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Sechszehnter Brief.

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Paris, 25. Germinal, Jahr IX. (April 1801.)

„Mancherlei Quälereien und Geschäfte haben mich in Ferrara und in Mailand zurückgehalten, wo ich den General Watrin, einen meiner besten Freunde, vom rechten Flügel, getroffen habe. Dieser hat mir endlich, nicht ohne Mühe, meinen rückständigen Sold verschafft und darauf habe ich mich mit Georg Lafayette auf den Weg gemacht. Wir haben vier Mal umgeworfen, aber trotz der schlechten Wege, der schlechten Pferde, der schlechten Wagen und der Räuber [Es war zu der Zeit, als die Wege in Frankreich durch alle Arten von Raubgesindel unsicher gemacht wurden; durch Chauffeurs und Chouans, die aus allen möglichen Parteien desertirt waren, aber größtentheils aus Royalisten bestand.] sind wir gestern Morgen frisch und gesund in Paris angelangt. Ich habe schon meine Neffen, meinen Onkel und meinen General gesehen und Alle haben mich mit dem lebhaftesten Entzücken begrüßt. Aber meine Freude war nicht rein, denn Du fehltest zu meinem Glücke. Als ich durch die Straße Ville-L'évèque ging, habe ich traurig das Haus betrachtet, in welchem Du nicht mehr bist und mein Herz wurde recht schwer. Es ist mir noch wie ein Traum, daß ich meinem Vaterlande, meiner Mutter und meinen Freunden wiedergegeben bin — ich bin traurig, trotz meines Glücks! Warum ich traurig bin? ich weiß es nicht! Es giebt Empfindungen, die nicht zu erklären sind — aber wahrscheinlich ist es das Verlangen Dich zu sehen.

„Am Morgen meiner Ankunft begab ich mich zum General Dupont; er war nicht zu Hause. Um fünf Uhr ging ich abermals zu ihm und fand ihn mit mehreren andern Generälen bei Tische. Als er mich eintreten sah, stand er auf, um mich zu umarmen, und wir haben uns mit der lebhaftesten Zärtlichkeit und mit Freudenthränen in den Augen an's Herz gedrückt; Morin war außer sich vor Freude. Während des Essens hat sich der General ein Vergnügen daraus gemacht, einige für mich ehrenvolle Begebenheiten mitzutheilen und mein Lob zu verkündigen. Als wir in den Salon zurückkehrten, haben wir uns abermals umarmt — nach soviel Anstrengungen und Gefahren war dieser freundschaftliche Empfang sehr wohlthuend; ich war sprachlos vor Rührung. Zwischen den Waffengefährten besteht doch eine innige Verbindung; man hat tausendmal miteinander dem Tode getrotzt; man hat ihr Blut fließen sehen; man ist ihres Muthes eben so gewiß, als ihrer Freundschaft. Sie sind in Wahrheit unsere Brüder und der Ruhm ist unsere Mutter. Aber es giebt noch eine zärtlichere, gefühlvollere Mutter, die ich noch inniger liebe. Zu ihr wenden sich alle meine Wünsche und ich denke an sie, wenn mein General und meine Freunde sagen, daß sie zufrieden mit mir sind.

„Ich wollte gleich zu Dir eilen, um Dich zu umarmen, aber Beaumont sagte, Du würdest hierher kommen; Pernon hat für Dich eine andere Wohnung, Rue Ville-L'évèque, gefunden, und Pons sagt, daß der Zustand Deiner Finanzen Dir die Reise erlaubt. Aber komm nun schnell, meine liebe Mutter, sonst muß ich Dich holen. Der General will mich übrigens zurückhalten, um mich allen unsern Größen vorzustellen — und nun weiß ich nicht, auf wen ich hören soll. Wenn Du gleich kommen könntest, gingen Glück und Geschäfte Hand in Hand. Antworte mir also gleich, sonst reise ich ab. Wie köstlich ist der Augenblick, in dem wir Alles wiederfinden, was uns theuer ist — Vaterland, Mutter und Freunde! Man glaubt es nicht, man kann es nicht begreifen, wie ich mein Vaterland liebe! So wie man den Werth der Freiheit erst erkennt, wenn man sie verloren hat, so fühlt man die Liebe zum Vaterlande erst, nachdem man fern von ihm gewesen ist. Alle diese Leute in Paris begreifen solche Rede nicht — sie kennen nur die Liebe zum Leben und die Liebe zum Gelde. Ich erkenne den Werth des Lebens, aber nur um Deinetwillen — ich habe so viele Männer an meiner Seite fallen sehen, fast ohne es zu beachten, daß ich den Uebergang vom Leben zum Tode an und für sich als etwas sehr Geringfügiges betrachte. Aber trotz der geringen Sorgfalt, die ich darauf verwendete, habe ich dies Leben erhalten, und wenn ich noch einige Jahre dasselbe dem Dienste Frankreichs gewidmet habe, will ich es Dir vollständig weihen.

„Ich will jetzt die Wohnung besehen, die Pernon für Dich aufgefunden hat, und will sie zu Deiner Ankunft einrichten lassen; ich denke nur an dies! und ich umarme Dich auf das Herzlichste.“

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