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as macht eine Stadt für ihre Bewohner so unverwechselbar?

44 Autorinnen und Autoren haben sich ihre Lieblingsorte in Frankfurt ausgesucht. Sie entlocken Bauwerken, Parks, Gewässern und Sehenswürdigkeiten ihre Geheimnisse. Manche Orte sind wie ein offenes Buch, weil jeder sie kennt. Andere sind versteckt, bleiben unbeachtet, werden übersehen. So sind auch manche Beobachtungen offenkundig und fast jeder erlebt beim beschriebenen Ort einen Wiedererkennungseffekt, andere Ortserlebnisse sind sehr individuell und verarbeiten persönliche Erinnerungen, die dem Leser einen neuen Blick auf Frankfurts Räume ermöglichen. Allen Texten gemeinsam ist der emotionale Ortsbezug, der zum Schreiben inspiriert. Niemand wählt einen Schauplatz, der ihm völlig gleichgültig ist, als Ausgangspunkt für eine Erzählung oder ein Gedicht. Die Beziehung zum Ort ist zum Schreibimpuls geworden.

Dass wir Beziehungen zu anderen Menschen haben, das ist für uns selbstverständlich. Nähere, fernere, aber immer mit einer Gefühlsbezogenheit. Dass es mit Orten ähnlich ist, erschließt sich oft erst auf den zweiten Blick. Edgar Weick beispielsweise lebt in Höchst. Der Bolongaro-Palast und der Zollturm sind für ihn bedeutsame Wahrzeichen. Ralf Schwob kann sich noch an Zeiten erinnern, als die Commerzbank-Arena noch Waldstadion hieß und er dort Eintracht-Spiele miterleben konnte. Nasrin Siege genießt es, wenn sie im Palmengarten spazieren geht und ich kann den Ginnheimer Spargel sehen, wenn ich aus dem Fenster schaue. Thomas Berger ist den Hölderlinpfad schon oft entlanggewandert, für Francisco Cienfuegos ist die Berger Straße ein inspiratives Feuerwerk und für Petra Kunik der Börneplatz eine Stätte des Erinnerns und der Mahnung. Ulrike Ladnar schenkt dem kleinen Waldsee in Fechenheim ein Erzählgeschehen und Pete Smith gibt den Plaudereien im Holzhausenpark ein Gesicht.

Das alles hat auch etwas mit Heimat zu tun. Alle Autorinnen und Autoren leben in Frankfurt und Umgebung. Sie erzählen über ihre Stadt aus der Perspektive eines Insiders, für den aber nichts selbstverständlich ist. Es gibt keine eindimensionalen Ortsbeschreibungen, sondern der Ort wird zum Sujet für einen künstlerischen Text. Tamara Labas kristallisiert einen Besuch in der Alten Oper zu einem Gedicht, Martina Weyreter macht Zeiten, als der AFE-Turm neben dem Senckenberg-Museum noch nicht gesprengt war, wieder lebendig und Sylvia Schopf schneidert dem Hauptfriedhof eine Krimihandlung auf den Leib. Dirk Hülstrunk reflektiert darüber, was überhaupt ein Ort ist und wo die lokale Identität wieder aufhört. Denn so wie die Heimat etwas Nichtgreifbares hat und meistens durch Abwesenheit glänzt, auch wenn man mitten darin sitzt, so ist auch der besondere Ort, der zwar einen Namen und bestimmte Eigenschaften hat, in seiner Präsenz changierend und für mich etwas anderes als für dich. Vierundvierzig Ansätze, besondere Orte einzufangen, ihr Charisma in literarischen Formen einzufangen, laden dazu ein, sich in Frankfurt wiederzufinden, vielleicht neu zu erfinden.

Dr. Susanne Czuba-Konrad

Herausgeberin

Frankfurt am Main

Juli 2019

Frankfurter Einladung 2

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