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DIE WIENER WOHNSITZE DES WELTSTARS Curd Jürgens
Wien 1., Franziskanerplatz 6

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Er war Weltstar und Weltbürger. Und doch hatte er in keiner anderen Stadt so viele Wohnsitze wie in Wien. Im März 1938 ist er erstmals hierher gezogen. Kaum jemand nahm Notiz davon, denn der 22-jährige Schauspieler war noch vollkommen unbekannt. Ein paar Tage nach ihm marschierte Adolf Hitler in Wien ein.

Curd Jürgens übernahm am Deutschen Volkstheater kleinere Liebhaberrollen. Und bezog seine erste Wohnung gleich an bester Adresse. »Zwei reizende Zimmer am Ring über dem Café Landtmann«, schreibt er in seinen Memoiren. Er stand vor dem Hotel Imperial und sah »zum ersten Mal Hitler, im Wagen stehend, mal schlaff, mit angewinkeltem Ellbogen, mal steif mit ausgestrecktem Arm den ›deutschen Gruß‹ vollführend«.

Lulu Basler, seine erste Ehefrau, übersiedelte nach Wien, weshalb eine größere Wohnung gesucht und gefunden wurde. Sie lag im neu gebauten Hochhaus in der Herrengasse 6. »Ich hatte vom zehnten Stock einen wunderschönen Blick über Wien«, erinnerte er sich später. Die Freude ließ nach, als ihm bei der Einweihungsfeier ein Kollege zuflüsterte, dass in eben dieser Wohnung bis vor kurzem der Schauspieler Hans Jaray gewohnt hatte, der – von den Nazis vertrieben – nach Amerika geflohen war.

Als er 1941 ans Burgtheater ging, erhielt Curd Jürgens im Palais Anday in der Josefstädter Krotenthallergasse 8 ein Dienstquartier. Nach dem Scheitern der Ehe mit Lulu Basler wurde Judith Holzmeister 1944 zur zweiten Frau Jürgens.

Das junge Glück erhielt von der Gemeinde Wien einen auf 99 Jahre befristeten Pachtgrund in der Grinzinger Straße 6. Praktischerweise war der Vater seiner Frau ein weltberühmter Architekt. »Der alte Holzmeister zeichnet die Pläne für ein Häuschen in Grinzing. Ein scheußliches Haus«, beklagte sich Curd Jürgens, »Holzmeister kann Kirchen bauen, aber kein Wohnhaus für lufthungrige junge Menschen. Seine Tiroler Heimat schlägt durch: Statt Fenster Schießscharten, statt eines großzügigen Wohnraums verschachtelte Kämmerchen wie auf einer Skihütte in Kitzbühel. Das weit vorgezogene Schleppdach soll wohl vor Lawinen schützen, aber es sieht aus wie die Mütze eines besoffenen Grinzinger Heurigenbesuchers.«

Die Ehe hielt keine 99 Jahre, weshalb Curd Jürgens nicht nur Judith Holzmeister, sondern auch das Haus in Grinzing lange vor Auslaufen des Pachtvertrags verließ. Er wohnte vorübergehend als Untermieter in der Pressgasse, ehe er aus Wien wegging, um Weltkarriere zu machen. Jürgens zog nach Frankreich und heiratete 1958 – nach einjährigem Zwischenspiel mit Eva Bartok – zum vierten Mal: Simone Bicheron.

Ab 1965 wieder am Burgtheater, gab es ein neues Wiener Domizil, und es war wieder ganz nobel. Curd Jürgens erwarb ein Haus am Franziskaner Platz, dessen obersten Stock mit Blick auf die Franziskanerkirche er ausbauen ließ.

Hier blieb er länger als in irgendeiner anderen Wiener Wohnung, aber er baute nie für die Ewigkeit. »Er musste immer wieder ein neues Projekt in Angriff nehmen«, erinnerte sich Margie, die Ehefrau Nummer fünf. Das Haus am Franziskanerplatz wurde verkauft und später vom Malerpaar Helmut Leherb-Lotte Profohs bezogen.

Mit Margie bewohnte er jetzt Nobelherbergen in Saint Paul de Vence an der Côte d’Azur, im Schweizerischen Gstaad, auf den Bahamas und im ehemaligen Schlosspark der Rothschilds in Enzesfeld bei Wien.

Und auch die beiden letzten Adressen waren in Wien. Im Frühjahr 1982 musste er ins Krankenhaus Rudolfstiftung, in dem er am 18. Juni des selben Jahres starb. Seine Ruhe fand er auf dem Zentralfriedhof, Ehrengrab 32C, Nr. 54.

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