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An diesem Tag versah Ina Bender ihren Dienst so korrekt, dass nur die Einweihten merkten, wie sehr sie sich zusammennehmen musste. Die Patienten ahnten nichts von der inneren Erschütterung dieser Frau. Und auf eine freundliche Bemerkung hin lächelte Ina, dass es wirklich fröhlich wirkte. In Wahrheit hatte sie das Gefühl, in ihr sei alles abgestorben. Manchmal war ihr, als bewege sie sich wie im Traum. Sie glaubte nicht wirklich, sie selbst zu sein. Aber sie tat ihre Pflicht, mühte sich korrekt zu bleiben und fürchtete jeden Augenblick des Alleinseins.

Da an diesem Tage in der Klinik Hochbetrieb war, wurde ihr das zumindest von der Arbeit her leichtgemacht. Sie kam nicht zum Nachdenken, jedenfalls nicht dazu, um sich dessen zu besinnen, was da eigentlich wirklich passiert war.

Mittags arbeitete sie durch. Sie schrieb ihre Berichte, machte ihre Eintragungen und ließ sich nur von einer Schwester ein belegtes Brot machen und ein Glas Saft hinstellen. Ihr Versuch, sich mit Arbeit zu betäuben, hatte zumindest bis zum Nachmittag Erfolg. Aber dann wurde es nun wirklich ruhiger in der Klinik und die Gedanken stürmten auf Ina ein. Furchtbare und verzweifelte Gedanken.

Sie konnte es noch immer nicht fassen, was sich da ereignet hatte. Und in ihrem innersten Innern wollte sie einfach nicht glauben, dass es Bernd nie mehr geben sollte. Nicht mehr das gemeinsame Erlebnis, mit seinem Segelboot zu fahren, nicht mehr diese herrlichen Nächte mit ihm und all die vielen Dinge, die das Leben in Wahrheit erst schönmachten.

Am späten Nachmittag tauchte dann Dr. Heinz Flemming auf, mit dem sie jahrelang intim befreundet gewesen war. Er gab ihr nur die Hand und sagte knapp: „Wenn du mich brauchst, dann sag es.“

Sie wusste, dass er einen anderen Menschen gefunden hatte, der ihm jetzt, so viel bedeutete wie früher einmal Ina. Und deshalb verstand sie, wie er es meinte.

In diesem Augenblick kam die ganze Hoffnungslosigkeit in ihr hoch. Sie hätte zusammensinken und in Tränen zerfließen können. Und doch stand sie straff da, zwang sich sogar zu einem bitteren Lächeln, dankte ihm, wandte sich dann aber rasch ab und er machte nicht den Versuch, auf sie einzureden, sie trösten zu wollen. Er ließ sie gehen und ging selbst in eine andere Richtung.

Auch Gött vermied es, Ina unter vier Augen zu sich zu bitten, um ihr vielleicht etwas Tröstliches zu sagen. Er beließ es dabei, ihr möglichst vor Zeugen diesen oder jenen Hinweis zu geben, der streng dienstlich war und sie ablenken sollte von ihrem Schmerz.

Sogar Kiesewetter, den sie oft für gefühlskalt gehalten hatte, bemühte sich, auf sie Rücksicht zu nehmen. Aber Gött hatte ihm gesagt, er müsse dafür sorgen, dass Ina zu tun bekäme, viel zu tun. Nur das allein könnte ihr helfen. Und Kiesewetter schanzte Ina Arbeit zu, wo es nur ging.

So hatte sie dann vom späten Nachmittag bis zum Dienstschluss wieder sehr zu tun. Schließlich war Zeit für sie, nach Hause zu fahren. Und sie tat es auch. Es gab nichts, was sie noch länger aufhalten konnte.

Zu Hause ging sie sofort in ihr Zimmer. Tante Hilde grüßte sie nur flüchtig. Und sie ging nicht wie sonst zuerst einmal in die Küche oder ins Esszimmer, sondern verschwand sofort in ihrem Zimmer.

Niemand wagte zu ihr zu kommen, um mit ihr zu reden.

Es war für Tante Hilde wie selbstverständlich, dass sie Inas Abendbrot zurechtmachte, ihr aufs Tablett stellte und dann Thomas bat, es ihr nach oben zu bringen.

Thomas klopfte, aber er erhielt keine Antwort. Er öffnete leise die Tür, sah seine Schwester bäuchlings auf ihrem Bett liegen, das Gesicht in die Arme vergraben.

Er stellte das Tablett ab und sagte leise: „Hier ist etwas zu essen für dich, Ina. Wenn du mich brauchst, ich bin nebenan.“ Dann ging er hinaus, ohne eine Antwort erhalten zu haben.

Von Opa bis zu Marie dachten sie alle an Ina, als sie um den Tisch herumsaßen und aßen, während sie oben in ihrem Zimmer lag. Von Thomas wussten sie, wie er sie gefunden hatte. Und Tante Hilde machte sich Sorgen. Alle beschäftigten sich mit dem furchtbaren Gedanken, Ina könnte sich etwas antun wollen.

Aber dann hörten sie sie auf die Toilette gehen und wieder in ihrem Zimmer verschwinden. Jeder Schritt, jeder Laut, der von da oben kam, wurde im ganzen Haus registriert. Manchmal legte Thomas, der mit seiner jungen Frau und der kleinen Tochter direkt neben Inas Zimmer wohnte, das Ohr an die Wand, um zu lauschen, ob er irgendein Lebenszeichen von Ina hören konnte. Es war keine Neugier, es war Sorge um die Schwester.

Manchmal war es so still im Hause an diesem Abend, dass nur das gelegentliche Schreien der kleinen Marie diese absolute Ruhe unterbrach. Die Türen wurden so leise wie möglich geschlossen. Thomas, der sonst wie ein Pferd die Treppen hinuntertrampelte, ging auf Zehenspitzen. Marie fiel es nicht schwer, leise zu sein, sie war es von Natur aus. Aber sogar Tante Hilde, die mitunter in der Küche mit ihrem Geschirr sehr viel Lärm verursachte, strengte sich an, alles so leise wie möglich hinzusetzen oder zu benutzen.

Opa war die im Hause herrschende Friedhofsruhe unheimlich. Als es dunkel wurde, verließ er das Haus, um irgendwo mit einem Freund in einer Eckkneipe ein Bier zu trinken.

Kurz nach acht schrillte dann plötzlich das Telefon.

Tante Hilde und Marie, die vor dem Fernseher saßen, den sie nur sehr leise eingestellt hatten, schreckten zusammen. Thomas, der vor dem Kühlschrank in der Küche kauerte, um sich eine Art Nachtmahl zusammenzustellen, sprang hoch, als sei er von einer Tarantel gestochen worden.

Tante Hilde war zuerst am Telefon, denn es stand jetzt im Wohnzimmer. Sie nahm ab und meldete sich.

„Hafenkrankenhaus, Vermittlung. Könnte ich bitte Frau Doktor Bender sprechen?“

„Nein“, rief Tante Hilde, „die können Sie nicht sprechen. Das ist völlig ausgeschlossen. Und sie wird auch keinen Dienst mehr machen. Wissen Sie nicht, was geschehen ist?“

„Hier ist Thieme. Ich bin die Telefonistin. Und genau darum geht es. Es geht um diese Sache. Ich muss unbedingt und dringend Frau Doktor Bender sprechen. Es ist sehr, sehr wichtig für sie ...“

Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand

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