Читать книгу Das Pentameron - Giambattista Basile - Страница 8
III
Peruonto
ОглавлениеPeruonto, ein großer Tölpel, geht in den Wald, um ein Bündel Reisig zu schlagen. Er erweist sich liebenswürdig gegenüber drei Jünglingen, die in der Sonne schlafen. Sie verleihen ihm Zauberkraft, und als er von der Königstochter verhöhnt wird, flucht er ihr und wünscht, sie möchte von ihm schwanger werden, was in der Tat geschieht. Als man entdeckt, daß er der Vater der Kinder ist, die sie zur Welt bringt, läßt der König ihn samt der Frau und den Kindern in eine Tonne stecken und ins Meer werfen. Kraft seiner Zaubergabe aber übersteht er die Gefahr, verwandelt sich in einen schönen Jüngling und wird König.
Alle bewiesen ihre große Freude über die Tröstung, die dem armen Prinzen zuteil geworden, und über die Strafe, die den schlimmen Weibern auferlegt worden war. Da aber Menica in der Erzählung fortfahren sollte, verstummte das Geschwätz, und sie begann die folgende Geschichte zu erzählen:
Eine gute Tat geht nie verloren. Wer Freundlichkeiten sät, erntet Wohltaten, und wer Liebenswürdigkeiten pflanzt, heimst Liebe ein. Die Freude, die man einem edlen Herzen macht, ist noch niemals unfruchtbar gewesen, sie erzeugt vielmehr Dankbarkeit und gebiert Belohnung. Das hat man im menschlichen Leben immer wieder erfahren, und ihr werdet es auch bestätigt finden in dem Beispiel, das ich euch nun erzählen will.
Ceccarella, eine wackere Frau aus Casoria, hatte einen Sohn namens Peruonto, und der war der nichtsnutzigste Tagedieb, der größte Tölpel, die prächtigste Schafsnase, die die Natur je hervorgebracht hat. Der unglücklichen Mutter war das Herz darob schwärzer geworden als ein Küchenwischlappen, und sie verfluchte alle Tage die Knie, die jenem Uhu den Weg ins Leben erschlossen hatten, dessen Federn man sich wahrhaftig nicht an den Hut stecken konnte. Aber sie hatte gut reden, rufen und schreien, das arme Weib. Der Faulpelz tat, als hörte er sie nicht, und bequemte sich nicht, ihr auch nur den geringsten Dienst zu erweisen. Nachdem sie ihm tausend Strafpredigten gehalten, ihm tausendmal den Kopf gewaschen und tausendmal erklärte hatte: „Das sage ich dir, und das laß dir gesagt sein“, nach Geschimpfe am Morgen und Gezeter am Abend, schickte sie ihn endlich in den Wald, ein Bündel Holz zu schlagen, indem sie zu ihm sagte: „Lauf schnell und hole das Holz, versäume dich nicht auf dem Wege und komm geschwind wieder, denn wir wollen Carfioli in Öl kochen, vier Stück, um dieses elende Leben weiter fristen zu können.“
Der Faulenzer Peruonto machte sich auf den Weg wie einer, der von den Gerichtsdienern zum Galgen begleitet wird. Er schlich von dannen und machte so vorsichtige Schritte, als ginge er auf Eiern. ,Kommst du heute nicht, kommst du morgen, übermorgen aber ganz sicher‘, so zählte er seine Schritte und schlenderte ganz gemächlich auf das Wäldchen zu. Da traf er mitten auf einem Felde, das ein Flüßchen durcheilte, murmelnd und murrend über die Ungefälligkeit der Kiesel, die ihm den Weg versperrten, drei Jünglinge, die das Gras zu ihrer Matratze und einen Stein zum Kopfkissen gemacht hatten und wie die Toten schliefen, während die Peitsche der Sonne senkrecht auf sie herniederfuhr. Als Peruonto sah, wie sie inmitten dieses glühenden Kalkofens zu einer Wasserquelle geworden waren, wurde er von Mitleid gepackt, so daß er mit dem Beil, das er bei sich führte, ein paar Eichenzweige abhieb, daraus er ihnen ein schönes Laubdach flocht. Da erwachten die drei Jünglinge, die Söhne einer Fee, und aus Dankbarkeit für seine Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit verliehen sie Peruonto die Gabe der Zauberkunst: alles, was er sich wünschte, das sollte sofort Wirklichkeit werden.
Darauf schlug Peruonto den Weg zum Walde ein, wo er ein so gewaltiges Bündel Reisig schlug, daß er einen Karren nötig gehabt hätte, es fortzubewegen. Da er einsah, daß es unmöglich für ihn war, es auf seinen Schultern fortzutragen, setzte er sich rittlings darauf und sprach: „Ach du meine Güte, wenn dieses Bündel mich doch forttrüge wie ein Pferd!“ Und siehe da, das Bündel setzte sich in Bewegung wie ein edles Roß aus Bisignano, und vor dem Königsschlosse angelangt, machte es Volten und Kurbetten, daß die Leute aus dem Staunen nicht herauskamen.
Die Edelfräulein, die an einem Fenster standen und dies wunderbare Schauspiel sahen, liefen hin und holten die Königstochter Vastolla. Die eilte ans Fenster, und als sie die Volten und Sprünge des Reisigbündels sah, brach sie in ein Gelächter aus, so daß man sich nicht erinnern konnte, sie, die melancholischen Gemütes war, jemals so lachen gehört zu haben. Peruonto hob den Kopf, und als er merkte, daß man sich über ihn lustig machte, rief er: „O Vastolla, daß du doch schwanger würdest von diesem Reittier!“ Damit stieß er dem Bündel die Hacken in die Seiten und langte in einem Türkengalopp unter Geschrei und Spottrufen zu Hause an, ein solcher Schwarm Kinder hinter ihm her, daß seine Mutter flugs hinzusprang und die Tür verriegelte, sonst hätten sie ihn mit Zitronen und Kohlstrünken zu Tode gesteinigt.
Vastolla, die zunächst die Monatsröschen vergeblich erwartete und dann von Übelkeit und Erschöpfung des Herzens heimgesucht wurde, merkte bald, daß sie Kinderkorn geschluckt hatte. Soviel sie vermochte, verbarg sie ihren Zustand, schließlich aber konnte sie ihren Bauch nicht mehr verstecken; denn er war aufgegangen wie eine Tonne, so daß auch der königliche Vater entdeckte, was in Wirklichkeit mit ihr los war. Seine Wut kannte keine Grenzen. Er versammelte seine Räte und sprach: „Ihr wißt ja schon, daß der Mond meiner Ehre Hörner angesetzt hat. Ihr wißt bereits, daß meine Tochter zur Niederschrift der Chronik meiner Schmach das hürnene Material für das Schreibzeug geliefert hat. Ihr wißt, daß sie, um mir die Stirn zu belasten, sich den Bauch hat beschweren lassen. Darum sagt und ratet mir! Ich möchte der Meinung sein, daß sie eher ihre Seele aus dem Leibe lassen sollte als einen Sprößling schlechten Herkommens. Mir stände der Sinn danach, sie eher das Weh des Todes als die Wehen der Geburt erleiden zu lassen. Ich möchte meinen, man sollte sie lieber aus dieser Welt gehen lassen, als daß ein Sprößling und Nachkomme aus ihr hervorgehe.“
Die Räte, lauter Männer, die mehr Öl als Wein verbraucht hatten, erwiderten: „Wahrhaftig, sie hat eine schwere Strafe verdient, und aus dem Horne, das sie Euch auf die Stirne gepflanzt, sollte man den Griff des Messers machen, das ihr den Lebensfaden durchschnitte. Trotz alledem, wenn wir sie jetzt töteten, da sie schwanger ist, würde uns der Verwegene durch die zerrissene Masche schlüpfen, der, um Euch in ein Getümmel von Ärger zu stürzen, Euch zur Rechten wie zur Linken mit einem Horne bewaffnet hat. Drum verzieht noch eine Weile, ehe Ihr wie ein gehörnter Held dem Drachen Eurer Schande zu Leibe rückt, bis sie aus dem Hoffen in den Hafen gekommen ist, dann wollen wir entdecken, welcher Art die Wurzel dieser Schmach ist. Dann wollen wir überlegen und cum grano salis beschließen, was mit ihr geschehen soll.“
Der König nahm den Rat an, denn er sah, daß sie mit Scharfsinn und Weisheit gesprochen hatten; darum hielt er seine Hand zurück und sprach: „Warten wir den Ausgang des Handels ab!“
Nach dem Willen des Himmels kam die Stunde der Geburt, und nach vier Wehen, ganz leichten und zarten, und nachdem sie nur einmal an dem Fläschchen gerochen, das ihr die Wehmutter an die Nase hielt, ja, bei ihrem ersten Zuspruch und dem ersten Pressen des Leibes, warf Vastolla der Gevatterin zwei stramme Söhne in den Schoß, die sich glichen wie ein Ei dem anderen.
Der König, der auch schwanger ging, und zwar mit seiner Wut, rief seine Räte zusammen, um seinerseits sich ins Kindbett zu legen, und sprach: „Also, meine Tochter hat geboren, nun ist es Zeit, den Schlag zu führen.“ — „Nein“, erwiderten die weisen Alten, denn sie hatten immer wieder einen neuen Einwand zur Hand, um Zeit zu gewinnen. „Nein, wir wollen warten, bis die Kinder groß und imstande sind, das Gesicht des Vaters herauszufinden.“ Der König, der keine Zeile schrieb, ohne das Linienblatt des Rates zu benutzen, aus Furcht, schief zu schreiben, zuckte die Achseln, faßte sich in Geduld und wartete.
Als die Söhne ihr siebtes Lebensjahr erreicht hatten, drang er aufs neue in die Räte, nun die Axt an den Stamm zu legen und an der richtigen Stelle zuzuschlagen. Einer von ihnen jedoch gab folgenden Rat: „Da Ihr Eurer Tochter weder habt auf den Grund des Herzens schauen noch sie zum Reden bringen können über den Falschmünzer, der die Krone auf Eurem Bilde verschandelt hat, müssen wir den Schandfleck ans Licht bringen. Es möge Euch daher gefallen, ein großes Gastmahl anrichten zu lassen, zu dem jeder Würdenträger und Edelmann dieser Stadt zu erscheinen hat. Dann laßt uns wachsam sein und aufpassen wie die Luchse, wem die Kinder, von der Natur getrieben, sich am willigsten zuneigen werden. Denn der wird ohne Zweifel der Vater sein, und wir werden ihn im Handumdrehen fortschaffen wie Elsterndreck.“
Der Rat gefiel dem König. So ordnete er denn das Bankett an und lud alle Personen von Rang und Stand dazu ein. Nach dem Mahle wurden sie in einer Reihe aufgestellt, und man ließ die Kinder an ihnen vorbeigehen. Sie aber machten nicht das geringste Aufheben von ihnen, so daß der König vor Wut schäumte und sich die Lippen biß, und obschon ihm doch kein Schuhanzieher aus Horn fehlte, stampfte er mit den Füßen auf die Erde, denn der enge Schuh drückte gar zu schmerzlich. Weswegen die Ratgeber zu ihm sprachen: „Langsam, Majestät, zügelt Euren Zorn, wir wollen morgen ein anderes Bankett veranstalten, und zwar nicht mit den Herrschaften von Geblüt, sondern mit der Hefe der Bevölkerung. Da ja das Weib sich immer an das Schlechteste hängt, entdecken wir vielleicht unter den Messerschmieden, den Paternosterhändlern und den Kammverkäufern die Ursache Eures Zornes, die wir unter den Kavalieren nicht gefunden haben.“
Dieser Rat leuchtete dem König ein, und er befahl, das zweite Bankett zu veranstalten. Auf die Bekanntmachung hin kamen sie alle: die Zerlumpten, die Schelme, die Fresser und Säufer, die Liederjane und Galgenvögel, die Eckensteher, Lastträger, die Hundefänger und armen Teufel, die Menschen im Lederschurz und in Holzpantinen, kurzum, das ganze Gesindel und Lumpenpack der Stadt. Und wie die Grafen setzten sie sich an einen riesenlangen Tisch und begannen sich die Bäuche mit beiden Fäusten vollzuschlagen. Als nun Ceccarella von dieser Aufforderung hörte, lag sie ihrem Sohne in den Ohren, er solle doch auch zu dem Feste gehen, und sie hörte nicht auf, ihn zu drängen, bis er sich zur Abfütterung begab. Kaum aber war er dort erschienen, da sprangen die schönen Kinder auf ihn zu, hängten sich an ihn wie die Kletten und herzten und küßten ihn, daß man es gar nicht beschreiben kann.
Als der König dieses Schauspiel sah, riß er sich den ganzen Bart aus, denn nun war ihm klar, daß das große Los und die Bohne in dem Kuchen einem häßlichen Bauernflegel zugefallen war, bei dessen Anblick sich einem der Magen schon umdrehte, denn den Kopf hatte er voll schwarzer Wolle, Augen wie eine Eule, eine Nase wie ein Papagei, ein Maul wie ein Affe; dazu trug er weder Schuhe noch Strümpfe und war so zerlumpt, daß man nicht die „Geheimnisse“ des Fioravanti zu lesen brauchte, um ihm hinter alle seine Heimlichkeiten zu kommen. Ein tiefer Seufzer entfuhr dem König, und er rief: „Welch ein Vergnügen konnte dieses Ferkel von meiner Tochter daran finden, sich in dieses Meerungeheuer zu verlieben? O du Schandweib, o du verblendete Metze, was sind das für Metamorphosen? Eines Schweines wegen wurdest du zur Kuh und machtest so mich zum Hammel! Sie soll die Strafe haben, die sie verdient. Sie soll die Pein erdulden, die ihr verhängt, schafft sie mir aus den Augen, ich kann sie nicht mehr sehen!“
Die Räte traten also zusammen, um den Fall zu erörtern, und sie kamen zu dem Beschluß, daß sowohl sie wie der Übeltäter und die Söhne in ein Faß gesteckt und ins Meer geworfen werden sollten, damit ihrem Leben ein Ende gemacht werde, ohne daß der König seine Hände mit seinem eigenen Blute besudeln müßte. Kaum war der Spruch verkündet, da stand auch schon das Faß bereit, in das sie alle vier eingeschlossen wurden. Ehe man aber den Deckel daraufnagelte, reichten einige Hoffräulein Vastolla ein Fäßchen mit gedörrten Trauben und trockenen Feigen hinein, damit die Unglücklichen sich noch eine kleine Weile am Leben erhalten könnten. Darauf wurde das Faß verschlossen, zum Meere gerollt und hineingeworfen, auf dem es im Treiben des Windes dahinschaukelte.
In dieser Not wandte sich Vastolla, der zwei Sturzbäche von Tränen aus den Augen sprangen, an Peruonto: „Welch großes Unglück hat uns getroffen, daß die Wiege des Bacchus zum Grabe unseres Lebens geworden ist! O wüßte ich doch wenigstens, wer meinen Leib so durcheinander gebracht hat, daß er schließlich in eine Tonne eingesperrt wurde! O weh, da bin ich nun angezapft worden und weiß nicht, von wem! Sag mir, sag mir doch, mit welchem Zauberwort und Zauberstab du es fertiggebracht hast, mich in die Dauben dieses Fasses zu sperren! Sag mir, sag mir doch, welcher Teufel dich versuchte, mir den unsichtbaren Hahn einzusetzen, so daß mir kein anderer Ausweg blieb als das schwarze Spundloch!“
Peruonto, der einen Augenblick die Ohren spitzte wie ein Krämer, erwiderte schließlich: „Soll ich es dir sagen, so gib mir Trauben und Feigen!“ Um ihm etwas aus dem Leibe zu ziehen, steckte Vastolla ihm eine Handvoll von beidem in den Mund. Und nachdem er sich den Schlund gefüllt, erzählte er Punkt für Punkt, was er mit den drei Jünglingen erlebt und dann mit dem Reisigbündel und schließlich mit ihr an dem Fenster, wo sie ihn behandelt hatte wie einen vollen Bauch, wofür er ihr den Bauch habe füllen lassen.
Als das arme Fräulein das hörte, faßte sie sich ein Herz und sagte zu Peruonto: „Mein Brüderchen, sollen wir denn in diesem Faß zugrunde gehen? Warum machst du nicht, daß dieses Holz zu einem schönen Schiffe wird, das uns aus den Gefahren in den sicheren Hafen trägt?“ Peruonto versetzte: „Gib mir Trauben und Feigen, wenn du willst, daß ich es sage!“ Das ließ sich Vastolla nicht zweimal sagen, sondern steckte ihm schnell die Röhre voll, und wie eine Fischerin im Karnevalszug fischte sie ihm mit den gedörrten Trauben und trockenen Feigen die Worte eins nach dem anderen aus dem Munde.
Und siehe, kaum hatte Peruonto gesagt, was Vastolla wünschte, da verwandelte sich das Faß in ein Schiff mit allem zur Seefahrt notwendigen Zubehör und all den Matrosen, die für den Dienst erforderlich waren. Hier sah man einen die Schotten ziehen, dort einen die Wanttaue raffen, dieser legte die Hand ans Steuer, der zog die Segel ein, jener kletterte auf den Mast, der eine schrie „nach Luv!“, der andere „nach Lee!“, dieser blies die Trompete, jener feuerte die Stücke ab, der tat dies, und der tat das. So war denn Vastolla auf einem Schiff, und sie schwamm in einem Meer von Glückseligkeit. Doch es war schon die Stunde nahe, wo der Mond mit der Sonne „wechselt, wechselt das Bäumelein!“ spielen wollte, und darum sagte sie zu Peruonto: „Mein schöner Jüngling, mach doch, daß dieses Schiff zu einem Palaste wird, wo wir sicher weilen können. Kennst du nicht das Sprichwort: ,Lobe das Meer, doch bleib hübsch auf dem Lande‘?“ Und Peruonto wie üblich: „Wenn ich das sagen soll, so gib mir Trauben und Feigen!“ Vastolla reichte ihm flugs das Notwendige, und dieser, so am Halse gekitzelt, sprach das Zauberwort. Und ohne weiteres lief das Schiff am Strande an und verwandelte sich in ein wunderschönes Schloß, mit herrlichen Möbeln überall, und so angefüllt mit allem Prunk und Pomp, daß nichts zu wünschen übrig blieb.
Auf diese Weise geschah es, daß Vastolla, die vorher keinen Pfifferling mehr für ihr Leben gegeben, nicht mehr mit der ersten Dame in der Welt getauscht hätte, denn sie sah sich behandelt und bedient wie eine Königin. Um ihr Glück aber vollends zu besiegeln, bat sie Peruonto, ein Zauberwort zu sprechen, um schön und stattlich zu werden, so daß sie sich vermählen könnten. Nun sagt zwar das Sprichwort: „Besser einen Lumpenkerl zum Ehemann als einen Kaiser zum Freunde.“ Ihr aber wäre es als die größte Seligkeit auf Erden erschienen, wenn er sein Aussehen verändert hätte. Peruonto schlug als Antwort wieder denselben Handel vor: „Gib mir Trauben und Feigen, wenn ich das sagen soll.“ Und Vastolla half prompt der Verstopfung seiner Worte mit einer Feigenkur ab, und er sagte seinen Wunsch, und in einem Augenblicke verwandelte er sich aus einer Krähe in einen Stieglitz, aus einem Waldschrat in einen Narziß, aus einem Scheusal in einen hübschen Burschen. Vastolla fühlte sich vor Freude in den siebten Himmel gehoben, drückte ihn an ihre Brust und verging vor Entzücken.
Mittlerweile war der König seit dem Tage, da ihm solches Unheil widerfahren, immer bis an den Hals voll gewesen von „Laßt mich in Ruhe!“, so daß ihn die Höflinge eines Tages zur Erholung mit auf die Jagd nahmen. Die Jagd führte sie weit, und der König, der jäh von der Nacht überrascht wurde, erblickte plötzlich ein Lichtlein aus dem Fenster eines Schlosses, und er schickte einen Diener aus, um festzustellen, ob man ihm ein Nachtquartier gewähren wolle. Der brachte ihm den Bescheid, er dürfe nicht nur einen Becher, sondern auch einen Nachttopf zerschlagen. Der König ging hin, und durch die Zimmer wandelnd, erblickte er keine Menschenseele, außer zwei Jünglingen, die auf ihn zustürzten und „Opa! Opa!“ riefen. Verwundert, erstaunt und verwirrt blieb er stehen, als ob er verzaubert sei, und als er sich müde an einen Tisch setzte, sah er unsichtbare Hände ein flandrisches Tafeltuch ausbreiten und Schüssel und Teller erscheinen wie beim „Tischlein deck dich!“, und er aß und trank wie ein König, bedient von den beiden schönen Jünglingen, während, solange er an der Tafel sitzenblieb, eine Musik von Lauten und Tamburinen ertönte, die ihm süß bis in die kleine Zehe drang. Als das Mahl beendet war, erschien ein Bett von schäumendem Golde, er ließ sich die Stiefel ausziehen und legte sich schlafen wie auch sein ganzes Gefolge, das an hundert anderen Tafeln, die in den übrigen Zimmern angerichtet standen, sich gütlich getan hatte.
Der Morgen kam, man rüstete zur Abreise, und der König wollte die beiden Jünglinge mitnehmen. Da aber erschien Vastolla mit ihrem Gemahl. Sie warfen sich ihm zu Füßen, baten ihn um Verzeihung und erzählten ihm ihr ganzes Schicksal. Der König, der zwei Enkel bekommen hatte, zwei wahre Edelsteine, und einen Schwiegersohn, schön wie ein Engel, umarmte den einen und die anderen und führte sie mit allen Ehren in die Stadt, wo die Feste tagelang kein Ende nahmen. Und er mußte, ob er wollte oder nicht, gestehen:
Der mensch denkt
und gott lenkt.