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Vom Kaiser bis zum Qualtinger Vorwort

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Die Momente, die »Zwischen den Zeiten« Geschichte schrieben, umspannen im Wesentlichen das Jahrhundert, das zwischen Kaiser Franz Joseph (*1830) und Helmut Qualtinger (*1928) liegt. Dem alten Kaiser ist das erste Kapitel gewidmet, dem legendären Kabarettisten das letzte. Ich beginne hier mit dem Schluss, denn das Qualtinger-Kapitel ist vielleicht das brisanteste, auf jeden Fall das aktuellste. Sein Zustandekommen ist damit zu erklären, dass mir die private Korrespondenz von Qualtingers erster Frau Leomare zugespielt wurde, in der es um nichts anderes geht als um Helmut Qualtinger. Mehr als fünfzig Briefe zeigen ihn in seiner ganzen Vielschichtigkeit, seinem Genie, seinen Problemen mit sich selbst und seinem ewig kindlichen Gemüt. Die Briefe, eine Art Tagebuch, werden hier zum ersten Mal veröffentlicht.

Das Qualtinger-Kapitel erzählt von den Jahren einer Beziehung, von der großen Liebe über eheliche Untreue bis zur Trennung, all das, was den Menschen und Ausnahmekünstler Qualtinger ausmacht. In den Briefen geht es um die fast unerträgliche Anspannung vor Premieren, um Tourneen, Depression und andere Krankheiten, um Alkohol und die immer wiederkehrenden Versuche, davon loszukommen. Leomare schildert aber auch den Selbstmord von Qualtingers engstem Freund Erich Neuberg, der beim Herrn Karl Regie geführt hat. Erwähnt werden Begegnungen mit Erich Kästner, Curd Jürgens, Fritz Kortner und Heimito von Doderer. Die letzten Seiten der Korrespondenz zeigen, dass sich Qualtinger für eine andere Frau, Vera Borek, entscheidet, an deren Seite er mehr als ein Jahrzehnt verbringen wird.

»Ohne Kaiser geht’s nicht I« lautet der Titel des ersten Überkapitels. Dass es auch ohne Kaiser geht, beweisen mehr als hundert Jahre Republik – aber in einem Buch, das sich vorwiegend mit der Geschichte Österreichs beschäftigt, geht’s eben doch nicht ohne Monarchen. Das erste Kaiser-Kapitel behandelt »Das Testament des Kaisers«. Das zu seinem Todeszeitpunkt gültige Exemplar stammt aus dem Jahr 1901 und gibt detailliert Auskunft darüber, wem Franz Joseph sein großes in Wertpapieren und Barschaften angelegtes Vermögen, seine Schlösser und Anwesen hinterließ.

»Keine zweite Frau für Franz Joseph« handelt davon, dass es nach dem Tod seiner »Sisi« bei Hof intensive Bestrebungen gab, den Kaiser noch einmal zu verheiraten. Es ist interessant, wer da aller zur Wahl stand und dass fast alle »Kandidatinnen« aus der nahen Verwandtschaft stammten. Aber der Kaiser hatte offensichtlich kein Interesse an den Versuchen, ihn zu verkuppeln.

Das Kapitel »Die Erzherzogin, die ihre Schwägerin liebte« begibt sich »Zwischen den Zeiten« doch noch weiter zurück, nämlich ins 18. Jahrhundert, in dem Kaiser Joseph II. mit seiner Frau Isabella lebte. Doch sie liebte weniger ihren Mann als ihre Schwägerin Marie Christine. Auch hier liegt eine intime Korrespondenz vor, die Zeugnis von einer großen Leidenschaft ablegt: »Ich kann an nichts anderes denken, als an die Liebe zu Dir«, schreibt Isabella an Marie Christine. »Ich liebe Dich wie eine Wahnsinnige.«

Es folgt eine Mischung weiterer historischer Kurzgeschichten mit dem Übertitel »Kriminelles«. Da ist von einer Gräfin die Rede, die mehr als sechshundert Menschen auf dem Gewissen hat. Es geht um einen Frauenmörder, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts mittels Heiratsinseraten an seine Opfer herankam. Die Wienerin Martha Marek tötete Menschen, die sie vorher dazu gebracht hatte, Testamente zu ihren Gunsten aufzusetzen. Weitere Kapitel handeln von einem Eifersuchtsattentat im Wiener Konzerthaus und dem Mord an der Tochter des berühmten Operettenkomponisten Emmerich Kálmán.

»Zur Erholung« wird dem Leser in den darauffolgenden Kapiteln leicht Verdauliches – ohne jegliches Blutvergießen – geboten. Das Überkapitel »Im Kaffeehaus und in anderen Lokalitäten« erzählt von den einst 29 Wiener Ringstraßencafés, von denen gerade noch vier übrig geblieben sind, weiters von der österreichischen Gasthauskultur und der sehr Wienerischen »Sperrstund’«. In »Witz, Humor und Anekdoten« darf gelacht werden, unter anderem über die größte Witzesammlung der Welt, die sich in Österreich befindet. Über »Straßen, Gegenden und Gebäude« gelangen wir zu den sehr wienerischen Berufen wie Hausmeister, Trafikant und Friseur.

Um die Themen, die von der Monarchie und ihren Repräsentanten erzählen, ein wenig aufzuteilen, habe ich etwa zur Mitte des Buches das Überkapitel »Ohne Kaiser geht’s nicht II« platziert. Darin wird Kaiserin Elisabeth als weltweit beste Reiterin ihrer Zeit vorgestellt, wir begeben uns in Franz Josephs Jagdschloss Mürzsteg und lernen den einzig unbekannten Bruder des Kaisers kennen: Erzherzog Karl Ludwig, der in der Geschichte Österreich-Ungarns eine größere Rolle spielte, als man gemeinhin annimmt.

Mit »Unsere Nachbarn« sind die Deutschen gemeint, über die wir erfahren, wie sie zu »Piefkes« wurden. Oder dass Bayernkönig Ludwig I. der Tänzerin Lola Montez dermaßen verfallen war, dass er ihretwegen auf den Thron verzichten musste und für den Rest seines Lebens ein gebrochener Mann war. Und man liest, wie es zu den gefälschten »Hitler-Tagebüchern« kam.

Auch der Tod darf in einem österreichischen Geschichten- und Geschichtsbuch nicht fehlen. In »Letzte Ruhe« werden die letzten Worte historischer Persönlichkeiten und der Diebstahl »prominenter Leichen« geschildert. Es werden aber auch »Habsburgs letzte Ruhestätte« und die Ehrengräber am Wiener Zentralfriedhof vorgestellt.

Unter »Zeitzeugen« firmieren Kurt Schuschnigg jun., der Sohn des letzten Bundeskanzlers in der Ersten Republik, die Schauspielerin Liane Haid und Gustav Klimts Schwiegertochter, die heute, mehr als hundert Jahre nach dem Tod des Malers, in Wien lebt.

In »Adel verpflichtet« beschreibe ich drei aristokratische Familien: die Schwarzenbergs, die Liechtensteins und die seit eineinhalb Jahrhunderten im österreichischen Exil lebenden Prinzen von Hannover, deren Vorfahren einst britische Könige waren.

»Literarisches« heißt ein weiteres Überkapitel, in dem wir Casanova, Nestroy, der taubblinden Helen Keller und anderen Schriftstellern begegnen. »Musikalisches« erzählt die Geschichte der Stradivari-Geigen und das Leben von Joseph Lanner, der zwar den Dreivierteltakt erfunden, aber sein Leben im Schatten der Strauss-Dynastie verbracht hat. Und ich statte dem Schlössl, in dem Franz Lehár viele Jahre lebte, einen Besuch ab.

Danach heißt’s »Ohne Kaiser geht’s nicht III«, mit einer Schilderung mehrerer Horror-Weihnachtsfeste in der Hofburg. Und: Wie Otto von Habsburg seine wichtigsten Ahnen einschätzte. Zu guter Letzt sind wir dann bei dem erwähnten Qualtinger-Kapitel angelangt.

Festhalten möchte ich, dass dieses Buch in der vorliegenden Form nicht erschienen wäre, wäre mir nicht meine Frau Daniela mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Es ist, wie viele meiner Bücher, in Gesprächen mit ihr und im Austausch von Ideen entstanden, sie war und ist es, die mir immer wieder den Weg ebnet, einem Thema nachzugehen, das sich als ergiebig erweisen sollte. Hätte ich manchmal schon aufgegeben, ein neues historisches Detail zu finden, dann war sie es, die mich zur Ausdauer bestärkt hat.

Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, wünsche ich »Zwischen den Zeiten« viel Vergnügen bei der Lektüre dieses Buches.

Georg Markus

Wien, im August 2021

Danksagung

Mein Dank gilt Michael Böhm, Vera Borek, Gabriela Grüll, Otto von Habsburg (†), Anastasia Hacker (†), Liane Haid (†), Thomas Just, Hermine Kreuzer, Christian Qualtinger, Maria Zdislava Röhsner, Christoph Schmetterer, Kurt von Schuschnigg jun. (†), Ursula Ucicky, Peter Weinhäupl sowie Katarzyna Lutecka, Madeleine Pichler und Sophia Coper vom Amalthea Verlag und Dietmar Schmitz.

Zwischen den Zeiten

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