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Gutes Klima

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Naturnah arbeiten mittlerweile viele Winzer. Doch für die Klimabilanz – also für wirklich nachhaltigen Wein – sind ganz andere Stellschrauben entscheidend.


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Es ist einer der letzten Lesetage, als an diesem Septembermorgen der Traubenwagen auf den Hof von Sven Ellwanger fährt. „Die Lese wird immer früher. Als ich angefangen habe, war es normal, bis Ende Oktober zu lesen“, sagt Ellwanger. Die Weingüter beobachten den Klimawandel direkt: Die Mostgewichte werden höher, die Aromatik wird üppiger. Auf den Lehrplänen der Weinbauschulen finden sich neue Krankheiten genauso wie ursprünglich südeuropäische Rebsorten, die mittlerweile auch hier reifen. Doch die Umwelt ist nicht nur von den Konsequenzen des Klimawandels betroffen. Rund ein Kilo CO2 fällt in Deutschland für jeden Liter Wein an, bis er ins Glas kommt. Zum Vergleich: Bei der Herstellung von Bier werden rund 450 Gramm CO2 pro Liter ausgestoßen, bei Apfelsaft sogar nur 300 Gramm. Denn in der Weinproduktion wird mehr Land für geringeren Ertrag bewirtschaftet, der Betrieb braucht mehr Energie und die Logistik benötigt mehr Ressourcen.

Das Weingut Ellwanger weiß genau, wo wieviel Treibhausgas entsteht, denn die Württemberger ermitteln ihren CO2-Abdruck. Dafür wandten sie sich an das Deutsche Institut für Nachhaltige Entwicklung (DINE). Die Heilbronner Wissenschaftler sind auf Klimabilanzen im Weinbau spezialisiert und schickten einen seitenlangen Fragebogen. Welche Pflanzenschutzmittel werden ausgebracht? Wie viele Mitarbeiter kommen wie zur Arbeit? Wie sind die Gebäude saniert? „Wir ermitteln alle Material- und Energieflüsse des Weinguts und errechnen dann für jeden Faktor den entsprechenden CO2-Ausstoß“, sagt die Agrarwissenschaftlerin Helena Ponstein. Schon wenige Wochen später bekamen Ellwangers ihre Auswertung: „Da waren große Überraschungen dabei“, erzählt der Winzer. Denn es ist weder der Weinberg noch der Keller, wo die meisten Treibhausgase der Weinbranche entstehen. Sondern die Flasche.


Um Glas herzustellen, wird Sand auf 1600 Grad erhitzt – ein enormer Energieaufwand. Deshalb setzt etwa das Staatsweingut Freiburg auf die Grüne Weinbox (o.r.), also Wein in der Bag-in-Box.

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Um Glas herzustellen, wird Sand auf 1600 Grad erhitzt – ein enormer Energieaufwand. Je schwerer die Flasche, desto gravierender. Wer sich für eine Leichtbauflasche statt für die Standardflasche entscheidet, reduziert den CO2-Ausstoß um elf Prozent. „Der Königsweg ist jedoch das Mehrwegsystem, auch für 0,75-Liter Flaschen. Damit wird der CO2-Fußabdruck um rund ein Drittel reduziert und das ist die größte einzelne Stellschraube im ganzen Lebenszyklus“, sagt Ponstein. Deshalb hat Jürgen Dietrich vom Staatsweingut Meersburg den Anteil der wiederbefüllbaren Flaschen erhöht. Auch das Weingut am Bodensee hat eine Klimabilanz erstellen lassen. „Neben dem Mehrwegsystem versuchen wir den Transport der Weine effizienter zu gestalten“, sagt Dietrich. Früher habe das Weingut viele Bestellungen selbst ausgeliefert, heute beauftragt Dietrich gut ausgelastete Speditionen. Das Weingutsteam konnte den CO2-Ausstoß binnen vier Jahren um 15 Prozent senken.

Auch im Staatsweingut Freiburg wird an der Senkung der CO2-Bilanz getüftelt. Seit drei Jahren gibt es hier die Grüne Weinbox. Denn deutlich ressourcenschonender als die Glasflasche ist die Bag-In-Box – 78 Prozent weniger CO2 wird in ihrer Herstellung ausgestoßen. Außerdem sind sie leichter und platzsparender. „Wir wollten einen Wein, der vom Weinberg bis zum Verbraucher komplett nachhaltig ist“, sagt Betriebsleiter Bernhard Huber. Deshalb befindet sich in den umweltfreundlichen Weinverpackungen nicht irgendein Wein, sondern die PiWi-Linien des Betriebs. „Es steht außer Frage, dass pilztolerante Sorten ökologisch vorteilhaft sind. Wir können hier chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel minimieren und haben insgesamt weniger Energieaufwand im Weinberg“, sagt Huber. Allerdings haben die Piwis einen Nachteil: die Hemmschwelle des Marktes. Die neuen Namen sind nicht geläufig und sorgen – genau wie Leichtbauflaschen oder Weinboxen – für Skepsis.

„Doch abwarten und nichts tun ist keine Lösung. Alles, was wir selbst bewegen können, machen wir“, sagt Ellwanger. Die Schwaben haben mittlerweile eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und den Betrieb auf Pelletheizungen umgestellt. Den verbleibenden CO2-Ausstoß gleicht die Familie durch Aufforstungsprojekte aus. So gehören Ellwangers und sowie das Meersburger Staatsweingut zu drei Betrieben in Deutschland, die als klimaneutral zertifiziert sind. Auch manche Nachhaltigkeitssiegel haben den CO2-Abdruck in ihren Kriterienkatalog aufgenommen – so ist die Klimabilanz etwa bei Fair’n Green oder bei FairChoice eine Pflicht, bei Letzterem machen auch Ellwangers mit. Aus Sicht des Winzers lohnt sich das nicht nur für die Umwelt: „Seit wir die Weinberge nur noch minimal und organisch düngen und seit wir auf die Kühlung im Keller verzichten, ist auch unsere Weinqualität besser geworden.“

Katharina Matheis



Gebündelter Transport statt Einzelauslieferung von Kundenbestellungen: Auch so lässt sich der CO2-Fußabdruck senken.

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