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DER SCHÖNSTE BUB VON KLOSTERNEUBURG O. W. Fischer
Klosterneuburg,
Martinstraße 53

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Wenn man den Filmstar auf seine Wiener Herkunft ansprach, korrigierte er stets: »Ich bin kein Wiener, ich bin Klosterneuburger!« Tatsächlich war Otto Wilhelm Fischer am 1. April 1915 in der Babenbergerstadt zur Welt gekommen und daselbst als »schönster Bub von Klosterneuburg« bezeichnet worden. Sein Vater, der k. u. k. Hofrat Dr. Franz Fischer, besaß ein kleines Haus in der Martinstraße, »in dem ein Zuckerbäcker seinen Laden hatte, bei dem wir Schaumrollen und einen kleinen Mokka nahmen«.

Den Gymnasiasten faszinierte der alte Stadtkern, in dem »die Schlosser und Gerber immer noch wie im Mittelalter in ihren Höhlen hämmerten«. Ottos erster Flirt hieß Betty und hatte, wie er sich später erinnerte, wuscheliges Haar.

Nach der Matura übersiedelte er nach Wien, absolvierte das Reinhardtseminar, hatte seine ersten Auftritte an der Josefstadt und am Burgtheater. Und dann war er nahe dran, eine Karriere zu machen, die ihn weit über den deutschen Sprachraum hinaus geführt hätte. Aber er stand sich selbst im Weg. Ein Hollywoodproduzent hatte den als schwierig geltenden Schauspieler in die amerikanische Filmmetropole geholt, wo es zum Debakel kam.

Der Charmeur reiste im Jänner 1957 mit gigantischem Medienrummel in die USA, um in dem Film My Man Godfrey die Titelrolle zu spielen. Sein Vertrag mit Universal Pictures sah vor, dass er für diesen und einen weiteren Film die sensationelle Gage von 250 000 Dollar bekommen sollte. Doch Fischer missfiel das Drehbuch, und so verfasste er eine neue Version, die wiederum vom Regisseur Henry Koster abgelehnt wurde.

Weitere Probleme folgten. O. W. Fischer sollte einen aus Wien stammenden Seemann spielen, der in New York als Butler arbeitet. Als er mit Maßanzug und Steirerhut am Set erschien, entgegnete der Regisseur: »Ein Seemann trägt weder Maßanzug noch Trachtenhut.« Doch Fischer bestand auf diese Adjustierung. Koster, ein gebürtiger Berliner, hatte »vom ersten Tag an das Gefühl, dass er einen Film für Österreich machen wollte und nicht für Amerika«. So sagte er stets »Tante Lotterl« statt »Tante Charlott«.

Fischer wurde zum Produktionschef gerufen, der ihm klarmachte, dass er den Anweisungen des Regisseurs zu folgen hätte, doch es half nichts. Wenn Koster »Komm langsam bei der Tür herein« sagte, dann kam Fischer schnell. Einmal ging er auf Zehenspitzen, weil ein Butler seiner Ansicht nach auf Zehenspitzen geht. Koster hatte »seit zwanzig Jahren einen Butler, aber der ist nie auf Zehenspitzen gegangen, warum auch«.

Es gab tausend Reibereien. Eva Gabor sollte weinen. Da Fischer die Szene anders spielte als vorgesehen, musste sie siebzehn Mal gedreht werden, bis sie nicht mehr weinen konnte und der Drehtag verloren war. »Nachher, in der Garderobe«, erinnerte sich Koster, »weinte sie dann wirklich – aus Verzweiflung.«

Die Crew wurde immer nervöser. Als sich am sechzehnten Drehtag ein Schauspieler weigerte, mit Fischer weiterzuarbeiten, wurde er von Universal Pictures zurück nach Wien geschickt. Die mit Fischer gedrehten Szenen wurden vernichtet, David Niven übernahm die Rolle.

Eine Hollywoodkarriere war beendet, noch ehe sie begonnen hatte. O. W. Fischer drehte wieder in Berlin, München und Wien.

Einmal noch, im Jahre 1960, kehrte er heim nach Klosterneuburg, um sich an die Tage der Kindheit zu erinnern. Die letzten Jahrzehnte verbrachte er zurückgezogen in seinem Landhaus im Tessin.

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