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21. Kapitel. Der Feldzug von 1805. — Briefe meines Vaters an meine Mutter. — Die Schlacht von Haslach. Brief aus Nürnberg. — Große Thaten der Division Gazan und der Division Dupont an den Ufern der Donau. — Brief aus Wien. — Der General Dupont. — Mein Vater erhält das Kreuz, wird Rittmeister und geht in die Linie über. — Die Feldzüge von 1806 und 1807. — Die Fähre von Tilsit. — Rückkehr nach Frankreich. — Reise nach Italien. — Briefe aus Venedig und Mailand. — Ende des Briefwechsels mit meiner Mutter und Anfang meiner eignen Geschichte. Erster Brief.

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Von meinem Vater an meine Mutter.

Hagenau, den 1. Vendemiaire, Jahr XIV. (22. Sept. 1803.)

„Ich komme mit Decouchy hier an, um wie gewöhnlich unserer Division Quartier zu machen. Wir speisen bei dem Marschall Ney und dieser benachrichtigt uns, daß wir ohne abzusatteln noch zwanzig Meilen zu machen und den Rhein zu überschreiten haben, und daß wir erst in Durlach, wo wir mit dem Feinde zusammentreffen, Halt machen dürfen. Nach einem Marsch von hundert und fünfzig Meilen kann uns eine solche Galoppade sämmtlich zu Grunde richten. Aber was thut's, es ist der Befehl. Wenn wir den Rhein überschreiten, nehmen wir noch das erste Husaren-Regiment und viertausend Mann des Großherzogs von Baden unter unser Kommando. Mit unserer Division von zwölftausend Mann werden wir also sehr stark sein und Du sollst von uns reden hören. Ach! meine Geliebte, wenn ich von Dir entfernt bin, sind Getümmel und Schlachten die einzigen Zerstreuungen, denen ich zugänglich bin, denn ohne Dich wird mir jede Freude ein Anlaß zur Traurigkeit, und Alles, was Andre beunruhigt und aufregt, sie also meinem Standpunkte nähert, läßt sie mir erträglicher erscheinen. Ich freue mich innerlich über die verstörten Gesichter vieler Leute, die in Friedenszeiten sehr tapfer und sehr wichtig thun. Die Straßen sind mit Hofwagen bedeckt, in welchen Pagen, Kammerherrn und Laquaien in weißseidnen Strümpfen reisen. Sie mögen sich vor den Kothflecken hüten!

„Wenn ich mich über irgend etwas freuen könnte, so lange ich Dich nicht sehe, glaube ich wirklich, daß ich mit den Erschütterungen zufrieden sein könnte, die sich vorbereiten. Fürchte nur keine Untreue, denn für längere Zeit werde ich nur mit dem männlichen Geschlechte verkehren. Die Herren Oestreicher werden uns Arbeit geben und bei der Art und Weise, wie man uns führt, glaube ich schwerlich, daß uns Zeit bleibt an Uebles zu denken.

„Ich gehe nicht nach Straßburg und werde weder ***, noch ***, noch *** sehen; sie sind nicht die Leute danach mit Flintenkugeln zu verkehren.

„Seit ich Dich verlassen habe, ist mir noch kein Augenblick der Ruhe zu Theil geworden. Seit sechs Nächten habe ich nicht geschlafen und seit acht Tagen habe ich die Kleider nicht gewechselt. Ich mußte immer vorwärts, um Quartier zu bestellen, endlich bin ich total heiser geworden. Nun frage ich Dich aber, ob ich in diesem Zustande und während ich Dich ganz in meinem Herzen trage, bei den Dorfschönen, an denen wir vorüberfahren, den Angenehmen machen kann? Ich hätte viel mehr Ursache unruhig zu sein, wenn ich nicht an Deine Liebe glaubte, und wenn ich nicht wüßte, wie zartfühlend Du bist. Ach! wenn ich erst anfinge eifersüchtig zu sein, würde ich jeden Blick Deiner Augen bewachen und könnte um ein Nichts der elendeste der Menschen werden. Aber fern von mir diese Beleidigung unserer Liebe! Deinen Brief aus Saarburg, mein theures Weib, habe ich erhalten. Er ist liebenswürdig wie Du selbst, und hat mir Leben und Muth zurückgegeben. Wie allerliebst ist unsre Aurora! wie ungeduldig machst Du mich, zurückzukehren, um Euch Beide in meine Arme zu schließen. Ich beschwöre Dich, meine Geliebte, gieb mir oft Nachricht von Dir; adressire Deine Briefe: an Herrn Dupin, Adjutanten des Generals Dupont, Kommandanten der 1. Division des 6. Armeekorps, unter dem Oberbefehl des Marschalls Ney. Auf diese Weise werde ich sie immer erhalten, das Heer mag noch so oft seinen Standpunkt wechseln. Bedenke, theures Weib, daß dies die einzige Freude ist, die ich fern von Dir, inmitten der Mühen dieses Feldzugs genießen kann; erzähle mir von Deiner Liebe, von unserm Kinde; bedenke, daß Du mir das Leben entrissest, wenn Du aufhörtest mich zu lieben: bedenke, daß Du mein Weib bist, daß ich Dich anbete, daß ich das Leben nur Deinetwegen liebe und daß ich es Dir ganz gewidmet habe. Bedenke, daß Nichts in der Welt, außer der Ehre und der Pflicht mich von Dir fern halten könnte; daß ich von Mühen und Entbehrungen umgeben bin, die mir jedoch im Vergleich zu dem Schmerze, von Dir getrennt zu sein, wie Nichts erscheinen. Bedenke, daß nur die Hoffnung, Dich wieder zu finden, mich aufrecht erhält und mich an's Leben fesselt.

„Lebe wohl, geliebte Frau; ich sinke vor Müdigkeit um, aber ich habe ein Bett für diese Nacht! In langer Zeit werde ich keins wieder finden, darum will ich es benutzen und will von Dir träumen. So leb' denn wohl, theure Sophie, wenn es möglich ist, schreibe ich Dir in Durlach. Empfange tausend zärtliche Küsse und gieb unsrer Aurora eben so viele. Sei ohne Besorgniß; ich verstehe mein Handwerk und bin glücklich im Kriege. Das Kreuz und Beförderung stehen mir bevor.

P. S. Wie bist Du darauf gekommen, daß man in Kriegszeiten doppelten Sold erhielte? Es ist ganz das Gegentheil, denn es ist nicht einmal die Rede von der Ankunft des Zahlmeisters. Da wir indessen kein Meer zu überschreiten haben, und da er früher oder später ankommen wird, fürchte nichts für mich, und hebe mir nichts von dem Gelde auf, was Dir meine Mutter geben wird. Schreibe ihr, um sie von Deiner Rückkehr nach Paris zu benachrichtigen.“

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