Читать книгу Geschichte meines Lebens - George Sand - Страница 62
17. Kapitel. Fortsetzung der Liebesgeschichte. — Schmerzliche Trennung. — Rückkehr nach Paris. — Die "Damen". — Die schöne Welt. — Gunstbezeugungen. — Herr von Vitrolles. — Herr Heckel. — Eugen Beauharnais und Lady Georgina. Erster Brief.
ОглавлениеVon Moritz Dupin an seine Mutter.
Charleville, den 1. Vendémiaire, Jahr XI. (22. Sept. 1802.)
„Der Brief von Dir, den ich soeben erhielt, meine liebe Mutter, giebt mir das Glück vollständig wieder. Du predigst mir Moral und zankst mich ordentlich aus, aber Du thust es mit Deiner mütterlichen Liebe, die ich noch immer besitze, die mir nichts ersetzen könnte und über deren Verlust ich mich niemals zu trösten vermöchte — hörst Du wohl! weil nichts mich dafür entschädigen könnte. Aber trotz Deiner Unzufriedenheit hegst Du für mich immer dieselbe Zärtlichkeit; erhalte sie mir, meine gute Mutter, ich habe nie aufgehört ihrer werth zu sein. Ich will Dir gestehen, daß ich fürchtete, irgend ein neuer lügenhafter Rapport, irgend ein falscher Schein könnte sie für einen Augenblick in Deinem Herzen erkältet haben. Dieser Gedanke verfolgte mich überall; meine Seele war davon bedrückt, mein Schlaf war gestört — nun hast Du mich endlich dem Leben wiedergegeben!
„Und dieser wunderliche Deschartres schreibt mir vor zwei Tagen, daß Du mir vielleicht in langer Zeit nicht schreiben würdest, wegen des Kummers, den ich Dir verursache. Ich habe ihm bewiesen, daß er Unrecht hat und nun rächt er sich, indem er mir Schmerz verursacht, indem er mich an der empfindlichsten Stelle angreift. Trotz seiner vielen guten Eigenschaften ist er doch ein Bär, der uns mit den Krallen zerfleischt, wenn er uns nicht erdrücken kann. Im vergangenen Monate hat er mir ganze Bände geschrieben, um mir mit seiner gewöhnlichen Höflichkeit zu beweisen, daß ich ein ehrloser Mensch und mit Schmutz bedeckt bin — weiter nichts! ein schöner Schlußsatz, würdig der Reden, mit denen er mich regalirte; aber ich vergebe ihm das von Herzen, wegen des Grundes, der seinen Zorn und seinen Eifer erregt. Ich habe auf seinen letzten Brief noch nicht geantwortet, aber ich behalte mir diese kleine Genugthuung vor und sende ihm ein schönes und gutes Gewehr mit zwei Läufen, damit er Dir Rebhühner zu essen geben kann — wenn er nicht zu ungeschickt dazu ist.
„Nein, meine gute Mutter, ich habe niemals meine Existenz von der Deinigen trennen wollen — und wenn ich, wie Du es mir vorwirfst, in den Lagern und Bivouaks ein Säufer und ein Liebhaber schlechter Gesellschaft geworden bin, was ich indessen nicht glaube, so sei wenigstens versichert, daß ich in diesem bewegten Leben meine Liebe für Dich nicht verloren habe. Wenn ich mich ohne Dich zu fragen an Lacuée gewendet habe, um die Rückkehr zu meinem Regimente zu erwirken, so habe ich das gethan, weil die Zeit drängte; ich hätte auf Deine Antwort warten und so die wenigen Tage verlieren müssen, die mir Aussicht auf ein günstiges Resultat gewährten. Jetzt ist Alles vorüber, Lacuée hat mir nicht die geringste Hoffnung gelassen. Nach den neuesten Bestimmungen muß ich bei Dupont bleiben; ich ergebe mich darein und die Freude, die Du darüber empfinden wirst, mildert in etwas meine eigene Unzufriedenheit. ...
„Lebewohl, meine liebe Mutter; sei überzeugt, daß Dein Glück allein das meinige ausmachen kann, und daß es immer vor allen andern Dingen meine Gedanken erfüllt und meine Handlungen leitet. Ich umarme Dich aus voller Seele.
„Mein Gott, wie betrübt mich der Einfall von Minmié ich kann mir das gar nicht vorstellen. Sprich mit ihr über mich, ich bitte Dich darum. [Minmié, das heißt Demoiselle Roumier, die alte Bonne, die er so innig liebte. Kaum hatte sie ihren rückständigen Lohn erhalten, als sie beschloß zu ihren Verwandten zurückzukehren und trotz der gegenseitigen Trennungsschmerzen fühlte sie diesen Vorsatz aus.]
„Und August ist zum Einnehmer der Stadt Paris ernannt! ich gratulire ihm dazu.“