer betonte: »Wenn dein Meister sagt, Schwarz ist Weiß, dann ist Schwarz für dich Weiß!« Der zweite, einer anderen Tradition angehörende Lehrer unterstrich hingegen: »Leute, überprüft es besser selbst!«

In seiner berühmten Lehrrede an die Kalamer ermutigt der Buddha seine Zuhörerschaft, selbst herauszufinden, was für ihr Leben und ihre spirituelle Praxis wertvoll und hilfreich sei:

Aus diesem Grunde eben, Kalamer, haben wir es gesagt: Geht nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters. Wenn ihr aber, Kalamer, selbst erkennt: »Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl«, dann oh Kalamer, möget ihr sie euch zu eigen machen.3

Wir sind auf dem Weg zur Befreiung voll und ganz auf authentische Belehrungen und weise Unterstützung durch erfahrene und qualifizierte Lehrende angewiesen, wollen wir uns nicht auf endlosen Umwegen oder gar in Sackgassen wiederfinden. Dazu brauchen wir nicht nur irgendwelche guten Ratschläge, sondern die über Jahrhunderte erprobten Belehrungen von Menschen, die in einer ungebrochenen Übertragungslinie stehen.

Es gibt aber auch immer wieder Menschen, die – ohne in eine Übertragungslinie eingebunden zu sein – echte befreiende Erfahrungen gemacht haben. Sie können oft auch mit großer Überzeugungskraft ihre Erkenntnisse weitergeben. In der Regel genügt dies den Ansprüchen der Mehrzahl ihrer Schülerinnen und Schüler. Es besteht aber die Gefahr, dass die so Erleuchteten auf die von ihnen gemachten Erfahrungen beschränkt bleiben und den meist noch viel weiter führenden Weg nicht sehen, der in einer authentischen Übertragungslinie klar dargelegt würde – selbst von Lehrenden die weniger »erleuchtet« sind.

Die authentischen Belehrungen sollten wir mit wacher Hingabe aufnehmen, kontemplieren und in die Meditation und den Alltag integrieren. Andererseits müssen wir die Gesetzmäßigkeiten des Lebens und die Natur unseres Geistes aber auch selbst erforschen, um schließlich zu erkennen, was zu mehr Leiden führt und was befreiend ist. Beides ist also wichtig: Vertrauen und Weisheit.

Buddhas Tausend Gesichter

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