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b) Glaubwürdig das Evangelium leben

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„Ökumenische Heilige“

Die Heiligenverehrung gilt als ein Bereich, in dem es nicht leicht ist, ökumenische Konvergenzen zu erreichen. Und doch gibt es gerade in jüngerer Zeit eine gemeinsame Wiederentdeckung der „ökumenischen Heiligen“. Unter ihnen hat insbesondere Elisabeth von Thüringen eine herausragende Bedeutung – als sozial-diakonisch tätige Frau mit engen Bezügen zur Wartburg bei Eisenach. Ökumenische Pilgerwege werden erdacht, um gemeinsam zur Mitte des christlichen Bekenntnisses voranzuschreiten. In den Schulbüchern im Bereich der Grundschulpädagogik finden sich auch aus evangelischer Perspektive Hinweise auf die Biographien besonderer Gestalten in der Christenheit. Nikolaus von Smyrna, Martin von Tours oder Franz von Assisi gehören zur gemeinsamen ökumenischen Gedächtniswelt. Das Lebenszeugnis insbesondere der diakonisch tätigen Menschen und der christlichen Märtyrer und Märtyrerinnen in ökumenischer Verbundenheit zu erinnern, ist Teil einer Neuorientierung in der ökumenischen Hermeneutik, die sich der geistlichen Tradition des Christentums verpflichtet weiß.

In Verbindung mit dem geschilderten Grundanliegen erfahren die ökumenischen geistlichen Gemeinschaften zunehmend wertschätzende Aufmerksamkeit. Unter diesen verdient die Kommunität von Taizé gewiss besondere Beachtung, die sich von ihrem ersten Anfang an den Grundanliegen der geistlichen Ökumene verpflichtet hat. Die Brüder von Taizé vertrauen auf Eigeninitiativen vor allem von jungen Menschen an ihren Lebensorten. Junge Frauen und Männer versammeln sich in einer Nacht der Lichter, singen und beten ohne Unterlass. Ist die Ökumene auch heute noch ein Thema für Jugendliche? Zweifel diesbezüglich erscheinen mehr als berechtigt. Die Erfahrung zeigt, dass bei Vortragsabenden über klassische kontroverstheologische Themen nahezu ausschließlich Menschen der älteren Generationen kommen. Gleichwohl gilt es hier, differenziert zu argumentieren. Jugendliche haben ein lebendiges Gespür für das, was wirklich wichtig ist. Sie sind auf ihre Weise Wegbereiter einer geistlichen Ökumene. Solche Jugendliche sind „Heilige“: Menschen, die auf einen Sinngrund ihres Lebens verweisen, der vorgängig zum eigenen Handeln bereits besteht. Jugendliche lassen sich durch biographische Erzählungen für eine gemeinsame Sache gewinnen. Hagiographien haben immer auch einen motivierenden Sinn: Sie wollen zur Nachfolge ermutigen. In diesem Sinn sind sie in der Ökumenischen Bewegung anerkannt.

das Wesen des Zeugnisses

Eine gemeinsame ökumenische Spur bei der Achtung der personalen Gestaltung der christlichen Existenz ist es, sich über das Wesen des Zeugnisses zu verständigen. Grundlegend stellt sich dabei die Frage: Sind es vor allem Menschen, die auf Gottes Weisung hin für die Tradierung des Evangeliums Sorge tragen, oder ist es nicht doch viel grundlegender das Wort Gottes, überliefert in den biblischen Schriften, das die Bewahrung des apostolischen Ursprungs sichert? Personen oder schriftgewordene Zeugnisse – wem gebührt die Priorität in der ökumenischen Hermeneutik? Oder führt bereits diese Frage in die Irre? Gibt es eine Möglichkeit, zwischen diesen beiden Größen, schriftliches Wort und personale Tradition, alternativ zu unterscheiden? Zu Beginn dieser Einführung soll sich erschließen, dass die ökumenische Theologie immer mit einem Miteinander von einer gemeinsamen Berufung auf das allein verbindliche, biblisch überlieferte Wort Gottes und einer jeweiligen Auslegung dieser biblischen Weisungen im traditionsgebundenen kirchlichen Leben von Menschen zu rechnen hat. In Kapitel II. 1. wird diese Thematik weiter entfaltet.

Einführung in die ökumenische Theologie

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