Читать книгу Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck - Gisela von Mossen - Страница 108

- Grand Canyon National Park -

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der für diesen Tag auf dem Programm stand, magisch anzog, drehten wir Phönix verhältnismäßig schnell den Rücken, verließen die Wüstenregion in nördlicher Richtung und tauchten ein in dichtes Waldgebiet, ab und zu unterbrochen durch kleine mehr oder minder gepflegte Ortschaften mit den typischen überwiegend weißen niedrigen Holzhäusern, im Ortskern ist die Hauptdurchgangsstraße stets gesäumt von aneinander gereihten kleinen Läden, bunte Reklame, so weit das Auge blickt. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto öfter winkten die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains herüber. Nach dem Eintreffen in der gemütlichen Universitätsstadt Flagstaff, wo wir unsere gewohnte, von uns sehr geschätzte Kuchenpause einlegten, hatten wir etwa 2/3 der 225 Tagesmeilen geschafft (in den USA wird die Entfernung in Meilen angegeben, 1 Meile = 1.609 km) Je weiter wir vorankamen, desto dramatischer gestaltete sich die Landschaft. Mit dem etwa 3.800 m hohen Humphreys Peak nordöstlich von Flagstaff war der höchste Punkt Arizonas erreicht.


Dann endlich lag es vor uns, das fast zum nationalen Heiligtum erhobene Naturwunder, der Grand Canyon, seit 1979 zum Weltnaturerbe der UNESCO gehörend. Wir hatten sofort den nächsten sich uns bietenden Aussichtspunkt am South Rim Drive, eine direkt am Canyonrand entlangführende Straße, den Mather Point, angesteuert, dank der vielen angebotenen Behindertenparkplätze sofort unser Mobi abstellen können und blickten nach ein paar Schritten erschauernd auf das sich uns darbietende grandiose Panorama. Keine noch so faszinierende Beschreibung kann den Besucher auf das Ausmaß der gigantischen Schlucht vorbereiten. Die atemberaubende Weite und Tiefe dieses Canyons, seine unbeschreibliche Schönheit, seine bizarren Formen und Farben, von ockergelb, graublau über Rot in allen Tönen bis Violett in der Sonne leuchtend, ließen uns vor Ehrfurcht erstarren, eine schmerzhafte Gänsehaut zog sich von den Zehenspitzen bis in die Haarwurzeln.

Laut Meinung der meisten Geologen gräbt (fräst) sich der Colorado River seinen gewundenen Weg seit ungefähr 6 Mio. Jahren durch das mehr oder minder harte Gestein und hat im Laufe der Zeit eine klaffende Schlucht von 450 km Länge und 6 bis 29 km Breite geschaffen, bis zu 1.600 m tief fallen die Wände am Südrand hinunter zum sich wie ein dünner Faden dahinschlängelnden Fluss. Er arbeitet heute an etwa 1,8 Mrd. alten Granitschichten, also breitet sich ein unvorstellbarer Abschnitt der Erdgeschichte vor den Augen des überwältigten Besuchers aus.

Nur sehr schwer konnten wir uns losreißen, aber da die Uhr schon 5 p. m. zeigte, wurde es Zeit, sich um einen Platz zu kümmern. Die Campgrounds im Grand Canyon Village waren alle restlos belegt, also zurück zur Haupteinfahrt, dort hatten wir endlich Glück, d. h., was die Stehmöglichkeit anbelangte; der Versuch, einmal wieder zu dumpen, schlug fehl, das was wir schon von Anfang an befürchtet hatten, passierte, der starre Plastikschlauch brach, als wir ihn anschließen wollten. Was jetzt? Es war schon 6.30 p. m., wo sollten wir eine noch offene Werkstatt finden? Wir fanden schon nach kurzer Zeit und auch einen netten Monteur, der sich bereitwillig an die sich als sehr schwierig herausstellende Reparatur machte. Die üblichen Fragen wurden gestellt: „Where are you from and where are you going?“ Dann empfahl er uns einen Film im nahe gelegenen Imax, der stündlich laufen sollte.

Eine halbe Stunde später reihten wir uns in eine unendlich lange Schlange ein, danach musste der Film wirklich gut sein. Obwohl wir keinen Rollstuhl hatten, wurden wir sofort vom netten Personal ganz nach vorne geholt. Das von mir erwartete Gedränge beim Einlass blieb jedoch aus, wir mussten einen langen Gang hinter uns bringen bis zum eigentlichen Eingang, und das dauert bei uns halt ein bisschen länger. Obwohl viel Platz vorhanden war, überholte uns niemand, alle blieben brav hinter uns. Als ich mich umdrehte und eine einladende Geste machte, doch vorbeizugehen, winkte man freundlich ab: „Don’t hurry, it’s time enough!“ Sehr angenehm! Der Film war mehr als lohnenswert, ein Erlebnis besonderer Art. Auf einer überdimensionalen Leinwand wurde zunächst die Entstehungsgeschichte des Grand Canyon gezeigt, das Leben der menschlichen und tierischen Bewohner aus vergangenen Epochen bis in die heutige Zeit. Durch Kameraführung und einen irren Sound fühlten wir uns mitten in das Geschehen versetzt. In der Kanzel eines kleinen Flugzeuges sitzend tauchten wir scheinbar tief in den Canyon ein, berührten fast die steil aufsteigenden Wände, dann brachen wir uns beinahe das Genick bei halsbrecherischer Fahrt auf einem Floß durch die tosenden Stromschnellen des Colorado River. Damit noch nicht genug, zum Schluss stürzten wir uns todesmutig mit einem Drachenflieger über den Canyonrand in den gähnenden Abgrund, ein Aufschrei ging durch das ganze Kino. Wahnsinn!

Dieses Abenteuer hatte uns natürlich sehr hungrig gemacht. Wir steuerten also umgehend ein nettes Restaurant in der Nähe an. Der Wirt entpuppte sich als Deutscher und freute sich, einmal wieder deutsche Laute hören zu können. Oh Wonne, es gab Kasseler mit Sauerkraut und Kartoffelpüree, eine willkommene Abwechslung. Bei dem Dessert konnten wir auch nicht widerstehen, Milchreis mit frischen Früchten, köstlich! Nach solcherlei Genüssen kehrten wir hochzufrieden in mondbeschienener Nacht auf unseren Stehplatz zurück, wo wir schon bald dem nächsten Tag entgegenträumten.


Wieder war Petrus uns wohlgesinnt, die Sonne strahlte nur so vom Himmel bei angenehmen Temperaturen um 20°C. Gegen 9.30 a. m. brachen wir auf und gingen sofort auf den etwa 40 km langen East Rim Drive, nahmen jeden Aussichtspunkt mit. Die bekannteste Aussicht eröffnet sich am Yavapai Point, der Blick geht über das Gewirr der vielfarbigen tausendfach gestuften Felsformationen bis hinüber zum North Rim und tief hinein in die faszinierende Canyonwelt. Natürlich besuchten wir auch das dort befindliche Museum, in dem man Hochinteressantes über die Geologie und die Entstehung des Grand Canyon erfährt und durch die riesigen Panoramascheiben nochmals den überwältigenden Ausblick genießen kann. Das taten wir dann auch vom Yaki Point, die dunkle Granite Gorge im Blickfeld, und vom Grand View Point, der seinen Namen völlig zu Recht trägt, bietet sich doch von dort eines der schönsten Panoramen. Die Straße endet mit dem Desert View, von dem dortigen Aussichtsturm aus öffnete sich uns nach Osten hin ein grandioser Blick auf die Painted Desert, eine wie mit den allerbuntesten Farben bemalte Wüstenregion.


Mit dem Verzehr von Hot Dogs aus dem auf dem Parkplatz aufgebauten Imbissstand hatte die Erde uns endgültig wieder. Schweren Herzens trennten wir uns, fuhren aber weiter durch traumhafte Landschaft, meilenweit ging es auf einsamer Straße vorbei an hoch aufgetürmten Felsmassiven, die typischen Schattierungen von Ocker, dunklem Rot, über Rosa, Violett bis zur gesamten Graupalette leuchteten in der Sonne, sehr dekorativ die eingestreuten dunkelgrünen Pflanzenbüschel. Immer wieder ergaben sich sagenhafte Ausblicke auf die steil aufragenden Ufer des Colorado River, und immer wieder wurde die Kamera gezückt, über 200 herrliche Dias erinnern uns allein an diese Region. Mit dem kleinen Städtchen Page erreichten wir den Lake Powell mit seinem imponierenden Staudamm, das azurblau schimmernde Wasser und die sich darin spiegelnden weiß-rosa Felsen boten abermals eine atemberaubende Kulisse. Und weiter ging es wie gehabt, wir waren einfach überwältigt von der maßlosen Schönheit dieser unberührten Landschaft. Trotzdem mussten wir allmählich an einen passenden Stehplatz denken, der Nachmittag ging langsam zur Neige. Gegen 6 p. m. entdeckten wir in dem kleinen Städtchen Kanab, inzwischen hatten wir die Grenze nach

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