Читать книгу Monsieur Violet's Reisen und Abenteuer in Californien, Sonora und dem Westen von Texas - Фредерик Марриет - Страница 13

Zehntes Kapitel.

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Als ich über den unglücklichen Tod des Fürsten Bericht erstattete, habe ich bereits angegeben, dass die Krähen den Weissen, welche sich unter den Shoshonen aufhielten, nicht geneigt waren. Dieser Groll beschränkte sich jedoch nicht allein auf diesen Stamm, sondern verbreitete sich auch auf alle übrigen, die dem Buona-Venturaflusse auf zwei- oder dreihundert Meilen nahe wohnten, und es war in der That nicht zu verwundern. Seit unserer Ankunft hatten die Shoshonen einen gewissen Grad von Taktik und eine Einheit im Handeln gewonnen, die allein schon hinreichend war, alle ihre Feinde im Zaume zu halten, abgesehen von dem gewaltigen Uebergewicht,, das ihnen durch die grosse Anzahl von Feuerwaffen und die fast unerschöpfliche Munition gesichert wurde. Alle andern Völker waren eifersüchtig auf ihre Kraft und ihre Hülfsquellen, und diese Eifersucht wirkte in einem Grade auf sie, dass sie den Entschluss fassten, vereint einen Hauptstreich zu führen, um nicht nur das Uebergewicht der Shoshonen zu vernichten, sondern sich auch in den Besitz der unermesslichen Reichthümer zu versetzen, den, wie sie thörichterweise meinten, die Europäer in ihre Ansiedelung gebracht hätten.

Schon geraume Zeit vor den Vorfällen, die ich bereits in Betreff der Umbiquas und der Krähen berichtet habe, gingen Boten von Stamm zu Stamm umher, und die Stämme hatten sogar allen ihren gegenseitigen Privathass vergessen, um eine Verbindung gegen den gemeinsamen Feind zu bilden, den sie in den Shoshonen sahen. Ohne Zweifel war es bereits diesen Einleitungen zuzuschreiben, dass sich die Krähen und Umbiquas so kühn zeigten, obschon die rasche und erfolgreiche Wiedervergeltung, welche die Shoshonen übten, wohl geeignet war, den kriegerischen Geist, der um uns gährte, ein wenig abzukühlen. Als sich jedoch endlich auch die Arrapahoes dem Bunde angeschlossen hatten, eröffneten die Aliirten mit einemmale den Feldzug und brachen nach allen Richtungen in unser Gebiet ein.

Diese Ueberrumpelung setzte sie in die Lage, im Laufe der ersten drei Wochen Alles fortzuführen, was sie trafen, da die Mehrzahl unserer Krieger auf der Jagd war. Sobald aber Letztere Kunde von der Gefahr erhielten, eilten sie zurück und gaben der Sache bald eine andere Wendung. Der verlorne Grund wurde Zoll um Zoll wieder gewonnen. Die Arrapahoes, welche viel gelitten hatten, traten von der Verbindung zurück, und da wir jetzt von dem Süden aus nichts mehr zu fürchten hatten, so kehrten wir unsere Streitkräfte gegen die nördlichen Gränzwohner. Trotz des Abfalls der Arrapahoes waren aber die vereinigten Stämme doch noch dreimal so stark an Zahl, als wir — eine furchtbare Macht, wenn es ihnen nicht an Einheit und Einklang im Handeln gefehlt hätte. Ihr Heerhaufen bestand aus ungefähr fünfzehntausend Kriegern — ein Gemische aus Umbiquas, Callapoos, Cayusen, durchbohrten Nasen, Bonnaxes, Flachköpfen und einer Anzahl Krähen, welch’ letztere sich ihre kürzliche Niederlage nicht zur Lehre hatten dienen lassen. Die Ueberlegenheit unserer Waffen, unserer Taktik, unserer Mannszucht und unserer Befestigungskunst nebst den guten Diensten, die uns ein paar alte, plumpe, spanische Vierpfünder leisteten, setzten uns in den Stand, in kurzer Zeit nicht nur die ganze Verbindung aufzulösen, sondern auch einige unserer verrätherischen Nachbarn für immer zu unterdrücken und zu vernichten. Da es für einen Fremden langweilig seyn würde, den Bewegungen des ganzen Feldzuges zu folgen, so will ich mich auf die Rolle beschränken, die ich dabei spielte.13)

Wir waren in vier Kriegshaufen getheilt: der eine stritt im Nordost gegen die Bonnaxes und die Flachköpfe, der zweite an den Gabeln der Buona-Ventura und des Calumet gegen die Cayusen und durchbohrte Nasen, der dritte blieb in der Nähe der Ansiedelung, um sie gegen Ueberrumpelung zu schützen, während ein kleinerer vierter, zu dem auch ich gehörte, unter dem Kommando meines Vaters das Bootshaus an der Fischerei besetzt hielt. Ausser diesen vier Abtheilungen waren noch mehrere wohlbewaffnete Rotten zu Wasser und zu Land in das Gebiet der Umbiquas geschickt worden.

Anfangs beschränkte sich unser Feldzug an den Ufern des stillen Weltmeers blos auf Scharmützel, gewann aber bald mehr Bedeutung, als sich nach und nach die Callapoos in grösserer Anzahl mit den Umbiquas vereinigten. Wir verloren nicht nur die im Umbiqua-Gebiete gewonnenen Vortheile, sondern mussten uns sogar allmählig bis zu dem Posten zurückziehen, dem wir unsere Rettung verdankten. Wir bestanden nur aus hundertundsechs Mann, während unsere Gegner vierhundertundachtzig zählten, und doch fiel ein Fünftel ihres Haufens in einem einzigen Nachmittag bei Gelegenheit eines verzweifelten Angriffs auf unseren Posten, der in einen bewunderungswürdigen Vertheidigungsstand gesetzt worden war.

Das Dach desselben war mit Kupferplatten bedeckt worden; desgleichen hatten wir auch in verschiedenen Theilen der Mauer Löcher angebracht, um unsere Kanonen benützen zu können, von denen der Feind keine Kunde hatte. Der erste Angriff war tapfer geführt und ihre Kugeln und Pfeile drangen in Menge durch unsere Schiessscharten herein. Sie zeterten wie eine Million von Teufeln, als sie in gedrängten Haufen mit Leitern und Fackeln anrückten, und als sie noch sechszig Schritte entfernt waren, lösten wir unsere, mit Kartätschen geladenen Kanonen, die eine furchtbare Wirkung übten. Demungeachtet wich der Feind nicht zurück, sondern erhob sein Kriegsgeschrei und stürzte mit wahrhaft heldenmüthiger Entschlossenheit vorwärts. Die Kanonen wurden wieder abgefeuert; auch gaben wir eine volle Musketensalve, worauf vierzig unserer Leute einen Ausfall machten. Dieser letzte Angriff war unwiderstehlich; der Feind floh in allen Richtungen und liess seine Verwundeten und Todten zurück. Am nämlichen Abend erhielten wir von der Ansiedelung her achtunddreissig Mann Verstärkung, welche einen grossen Vorrath von Büffelfleisch und zwanzig schöne, fette Fohlen mitbrachten. Dies gereichte uns zu grossem Troste, da wir schon mehrere Tage nur von unsern getrockneten Fischen hatten leben müssen.

Sieben Tage lang sahen wir nichts mehr von dem Feinde. Unsere Kundschafter spähten jedoch in allen Richtungen, und in einer Bay bei George-Point überraschte unser Langboot sechsunddreissig grosse Kähne, in welchen die Callapoos angelangt waren. Die Boote wurden zerstört und ihre Hüter scalpirt. Da die Hitze ungeheuer war, so beschlossen wir, uns nicht mehr in die Mauern des Postens einzuschliessen, sondern bildeten ein geräumiges Lager an der Ostseite des Blockhauses, das wir mit sehr starken Bollwerken versahen. Wahrscheinlich hielten wir dadurch eine ansteckende Krankheit ab, denn der üble Geruch der getrockneten Fische und die dumpfe Luft des überfüllten Gebäudes hatte bereits auf viele unserer Leute, namentlich auf die Verwundeten, einen sehr ungünstigen Einfluss geübt.

Nach Verlauf von acht Tagen kamen unsere Feinde schweigend und entschlossen wieder zum Vorschein. Sie wollten Rache nehmen oder sterben; es stand deshalb ein furchtbarer Kampf bevor. Sie lagerten in der kleinen offenen Prairie auf der andern Seite des Flusses und mochten ungefähr sechshundert Köpfe zählen.

Unser erster Kriegshaufen hatte die Bonnaxes überfallen und zerstreut, als sie auf dem Wege waren, sich den Flachköpfen anzuschliessen; da sie also ihre Absicht nicht auszuführen vermochten, so verbanden sie sich mit den Cayusen und durchbohrten Nasen. Diese drei vereinigten Völker mussten nach einem verzweifelten Kampfe unserem zweiten Haufen weichen, und die Bonnaxes, verzweifelt durch ihre Verluste und die gewisse Aussicht ihres Untergangs, wenn die Shoshonen siegen sollten — schlossen sich jetzt an die Callapoos und Umbiquas an, die einen abermaligen Angriff auf unsere kleine Garnison im Schilde führten.

Wir wären in unserem Posten nothwendig erlegen, wenn die Flachköpfe eine Weile länger ausgehalten hätten; die unversöhnlichen Feinde der Letzteren, die Schwarzfüsse, hatten jedoch die Gelegenheit dieses Feldzuges ersehen und einen Einfall in ihr Gebiet gemacht. Sie baten deshalb um Frieden, und nun schickten uns die beiden grösseren Kriegshaufen Abtheilungen zu Hülfe. Wir waren durch unsere Läufer davon unterrichtet, und da ich zuvor mit meinem Vater die nöthigen Massregeln besprochen hatte, brach ich allein auf, um mit unserer Hülfsmannschaft in den Gebirgspässen zusammenzutreffen. Die heimkehrenden Krieger bestanden aus siebenhundert Mann und hatten in ihren Feldzügen nicht mehr als dreizehn verloren. Sie theilten sich in drei Rotten, und es gelang ihnen, die Prairie, in welcher der Feind lagerte, zu umzingeln. Dann wurde ein Indianer ein paar Meilen weiter oben über den Fluss geschickt, um meinem Vater Nachricht zu bringen.

Der Mond ging um ein Uhr Morgens auf. Zwei Stunden früher sollte die Garnison des Blockhauses, welche während einer viertägigen, harten Belagerung bereits viel gelitten hatte, das Feuerwerk abbrennen, das ich von den Mexikanern zu Monterey erhalten hatte, zugleich aber gut das Ufer auf ihrer Seite bewachen, denn wir wollten über den Feind herfallen, so lange noch die erste Ueberraschung über das ungewohnte Schauspiel anhielt. Alles ging, wie wir gedacht hatten. Bei der ersten Rakete sprangen die Bonnaxes, die Callapoos und die Umbiquas auf; aber ihrer Furcht vor einem Ueberfalle folgte bald bewunderndes Erstaunen, denn sie wussten wohl, dass sie von den Gegnern, welche sie vor sich hatten, nicht angegriffen werden konnten. Die Schwärmerkästen platzten, die Feuerräder warfen ihre grossen Kreise von farbigen Funken, und die Wilden sahen in stummem Erstaunen zu. Aber ihrer Verwunderung folgte Furcht vor einer übernatürlichen Thätigkeit; Verwirrung verbreitete sich unter ihnen, und ihr Schweigen wurde zuletzt durch Hunderte von lauten Stimmen unterbrochen!! Jetzt war der Augenblick gekommen; die zwei Shoshonenhaufen stürzten über ihre erschreckten Opfer her, und als eine Stunde später der Mond über die Prairie aufging, fielen seine milden Strahlen auf vierhundert Leichen. Der ganze Streiterhaufen der Bonnaxes und Umbiquas war gänzlich vernichtet. Die Callapoos, die nur wenig gelitten hatten, zerstreuten sich schon im Anfange des Kampfes und flüchteten sich nach der Küste.

So endete die grosse Föderation gegen die Shoshonen, von denen die Ueberlieferungen des Landes noch nach Jahrhunderten sprechen werden. Diesen wilden Ereignissen folgte jedoch ein schwerer Verlust für mich. Mein Vater hatte, trotz seines hohen Alters, während des letzten Angriffs auf den Posten grosse Thätigkeit gezeigt und sich grossen Entbehrungen und Anstrengungen unterzogen; als jedoch Alles vorüber war und die Büchsenkugeln nicht länger um sein Ohr zifchten, erlag seine Kraft, und zehn Tage nach dem Kampfe starb er an Alter, Erschöpfung und Kummer. Ich begrub ihn einige Meilen von der Küste des stillen Weltmeers. Die wilden Blumen, die auf seinem Grabe wachsen, werden genährt durch das klare Wasser des Nu-elijé-sha-wako, und der ganze Stamm der Shoshonen wird noch lange wachen über dem Aschenhügel des Bleichgesichts aus einem fernen Lande, der ihr Freund und Lehrer war.

Meine beiden Freunde, Gabriel und Roche, waren bei dem letzten Sturme schwer verwundet worden, und es stand geraume Zeit an, bis sie wieder genasen.

Wir verbrachten den Rest des Sommers mit dem Erbauen von Luftschlössern und nahmen uns vor, endlich den Winter zu Monterey zu verbringen. Das Schicksal hatte es jedoch anders beschlossen und eine Reihe von Abenteuern, deren Strom ich nichts entgegensetzen konnte, riss mich durch viele wilde Schauplätze und Gegenden, die ich dem Leser zu schildern gedenke.

Monsieur Violet's Reisen und Abenteuer in Californien, Sonora und dem Westen von Texas

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