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Margot Thieme versah den Nachtdienst in der Telefonzentrale. Früher war sie am Tage über dagewesen, aber seit sie für ihren Schwager nach dem Tode ihrer Schwester dessen kleine Kinder versorgte, machte sie Nachtdienst. Allen in der Klinik war Margot Thieme ein leuchtendes Beispiel für ihre Aufopferung. So mancher fragte sich, wann sie denn überhaupt schlief. Aber ihren Dienst machte sie zuverlässig, das wussten alle.

Als sie pünktlich um zwanzig Uhr an diesem Abend ihren Dienst angetreten hatte und damit ihre beiden Kolleginnen ablöste, die den Tag über den Telefondienst gemacht hatten, galt es zuerst einmal, ein paar wichtige Anrufe abzufertigen. Doch danach wurde es ruhiger, die siebenunddreißigjährige Frau bereitete sich ihr Lieblingsgetränk, einen guten Kaffee.

Sie war gerade damit fertig und der köstliche Geruch zog ihr in die Nase, da sah sie unten auf dem Boden neben dem grauen Schrank der Vermittlungsanlage einen roten Zettel liegen.

Sie hob ihn auf, drehte ihn um und sah ihre eigene Schrift. Es war ein Hinweis für die am Tag diensttuende Kollegin, einen äußerst wichtigen Anruf zu tätigen, den sie selbst in der Nacht nicht hatte anbringen können. Auf diesem roten Zettel fehlte der Erledigungshinweis jener Kollegin.

Nachdenklich blickte die ein wenig zur Korpulenz neigende Brünette auf den Zettel. Dann entschloss sie sich, die Kollegin zu Hause anzurufen. Ihrer Meinung nach müsste sie nun schon daheim angekommen sein.

Wenig später hatte sie die Verbindung. Die Kollegin meldete sich und Margot Thieme sagte:

„Sag einmal, Rita, ich hatte dir doch diesen Zettel hingelegt, dass du Frau Doktor Bender informieren sollst. Hast du das nicht gemacht? Da ist kein Erledigungshinweis?“

Eine Weile war Stille am anderen Ende Leitung und dann hörte Margot Thieme ihre Kollegin sagen: „Du lieber Gott, ich habe das völlig verschwitzt! Dabei haben wir noch gestern Mittag über sie geredet. Sie ist so bewundernswert. Aber ich muss den Zettel irgendwie verloren haben, sonst hätte ich doch daran gedacht. Ich habe das auch gar nicht gelesen. Nur an die Tatsache, dass ich sie anrufen müsste, kann ich mich erinnern. Was war denn da so wichtig?“

„Sie weiß also nichts? Sie weiß gar nichts? Es war ein Anruf vom Internationalen Roten Kreuz in Genf.“

„Nein“, sagte die Kollegin Rita, „Sie weiß nichts; ich habe es verbummelt. Es tut mir wahnsinnig leid. Ist das wirklich so wichtig?“

„Rita, du hättest diese Frau aus ihrer Verzweiflung erlösen können und hast es nicht getan. Nun gut, es ist passiert, es lässt sich im Nachhinein nichts mehr ändern. Ich werde sie sofort anrufen.“ „Aber um Himmels willen, sag mir doch, was... “

Margot Thieme war viel zu verärgert, um jetzt noch lange Erklärungen abzugeben. „Ich sage dir morgen, wenn du kommst, was war. Entschuldige bitte.“ Sie unterbrach das Gespräch, blickte auf ihre Liste und programmierte die Kennzahl von Ina Benders Privatanschluss. Von den vielen Anrufen, die sie schon dort gemacht hatte, wusste sie, dass Frau Reinke die Tante Ina Benders war. Und die meldete sich auch jetzt. Sie verlangte Ina, zu sprechen. Aber die Tante sagte ihr, sie würde sie nicht stören wollen. Ob sie denn nicht wisse, was geschehen sei.

Dass es gerade darum ginge, versuchte Margot Thieme Tante Hilde klarzumachen und bat sie noch mal, die Nichte ans Telefon zu holen.

Aber bei Tante Hilde ging das nicht so einfach wie bei der Kollegin Rita, den Grund für diesen Anruf ungenannt zu lassen. Beharrlich fragte Tante Hilde: „Ich kann sie nicht stören, sie ist so verzweifelt. Wenn Sie wissen, um was es geht, dann brauche ich Ihnen das doch nicht zu erklären. Meine Nichte ist völlig fertig, sie hat den ganzen Tag noch Dienst gemacht. Ich möchte wissen, wer das getan hätte und ..."

In diesem Augenblick entschloss sich Margot Thieme, Tante Hilde schon etwas zu sagen, damit sie nicht noch länger darum betteln musste, Ina ans Telefon zu bekommen.

„Frau Reinke“, sagte Margot Thieme, „ich habe Ihnen doch erklärt, dass es gerade darum geht. Ich habe gestern Nacht schon mehrmals versucht, bei Ihnen anzurufen. Aber es hat niemand abgehoben. Dann ließ ich eine Mitteilung für meine Kollegin hier, aber durch einen noch nicht geklärten Umstand ist es vergessen worden, Ihre Nichte zu informieren. Dabei war es so wichtig. Es ist eine Verwechslung geschehen. Es handelt sich nicht um Doktor Kluge, sondern um einen Kollegen namens Stolzer aus Wien. Verstehen Sie jetzt, ich muss Ihre Nichte sprechen!“

„Soll das heißen“, hörte sie Tante Hilde sagen, „dass alles nur ein Irrtum war?“

„Bitte, Frau Reinke, holen Sie doch jetzt Ihre Nichte ans Telefon, bitte!“

Es verging eine ganze Weile, dann hörte Margot Thieme die erregte Stimme von Dr. Ina Bender fragen: „Was ist passiert? Was ist wirklich passiert?“

Margot Thieme blickte auf den roten Zettel, den ihre Kollegin nicht erledigt hatte und dann sagte sie: „Gestern Abend, so gegen dreiundzwanzig Uhr, erhielt ich einen Anruf aus Genf vom Internationalen Roten Kreuz. Diese Leute hatten nur diese Telefonnummer von mir. Sie wollten mit Ihnen sprechen. Ich erklärte ihnen, dass Sie keinen Nachtdienst hätten und wollte ihnen Ihre Telefonnummer geben. Da hat man mich gebeten, dass ich Sie informieren sollte und zwar ging es um folgendes: Bei den Ärzten, die ins anatolische Erdbebengebiet gerufen worden sind, ist außer Doktor Bernd Kluge auch ein Doktor Rudolf Stolzer aus Wien. Infolge der sehr ähnlichen Namen ist es nach dem Unfall von Doktor Rudolf Stolzer durch ein Versehen zu einer Verwechslung gekommen. Tatsächlich ist der Doktor Stolzer verunglückt und man hat diesen Irrtum damit erklärt, dass die Verbindung zu diesen Erdbebengebieten sehr ungünstig ist. Dass dort schwere Stürme und Schneeregen herrschen, außerdem sind zum Teil die Zufahrten durchs Gebirge völlig unpassierbar. Die Telefonverbindung ist ebenfalls schlecht, zum Teil total gestört. Der Hinweis vom Unfall erreichte die Einsatzleitung über Funk. Dabei ist nur der Nachname genannt worden. Auf der Liste der Ärzte, die von der Katastrophenleitung geführt werden, stand Herr Doktor Bernd Kluge weit oben, während sein österreichischer Kollege erst auf einem späteren Platz aufgeführt war. In der Aufregung wurde vielleicht etwas oberflächlich gesucht, jedenfalls ist so dieser Irrtum passiert. Man hat mir mitgeteilt, Frau Doktor Bender, dass Herr Doktor Kluge nach wie vor im Zentrum des Erdbebengebiets arbeitet und wohlauf ist. Er betreut durch das Erdbeben Verletzte, aber auch Kranke unter den Obdachlosen. Seine Rückkehr nach Deutschland ist in ungefähr einer Woche zu erwarten . . . Das, Frau Doktor Bender, ist die Meldung, die ich Ihnen durchgeben wollte. Doch letzte Nacht ist niemand ans Telefon gegangen bei Ihnen. Und wie schon erwähnt, meine Kollegin muss es vergessen haben, Ihnen Mitteilung zu machen. Ich bitte Sie dafür um Entschuldigung.“

Es klickte in der Leitung und die Verbindung war unterbrochen. Verblüfft starrte Margot Thieme auf die brennenden Lämpchen auf ihrem Vermittlungsapparat und fragte sich, was dort im Hause von Doktor Ina Bender geschehen war.

Sie wollte schon noch einmal anrufen, unterließ es aber, wartete noch eine Weile, ob kein Rückruf kam und als der nicht erfolgte, erhob sie sich und holte ihre kleine Kanne mit dem dampfenden Kaffee.

„Merkwürdig“, murmelte sie, „ob sie in Ohnmacht gefallen ist ...?“

Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand

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