Читать книгу Moderne Geister - Георг Брандес - Страница 16

Max Klinger.
(1882.)
IV

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Ja, Klinger ist Dichter, ein naturanbetender, unberechenbar phantastischer Poet, der mit der Radirnadel und dem Pinsel dichtet. Er malt z. B. eine südliche Landschaft mit heiterer Luft, im Hintergrunde das Meer; ein Strauch voll rother Rosen zur Linken; eine junge, nackte weibliche Gestalt mit einem Rosenkranz um die Stirn liegt ausgestreckt auf dem feinen, weissen Sand und stützt sich auf den Ellbogen. Von rechts nähern sich mit steifer Gravität zuerst ein feuerrother Flamingo, dann in einiger Entfernung zwei grosse, barocke, breitschnäblige Vögel, die der Schönheit ihre Huldigung darzubringen scheinen. Das ebenso vorzüglich erfundene wie schlecht gemalte Bild trägt die Aufschrift: „Deputation“. Oder er zeichnet einen Mephistopheles, der, in Faust's Mantel gehüllt, auf den Besuch des Studenten wartet. Nicht eine Spur von dem traditionellen Mephisto-Typus ist zurückgeblieben. Aber wie ist dies schöne, kluge Gesicht unter dem Barett überlegen, raffinirt, in jeder Fiber von Hohn durchzuckt; eine vampyrische Wollust ist in diesen Zügen. Der grosse Spötter schlägt den warmen Pelzmantel um sich, als ob er friere. Es ist der blutlose Vampyr, der erfahrene Weltmann, der auf die vollblütige Unbedeutendheit, die unheilige Einfalt von der Schule wie auf seine sichere Beute wartet.

Die letzte Reihe von Radirungen, die Klinger herausgegeben, scheinen mir den Höhepunkt dessen zu bezeichnen, was er erreicht hat; sie haben nur ein einziges misslungenes Blatt aufzuweisen und übertreffen an Reife alles frühere. Der Titel ist „Eva und die Zukunft“. Es sind 6 Blätter. Eva erwacht neugeschaffen in einem Paradiesgarten, der durch die Ueppigkeit seiner Vegetation an den Garten in Zola's „La faute de l'abbé Mouret“ erinnert. Das nächste Blatt „Die Zukunft“ zeigt einen schmalen Bergpfad zwischen zwei nackten, senkrechten Klippenwänden, der emporführt; und zu oberst, wo wir Evasöhne und Evatöchter alle vorbei müssen, wenn wir überhaupt vorbei kommen, – hockt, auf die Vordertatzen gestützt, mit granitener Ruhe ein Riesentieger und wartet, wartet wie das unvermeidliche Entsetzen, das Jedem vorbehalten ist. Das nächste Blatt „Die Schlange“ stellt Eva nackt dar, wie sie sich brüstet und auf den Zehen erhebt, um ihr Gesicht besser im Spiegel sehen zu können, den die Schlange vom Baume der Erkenntniss ihr entgegenhält. Dies Blatt gefällt mir am wenigsten; aber „Die Zukunft“, die das Seitenstück zu „Die Schlange“ bildet, ist um so viel interessanter. Es wirkt durch etwas unaussprechlich Stimmungsvolles: ein Dämon, der Dämon aller Versuchungen, fliesst mit einer Harpune in der Hand, seltsam lächelnd, auf dem Rücken eines Delphins an dem Beschauer vorüber. Die beiden letzten Blätter sind in hohem Grade fesselnd. Das eine stellt die Vertreibung Adam's und Eva's aus dem Paradiese vor und ist betitelt „Adam“; im Hintergrund des Gartens reiche Laubbäume und der durch ein primitives Portal von hohen, unbehauenen Steinen, doch ohne Thorbogen, bezeichnete Ausgang. Im Vordergrund Adam, der Eva auf seinen Armen hinausträgt in die Welt der steinernen Wirklichkeit. Man braucht nur angesichts dieser Radirung einen Namen zu nennen wie Gustave Doré, um die ursprüngliche Frische Klinger's recht augenfällig zu machen; er ist ebenso echt und ursprünglich, wie der Franzose allmälig conventionell und theatralisch geworden ist. „Die Zukunft“, die das Gegenstück zu diesem Blatte bildet, wird Niemand, der sie sah, so leicht vergessen! Jean Paul gebraucht irgendwo von dem Tod den Ausdruck „der Pflasterer“. Dieser Ausdruck gab Klinger, die Idee zu einem Bilde in mittelalterlichem Geist, auf dem man den Knochenmann erblickt, ein Gewimmel von schreckgelähmten Häuptern, die aus der Erde ragen, unter sich; und während sich die sonderbaren Klauen seiner Füsse in die Haare einiger Köpfe verwickeln und er ein Geheul des Entzückens anstimmt, schwingt er seine kräftige Pflasterersjungfrau hoch in seinen Armen und lässt sie mit Wonne auf die Hirnschalen hinabfallen.

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