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Robert Stolz und der Gerichtsvollzieher
ОглавлениеRobert Stolz litt in den zwanziger Jahren unter akuter Geldnot, war er doch mit seinem Operettentheater in der Wiener Annagasse pleite gegangen. Das einzige, das er noch besaß, war eine goldene Taschenuhr, und um wenigstens die zu retten, wandte er den folgenden – uns von Marcel Prawy überlieferten – Trick an: Wann immer der Gerichtsvollzieher Navratil kam, und das war in diesen Tagen oft der Fall, wanderte die goldene Uhr vom Nachtkastl des Komponisten auf das seines besten Freundes Otto Hein, mit dem er ein schäbiges Untermietzimmer teilte.
Das Ritual war immer dasselbe: Navratil läutete, Stolz wußte, daß der »Kuckuck« drohte, und die Uhr wurde auf Ottos Nachttisch plaziert. Der Gerichtsvollzieher betrat das Zimmer, lächelte wohlwollend und sagte: »Ich seh’ schon, Herr Stolz, Ihr Nachtkastl is’ leer, bei Ihnen is’ nix zu pfänden.« Und ging wieder.
Eines Tages war Navratil wieder da. Die Uhr wanderte, Robert Stolz schaute unschuldig – doch der Herr Gerichtsvollzieher ging diesmal schnurstracks auf Otto Heins Nachtkastl zu. Und nahm die Uhr an sich.
»Was ist los, um Gottes Willen?« protestierte der fassungslose Robert Stolz.
»Regen S’ Ihna net auf«, sagte Herr Navratil, »heut’ pfänd’ ich den Hein!«
Sprach’s, steckte die Uhr ein und ging. Stolz war um seinen letzten Wertgegenstand gekommen.
Bald übrigens nicht nur um diesen. Freund Hein nahm ihm noch etwas ab: Seine damalige (zweite) Ehefrau Franzi Ressel ging mit dem Zimmergenossen des Komponisten auf und davon.