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Ina stand stocksteif neben dem Apparat, der Hörer war ihrer Hand entglitten, aber Marie, die ihre Schwägerin besorgt ansah, bückte sich rasch und legte den Hörer auf. Weiß wie eine Wand im Gesicht stand Ina da. Ihr dunkles aufgelöstes Haar hing bis zu den Schultern herab und unterstrich die Blässe des Gesichtes. Inas Nasenflügel bebten.

Tante Hilde hatte den Mund geöffnet, als wollte sie eine Frage stellen, aber es kam kein Ton heraus. Sie schien es einfach nicht zu wagen, Ina anzusprechen, nicht in diesem Augenblick.

Thomas lehnte in der Küchentür und blickte ebenso unverwandt auf seine Schwester wie die anderen.

Er brach das Schweigen, indem er fragte: „Was ist denn? Ina, was ist geschehen?“

Ina wandte sich ihm zu und er hatte das Gefühl, sie schaue durch ihn hindurch wie durch eine gläserne Wand. Sie bewegte ihre Lippen und dann hörten alle wie sie sagte: „Er ist nicht tot. Sie haben es nur vergessen mir zu sagen. Sie haben es vergessen ...“

„Er ist nicht tot?“, rief Thomas. „Wieso denn das?“

„Eine Verwechslung“, erklärte Tante Hilde. „Hat mir die Telefonistin gesagt. Irgendein anderer, der einen ähnlichen Namen hat, ist tot.“

Ina ging zum Tisch, ließ sich auf den Stuhl sinken und nun, wo eigentlich alles gut war für sie, da brach es aus ihr heraus. Sie schlug die Hände vors Gesicht und weinte, wie Thomas seine Schwester noch nie hatte weinen hören.

Tante Hilde stürzte wie eine Mutter zu ihrer Nichte, beugte sich über sie und legte ihre Arme um Inas Schultern, strich ihr übers Haar wie einem Kind. Aber das Schluchzen wurde eigentlich nur noch schlimmer.

„Die Nerven“, murmelte Thomas. „Jetzt ist sie völlig fertig mit den Nerven.“

„Aber Kind“, sagte Tante Hilde, „du hast doch keinen Grund zum Weinen. Er lebt noch, es geht ihm gut oder etwa nicht?“

Schluchzend und unter Tränen bestätigte Ina das. Und sie sagte, dass Bernd käme, in einer Woche sei er zurück. Durch ihr Weinen war es für Tante Hilde schwer, sie überhaupt zu verstehen.

„Da musst du doch lachen!“, rief Tante Hilde und sie versuchte den anderen zu erklären, was sie gehört hatte. Aber denen war das ja genauso zu Ohren gekommen wie ihr.

„Begreifst du, warum sie weint?“, fragte Thomas seine junge Frau. „Sie könnte doch lachen. Warum nur weint sie?“

„Manchmal“, sagte Marie leise, „sind Lachen und Weinen dasselbe. Wenn ich sehr glücklich bin, könnte ich auch manchmal weinen vor Freude.“

Und wie zur Bestätigung hob Ina ihr Gesicht, das tränenüberströmt war. Aber sie lachte. Und wenn es Thomas auch so schien, als sei es ein irres Lachen, so spürte er doch, wie erleichtert und befreit Ina war.

„Weißt du was, Schwesterherz“, sagte Thomas, „jetzt gieß ich dir erst einmal einen Cognac ein. Ich glaube, wir können alle einen gebrauchen.“

Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand

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