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Ich darf Rupert am Monitor sehen

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Bevor ich mich auf den Weg ins Krankenhaus mache, stecke ich noch schnell die Stange Zigaretten, die wir am Flughafen gekauft hatten, in meine Handtasche. Mir war gestern aufgefallen, dass der hilfsbereite Mann am Empfang dieselbe Sorte raucht, und ich beschließe, ihm Ruperts Zigaretten zu schenken. Ich will sie nicht mehr sehen!

In diesem Moment steigt eine enorme Wut in mir hoch und es tut gut, etwas zu haben, worauf ich sie richten kann. Ich will die Zigaretten auch für meinen Sohn nicht mitnehmen, sie bringen nur Unglück und Zerstörung!

Auf dem Weg zum Krankenhaus verraucht die Wut langsam. Meine ganze Aufmerksamkeit richtet sich jetzt nur noch darauf, dass ich Rupert gleich wiedersehen werde! Meine Aufregung wächst mit jedem meiner Schritte.

Ich werde mich vor diesen Monitor setzen und die ganze Stunde nur damit verbringen, ihn zu beobachten! Ob er fühlen wird, dass ich da bin?

Ich wechsele ein paar Worte mit dem Portier und überreiche ihm, dankend für seine gestrige Hilfe, die Stange Zigaretten. Dabei erzähle ich ihm von meiner Hoffnung, meinen Mann jetzt sehen zu können. In seinem zustimmenden Lächeln schwingen Verständnis, Mitgefühl und eine unglaubliche Wärme mit.

Ich gehe über die Treppe in den ersten Stock zur Intensivstation. Hier erlebe ich eine ähnliche Situation wie bereits gestern: Vor dem Intensivbereich steht heute eine andere junge Frau, die mir jedoch ebenso erklärt, dass sie kein Englisch verstehe, und ein hilfsbereiter Besucher bietet bereitwillig seine Übersetzung an. Ich erkläre mein Anliegen und werde dann gebeten, einen Moment zu warten. Einige Minuten später winkt mich eine Frau zur Tür und ich trete ein.

Ich befinde mich in einem breiten Gang und vermute, dass dieser in die eine Richtung zu einer Art Ambulanz führt und in die andere zu den Intensivräumen. Aber das ist nur eine Mutmaßung. Ich bekomme in einer Nische einen Stuhl vor eine Wand gestellt, dann wird in dieser eine Luke aufgeschoben. Dahinter befindet sich ein Monitor mit einer Größe von ca. 20 x 20 cm. Ich nehme Platz.

Jetzt unbedingt aufpassen! Ja keine Sekunde versäumen! Gleich kann ich Rupert sehen! Keinen Blick abwenden! Genau hinsehen! Ich muss das alles in mich aufnehmen!

Ich bin so aufgeregt, dass ich meinen Herzschlag fast hören kann, und wage kaum zu atmen. Meine Hände zittern und ich halte sie gegenseitig fest.

Dann erscheint das Bild: Rupert liegt im Bett, die Augen geschlossen, beatmet und verkabelt, die Blutdruckmanschette ordentlich am Oberarm angebracht, ohne Bewusstsein. Die Maschine atmet für ihn.

Ich weiß nicht, was ich zu sehen erwartet hatte, doch jetzt, in diesem Moment, werde ich mit der Realität konfrontiert. Ich möchte schreien!

In diesem Moment weiß ich, dass er sterben wird und ich ihn nicht wiedersehen werde. Es ist nicht nur ein Gefühl. Ich weiß es einfach. Und jetzt lösen sich die Tränen. Ich weiß, dass ich ihn zum letzten Mal lebend sehe. Es ist ein Abschied nehmen.

Während ich gegen das Schluchzen ankämpfe, versuche ich weiterhin, ihn durch den Tränenschleier zu betrachten. Der Schmerz, diesen ansonsten so starken, selbstständigen und selbstbewussten Mann so liegen zu sehen, zerreißt mich fast innerlich.

Er, der Visionär, der ständig neue Projekte plant und in Angriff nimmt, sei es im Verein oder zu Hause.

Er, der Handwerker mit den goldenen Händen.

Mein Mann mit seiner ruhigen und überlegten Art, den ich so sehr brauche. Er ist mein Gegenpol in seinem ganzen Wesen.

Er liegt hier und ist eigentlich schon gar nicht mehr richtig da.

Rupert, das hier willst du nicht. So hilflos und ausgeliefert, beatmet und ohne Bewusstsein. Das ist unwürdig für dich!

Ich halte diesen Schmerz nicht länger aus und drücke unter laufenden Tränen einen Kuss auf meinen Zeigefinger und diesen auf sein Bild am Monitor. Dann stehe ich auf und weiß, dass alles vorbei ist. Es beginnt mich von innen heraus zu schütteln. Weinend verlasse ich die Intensivstation und draußen erlange ich nur langsam meine Fassung wieder.

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