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Der Herzstillstand
ОглавлениеIn Zypern herrscht Linksverkehr. Ich sitze auf dem Beifahrersitz und blicke immer wieder nach hinten.
Wieso fahren wir nicht schneller?
Es scheint alles viel zu langsam zu gehen.
Mein Mann krümmt sich mittlerweile vor Schmerzen und macht mit seinem Bein eine Bewegung, als ob er diesen Wahnsinn wegstoßen wolle. Der Arzt schiebt ihm eine Schmerztablette (wie ich auf Nachfrage erfahre) in den Mund und legt ihm eine Kanüle für eine Infusion, während ich versuche, Rupert gut zuzureden, dass die Tablette sicher bald wirken würde. Vielleicht geht es mir aber auch nur darum, mich selbst zu beruhigen.
Während der gesamten Zeit kann ich bei Rupert keinerlei Angst sehen oder fühlen, dazu sind vermutlich seine Schmerzen viel zu groß.
Im Krankenhaus angekommen, wird in der Aufnahme sofort ein EKG geschrieben. Ich stehe an Ruperts Fußende und meine Hände liegen auf seinen Unterschenkeln, während der neben ihm stehende Arzt mit ernster Miene das EKG betrachtet.
Im selben Augenblick muss ich mit ansehen, wie mein Mann plötzlich seine Augen verdreht und gleichzeitig Kopf und Körper überstreckt, während ein gequälter, unmenschlicher Schrei aus seiner Kehle dringt. Es klingt, als würde ihm jemand seine Seele herausreißen und er mit letzter Kraft dagegen ankämpfen.
Er hat einen Herzstillstand!
Ich will schreien, stehe wie erstarrt und sehe und höre lediglich, wie die Schwester mich wiederholt liebevoll aus dem Raum bittet.
Immer wieder schüttele ich den Kopf, während ich weiterhin seine Beine halte: »I don’t cry, I don’t cry«, stammele ich nur.
Schließlich verlasse ich doch den Raum und setze mich davor auf eine Bank.
»Bitte lass ihn nicht sterben, bitte, bitte!« Immer wieder dieselben Worte. Ich kämpfe gegen meine aufsteigende Panik an.
Endlich öffnet sich die Tür.
Rupert ist intubiert und während zwei Ärzte versuchen, ihn zu reanimieren, wird er gleichzeitig wieder in den Rettungswagen geschoben und ich muss abermals auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Der Fahrer erklärt mir, dass es in diesem Krankenhaus keine Intensivstation gäbe und wir jetzt deshalb auf dem Weg in ein anderes Krankenhaus seien. Während der ganzen Fahrt sehe ich zu, wie mein Mann hinter mir von den zwei Ärzten reanimiert wird und habe dabei das Gefühl, ihn zu verlieren.