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Warum bekämpfte die Kirche die Freiheit der Wissenschaften?

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Die Macht der Kirche war freilich noch lange nicht überwunden. Zwar war sie durch die Auszehrungen der Pestzeit sowie – seit dem frühen 16. Jahrhundert – durch die Kirchenspaltung bereits angezählt. Aber das machte sie zunächst eher noch gefährlicher. Denn noch lange versuchte die Kirche, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und ihre alles beherrschende Stellung zurückzuerlangen.

Dabei schreckten die geistlichen Autoritäten auch vor äußerster Brutalität nicht zurück – in bester Absicht, wohlgemerkt: Sie waren überzeugt, dass alle Andersgläubigen in der Verdammnis enden würden. Deshalb mussten sie verhindern, dass der Irrtum noch mehr Menschen anstecken und in die Hölle ziehen würde. So glaubten die Inquisitoren auch verantwortlich zu handeln, als sie 1633 den Astronomen Galilei unter Androhung der Folter zwangen, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse zu widerrufen.

Die kirchliche Ideologie rechtfertigte also die Folterung und Hinrichtung von Menschen, die sich nichts anderes hatten zuschulden kommen lassen, als wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Brauchen wir uns da zu wundern, wenn Wissenschaftler auf Kirche und Religion nicht gut zu sprechen sind?

Galilei (1564–1642) hatte bestritten, dass die Erde der unbewegliche Mittelpunkt der Welt sei, wie die Kirche lehrte. Vielmehr drehe sich die Erde um die Sonne. Das durfte nicht sein. Denn dadurch hätte der Mensch seine zentrale Stellung im Kosmos verloren.

Dass die Idee mit der Sonne als Zentralgestirn nicht neu war, haben wir gesehen: Sie war in hellenistischer Zeit von Aristarchos vertreten worden. Die mittelalterliche Kirche hielt es jedoch mit dem Weltbild des Claudius Ptolemäus (100–160 n. Chr.), der – wie Aristoteles – die Erde als Mittelpunkt des Alls betrachtete.

Als 1543 Kopernikus die Erde wieder auf die Reise um die Sonne schickte, war die Kirche davon zunächst sogar angetan. Denn anhand seiner Berechnungen ließ sich auch der kirchliche Kalender genauer bestimmen. Erst 1616 ließ sie sein Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ verbieten. Da hatte der Protestant Johannes Kepler (1571–1630) bereits festgestellt, dass die Planetenbahnen elliptisch verlaufen – zur Bestürzung der frommen Astronomen, die durch die unschönen Ellipsen den christlichen Glauben an die Perfektion der Schöpfung gefährdet sahen.

Seit 1609 konnte Galilei den Himmel durch ein Fernrohr beobachten. Was er sah, bestätigte, dass die Erde sich um die Sonne drehte. Da es der Kirche an Argumenten fehlte, nötigte sie ihren renitenten Sohn schließlich zum Einlenken durch eine Warnung vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen.

Mit der Zeit akzeptierte aber auch die Kirche die unbestreitbaren kosmologischen Tatsachen. Sie passte ihr Weltbild an und besann sich darauf, dass mathematisch derart präzise Naturgesetze doch nur von ihrem Gott eingerichtet sein konnten.

Das sahen auch die Wissenschaftler lange so. Bis hin zu Galilei und Newton glaubten sie noch, dass hinter den Naturgesetzen eine höchste göttliche Instanz stecke, die mit der Natur auch ihre Gesetze erschaffen habe. Sie hatten sich eben noch nicht ganz von den kirchlichen Dogmen der Vergangenheit befreit, meint Jaeger. Doch je mehr die Wissenschaftler erkannten, umso weniger erschien ihnen eine Rückführung natürlicher Phänomene und Gesetze auf einen Gott überzeugend.

Das Übernatürliche

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