Читать книгу Tränen einer Braut: 3 Romane - G. S. Friebel, Hendrik M. Bekker - Страница 12
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ОглавлениеAlbert Lanner stammte aus dem tiefsten Milieu. Schon als Junge hatte er oft mit der Polizei zu tun gehabt: Erziehungsanstalt und so weiter. Doch als er volljährig geworden war, sagte er sich: Für so kleine Delikte sitzen zu müssen, das ist wirklich dumm. Albert war kalt und berechnend; und mit zwanzig hatte er sich geschworen, einmal im Geld zu schwimmen. Dann würden sich alle vor ihm verbeugen. Das konnte er aber nicht werden, wenn er fleißig arbeitete, sondern nur, wenn er andere für sich arbeiten ließ. Er wollte sich hier ein Imperium aufbauen wie es kein zweites gab. Später würde er dann auf andere Städte übergreifen und auch dort alles an sich reißen. Aber zuerst musste er sich hier Wurzeln holen, sozusagen fest verankern.
Vor gut einem halben Jahr hatte er diese Kneipe für wenig Geld erstanden. Noch drei, vier Monate, und sie gehörte ihm ganz. Es war ein stinkendes Loch, und er musste mit dem Abschaum der Menschheit vorliebnehmen. Aber er legte jeden Pfennig zur Seite. Wenn er genügend hatte, wollte er diese Bude renovieren. Nur noch die ganz großen Fische sollten dann bei ihm verkehren. Ein Netz würde er über diese Stadt legen, und überall würde er Lokale nach seinem Geschmack eröffnen.
Gestern Nacht hatte er mit Anke und Lola ein langes Gespräch gehabt. Sie standen bei ihm hoch in der Kreide, konnten ohne Alkohol nicht mehr auskommen. Er würde nie das Geld von ihnen bekommen. Aber Albert ließ sich so etwas nicht bieten. Er hatte sie vor die Wahl gestellt:
»Entweder ihr bezahlt heute alles, oder ihr geht für mich auf den Strich. Eure Einnahmen krieg ich ungeteilt, fünfhundert pro Nase und Nacht. Dafür bekommt ihr Essen und Trinken so viel ihr wollt. Und auch ein Zimmer zum Pennen.«
Sie hatten sich erst furchtbar aufgeregt. Die kleinen »Strichmiezen« wollten keinen Zuhälter haben. Albert beschwatzte sie, dass er ja gar keiner sei, er dächte nur an ihr Wohl. Die anderen würden sie doch nur ausnehmen.
Das stimmte, denn sobald sie ein wenig Geld in der Tasche hatten, waren sie spendabel. Alles trank mit, aber wenn sie dann blank waren, warf man sie hinaus.
Anke und Lola waren die ersten Mädchen, die für ihn standen. Das waren also pro Nacht tausend Mark. Essen und Trinken für die beiden fiel so nebenbei ab. Und das Zimmer oben unter dem Dach stand ohnehin leer. Heute Morgen hatte er zwei Feldbetten, einen Schrank und zwei Stühle hinaufgeschafft. Dabei hatte er festgestellt, dass noch Platz für zwei Betten vorhanden war. Er würde also neben der Kneipe ein sehr lukratives Geschäft aufziehen. Sein Traum waren Bars mit viel Plüsch, und darin durften nur die Stardirnen arbeiten. Natürlich mussten sie für ihn anschaffen. Oder zumindest behielt er einen beträchtlichen Teil ihrer Einnahmen einfach ein.
Der Krieg war schon lange vergessen. An allen Ecken und Enden wurde wieder aufgebaut, und bald würde der Augenblick kommen, wo die Männer wieder so viel verdienten, dass sie sich ihre Späßchen leisten konnten. Und dann musste er, Albert, da sein. Er würde diese Marktlücke schließen und dabei steinreich werden.