Читать книгу Der Höllenhund - Фредерик Марриет - Страница 4
2. Kapitel
ОглавлениеSmallbones erschien bald wieder und meldete Herrn Vanslyperken, daß das Frühstück bereit sei, worauf der Leutnant nach der Kajüte hinunterging. Eine Minute nach seinem Verschwinden kam ein anderer Mann herauf, um den am Steuerrade abzulösen, welcher, sobald er die Speichen abgegeben hatte, sich nach der erprobtesten Weise zu wärmen begann, indem er die Arme um seinen Leib schlug.
„Der Leutnant ist diesen Morgen wieder nicht in der besten Laune“, sagte Obadiah nach einer Weile. „Ich habe ihn von dem Weibsbild in dem Lusthaus murmeln hören“, versetzte Jansen, ein holländischer Matrose von riesigem Umfange.
„Ja, der Name der Frau Vandersloosch führt sicher einen Sturm herbei. Ich will zu meinem Frühstück hinuntergehen. Drehe Nordost, Jansen, und halte scharfen Lugaus nach den Booten.“
„Gott verdamm — wie kann ich das Schiff steuern und zu gleicher Zeit nach den Booten sehen?“
„Das geht mich nichts an. Die Ordre lautet so, ich übergebe sie dir, wie ich sie erhalten habe. Du mußt eben sehen, wie du über die Unmöglichkeit wegkommst.“
Mit diesen Worten begab sich Obadiah Coble nach dem Raume hinunter.
Wir müssen ihm folgen und den Leser in die Kajüte des Leutnants Vanslyperken einführen, obschon diese nicht sehr prunkhaft mit Möbelwerk ausgestattet ist. Ein einziger kleiner Tisch, ein einziger Stuhl, eine Matratze in einem Standbette mit Vorhängen von Segeltuch, ein offener Wandschrank mit drei Tellern, einer Kaffeetasse, zwei Trinkgläsern und zwei Messern — mehr war nicht erforderlich, da Herr Vanslyperken nie Gesellschaft zu sich bat. Es war auch noch ein anderer Wandschrank vorhanden, der jedoch sorgfältig verschlossen gehalten wurde. Vor dem Leutnant stand ein weißes Waschbecken, ungefähr zur Hälfte mit heißem Burgoo — einer sehr gesunden Komposition aus gekochtem Hafermehl und Wasser — angefüllt. Dies war die Ration, welche die Schiffsküche für Herrn Vanslyperken und seinen Bedienten Smallbones lieferte. Der Leutnant rührte das Gemisch emsig durcheinander. Snarleyyow saß daneben und wartete auf seinen Anteil, während Smallbones in der Nähe stand und der Befehle harrte.
„Smallbones“, sagte der Leutnant, nachdem er das heiße Gericht versucht und gefunden hatte, daß er noch immer in Gefahr stand, den Mund zu verbrennen, „bring’ mir den Bückling.“
„Den Bückling?“ stotterte Smallbones.
„Ja, den Bückling“, entgegnete Herr Vanslyperken, indem er seine kleinen grauen Augen finster auf den Diener heftete.
„Er ist nicht mehr da, Sir“, entgegnete Smallbones ängstlich.
„Nicht mehr da? Wo ist er hingekommen?“
„Mit Erlaubnis, Sir, ich glaubte nicht, daß Ihr ihn anrühren würdet, nachdem ihn der Hund in seinem garstigen Maule gehabt hat; und so, Sir — mit Erlaubnis, Sir —“
„Nun, und was so?“ fragte Vanslyperken, seine dünnen Lippen zusammenpressend.
„Aß ich ihn selbst — halten zu Gnaden — o je — o je!“
„Das — das hast du getan — du gefräßige Vogelscheuche? Hast du das wirklich getan? Weißt du, daß du dich eines Diebstahls schuldig gemacht hast — und weißt du, welche Strafe darauf steht?“
„Oh, Sir, es war ein Irrtum — mein teurer Sir“, entgegnete Smallbones wimmernd.
„Gut. Vorerst will ich dir die Rippen mit der Katze zerhauen lassen.“
„Habt Barmherzigkeit, Sir — oh, Sir!“ rief der junge Mensch, während ihm die Tränen aus den Augen rannen.
„Und zwar mit der Diebskatze — drei Knoten in jedem Riemen.“
Smallbones erhob seine mageren Arme, rang seine Hände und flehte um Gnade.
„Und wenn du gepeitscht bist, sollst du gekielholt werden.“
„O Gott!“ kreischte Smallbones, auf seine Knie niederfallend. „Habt Erbarmen, habt Erbarmen!“
Aber da war kein Erbarmen zu finden. Sobald Snarleyyow den armen Burschen auf die Knie niederfallen sah, stürzte er auf ihn zu, warf ihn rücklings nieder, knurrte über ihm und sah gelegentlich nach seinem Gebieter auf.
„Komm’ her, Snarleyyow“, sagte Herr Vanslyperken, „komm’ her, mein Hund, und leg’ dich.“
Aber Snarleyyow hatte den Bückling noch nicht vergessen, er biß zuvor zur Rache Smallbones in das Bein, ehe er seinem Gebieter gehorchte.
„Steh’ auf, Mensch!“ rief der Leutnant.
Smallbones erhob sich, aber zugleich stieg ihm auch die Galle. Seine Entrüstung gegen den Hund ließ ihn alles vergessen, was ihm angedroht war. Mit Tränen in den funkelnden Augen und vor Wut wimmernd warf er seine Arme umher und rief: „Nein, das halte ich nimmer aus — ich springe über Bord. Die Bestie hat mich schon vierzehnmal in dieser Woche gebissen. Lieber will ich mit einemmale sterben, als in dieser Weise zu Hundefleisch gemacht werden.“
„Halte augenblicklich dein Maul, du meuterischer Schuft, oder ich lasse dich in Eisen legen.“
„Es ist mir lieb, wenn Ihr’s tut — Eisen beißt nicht, wenn es einen auch festhält. Ich will davonlaufen — gleichviel, wenn ich auch gehangen werde. Es ist immerhin besser so, als wenn ich hier tot gehungert oder tot gebissen werde —“
„Stille, Bursch. Es ist nur die gute Kost, die dich so unverschämt macht.“
„Gott vergebe Euch!“ rief Smallbones überrascht. „Ich habe kein volles Mahl gehabt — —“
„Ein volles Mahl, du Schurke? Ein Kerl wie du wäre auch zu füllen — hohl von oben bis unten, wie ein Bambusrohr.“
„Und was ich kriege, muß ich teuer zahlen“, fuhr Smallbones mit Nachdruck fort. „Sogar der Hund da schießt auf mich los, wenn ich ein bißchen Zwieback nehme. Noch nie habe ich einen Bissen gekriegt, ohne zugleich einen Biß zu erhalten — das ist meine ganze Ration.“
„Ein Beweis von seiner Treue, auch ein Beispiel für dich, du Wicht“, entgegnete der Leutnant, indem er seinem Hunde zärtlich den Kopf tätschelte.
„Schon gut. Ich wollte nur, Ihr jagtet mich fort — oder ließet mich hängen — ich wollte mir nichts daraus machen. Ihr habt einen so guten Appetit, der Hund frißt auch aus Leibeskräften, daß für mich nichts übrig bleibt.“
„Du unverschämter Kerl, denk’ an die Diebskatze.“
„Es ist sehr hart“, fuhr Smallbones, ohne auf die Drohung zu achten, fort, „daß die Bestie da meine Ration frißt, und noch obendrein mich zur Hälfte fressen darf.“
„Du vergißt das Kielholen, du Vogelscheuche.“
„Dann wünsche ich nur, daß ich nie wieder heraufkommen möge.“
„Verlaß die Kajüte.“
Smallbones gehorchte diesem Befehle.
„Snarleyyow“, sagte der Leutnant, „du bist hungrig, mein armes Tier.“ Snarleyyow legte eine Vorderpfote auf das Knie seines Gebieters. „Sollst bald dein Frühstück erhalten“, fuhr Herr Vanslyperken fort, indem er zwischenhinein von dem Burgoo aß. „Aber, Snarleyyow, du bist diesen Morgen nicht ordentlich gewesen — solltest eigentlich kein Frühstück erhalten.“ Snarleyyow knurrte. „Wir sind erst vier Jahre miteinander bekannt, und in wie viele Klemmen hast du mich schon gebracht, Snarleyyow!“ Snarleyyow legte seine Pfoten auf das Knie seines Herrn. „Ah, ich sehe, es tut dir leid, mein armer Hund, deshalb sollst du auch einiges Frühstück erhalten.“
Herr Vanslyperken setzte nun das Burgoobecken auf den Boden, und der Hund fiel gierig darüber her.
„Ei, mein Hund, nicht so hurtig; du mußt auch etwas für Smallbones übrig lassen, denn er wird’s brauchen können, ehe die Strafe an ihm vollzogen wird. So, es ist genug jetzt.“
Der Leutnant wollte nun das Becken mit dem kleinen Suppenreste wegnehmen, Snarleyyow aber knurrte und würde wohl nach seinem Herrn geschnappt haben, wenn ihn dieser nicht mit der Mundöffnung des Sprachrohrs zurückgeschoben und einen Teil des Gerichts erobert hätte, um es für den Gebrauch des armen Smallbones auf den Tisch zu setzen.
„So, mein Hund, wir wollen jetzt auf das Deck gehen.“
Herr Vanslyperken verließ, von Snarleyyow begleitet, die Kajüte. Sobald aber sein Gebieter sich auf der Mitte der Treppe befand, kehrte der Hund wieder um, sprang auf den Stuhl, von dem Stuhl auf den Tisch, und verfügte dann über den Rest des dem armen Smallbones zugedachten Frühstücks. Als er damit fertig war, folgte er seinem Herrn.