Читать книгу Ein alter Mann wird älter - Günther Rühle - Страница 8

Oktober 2020 10. Oktober 2020 Tagesgespräch 1

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Nun ist es aus. Vor acht Wochen ging Schreiben und Lesen gerade noch. Drei Untersuchungen, trockene Makula, Altersdegeneration. Man ist wie abgeschnitten von seinem Leben. Ich bin jetzt – fast plötzlich – ein anderer. Ohne Zweck und Sinn. Wie einst, bevor man sich den Zweck beruflich zugelegt, dem auch einen Sinn zugelegt hat. Mein Zweck muss das Schreiben, der Sinn dessen Inhalt gewesen sein. Ich, der fröhliche Bub aus der Bäckerei Poths in Weilburg, bin im Theater gelandet, dort fixiert durch die Arbeit und die Meinung der anderen, Leser genannt. Wessen Geschöpf ist man? Das der Eltern, seiner selbst oder der anderen? So plötzlich außer Dienst, außer Funktion gestellt, lebt man nur noch für sich. Wird sich selbst das Ereignis des Tages. Was konnte ich vorgestern noch, gestern, heute. Nächste Woche wird man noch schlechter sehen, die Uhr nicht mehr erkennen. Man braucht das dritte Bein, das Wackeln beginnt, man braucht Hilfe und Hilfen. Heitere Einsicht (sehr vorübergehend), man hat noch eine Entwicklung. Wird Altersunternehmer. Wer putzt das Haus, macht die Wäsche, kocht. Die zunehmenden Reduktionen schaffen Bewegung für andere. Sinn, Zweck? Die Fragen von früher lösen sich auf. Fließen weg ins Überflüssige, ersetzen sich, werden gar wörtlich: Was wurde aus diesem und jenem? Wie kommst du durch? Redlich? Deutlich erkennbar? Verantwortlich oder unsicher, taumelnd, ziellos, schuldhaft? Warst du schäbig, was war falsch, was richtig? Die Fragen tropfen in einen hinein, rumoren. Hängt im Hintergrund noch immer das Jüngste Gericht? Lass das. Draußen kommt die Abendsonne.

Ein alter Mann wird älter

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