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Teil II: Den Pflegealltag mit Technik gestalten: Einsatzfelder heute
ОглавлениеTechniknutzung in der Pflege ist keine Zukunftsmusik. Digitale Technologien werden heute schon in der Praxis eingesetzt und können dort Mehrwerte in der Versorgung schaffen. In diesem Buchteil stellen die Autorinnen und Autoren praktische Erfahrungen und Befunde zu ausgewählten technischen Lösungsansätzen in pflegerischen Anwendungsfeldern vor. Die vorgestellten Beispiele bilden ein großes Spektrum des Technikeinsatzes in der Pflege ab: Es finden sich darintechnische Assistenzsysteme ebenso wie reine IT-Lösungen, Anwendungen in der Akutpflege ebenso wie in der Langzeitpflege und im stationären Bereich ebenso wie in der häuslichen Versorgung. Die Beispiele zeigen auf, was heute schon möglich ist und welche Mehrwerte sich daraus ergeben, ohne Herausforderungen und Probleme in der Umsetzung zu verschweigen.
Radzey ( Teil II, Kap. 1) widmet sich zu Beginn des zweiten Teils der rasanten Entwicklung digitaler Medien in der sozialen Betreuung von Menschen mit Demenz. Sie legt dar, dass technische Lösungen und technikgestützte Betreuungskonzepte das Potenzial haben, einen wertvollen Beitrag für dementiell erkrankte Menschen zu leisten. Sie zeigt Gründe auf, warum dennoch eine regelhafte Verbreitung bisher kaum zu verzeichnen ist. Daneben identifiziert die Autorin gegensätzliche Bedürfnislagen von Menschen mit Demenz, den Zugehörigen wie beruflich Pflegenden und fokussiert im Folgenden auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz. Sie stellt technische Systeme vor, die diese Bedürfnisse erfüllen und dadurch Wohlbefinden generieren können. Sie differenziert drei Richtungen technischer Systeme aufgrund der Zielsetzung: Zeitvertreib, Training zur Gesundheitsförderung und Erinnerungspflege. Abschließend nennt die Autorin relevante Aspekte, die notwendig sind, damit Menschen mit Demenz zukünftig besser durch technische Systeme unterstützt werden können.
Ziegler und Feuchtinger ( Teil II, Kap. 2) zeigen auf, dass Anforderungen an technische Systeme im klinischen Setting sich in vielen Punkten von denjenigen in anderen Settings unterscheiden (müssen), da es in diesem Setting primär um die Bewältigung eines oder mehrerer akuter (gesundheitlicher) Probleme geht und der Auftrag ein anderer ist. Das Autorenteam berichtet in diesem Zusammenhang aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Pflegepraxiszentrum Freiburg, das sich diesem Fokus widmet. Verschiedene Projekte werden erläutert. Dies sind z. B. Projekte, die sich mit der Unterstützung der Dekubitusprophylaxe durch integrierte Bettsensorik beschäftigen oder solche, die sich der Lärmreduktion auf Intensivstationen widmen. Auch Ziegler und Feuchtinger greifen das Thema Demenz auf und zeigen einmal mehr die unterschiedlichen Ausgangslagen verschiedener Settings auf. Abschließend berichten sie hilfreich von »Lessons Learned« und beziehen sich zur systematischen Bearbeitung übergreifender Aspekte für die Einbettung von Technik in die klinische Akutpflege auf das NASSS-Framework.
Lindwedel, Kuhlberg und Czudnochowski ( Teil II, Kap. 3) berichten darüber, wie sich Videokommunikation im Setting der ambulanten Palliativversorgung einsetzen lässt. Sie zeigen auf, dass die Nutzung von Videokommunikation die Versorgungssituation über räumliche Distanz hinweg und insbesondere im ländlichen Raum unterstützen kann. Das Autorenteam führt grundlegend in die Thematik ein und differenziert Videokommunikationsstrategien der ärztlichen Kolleginnen und Kollegen von denen der beruflichen Pflege auf Distanz. Anhand dreier Fallstudien in verschiedenen Settings identifiziert das Autorenteam förderliche wie hinderliche Faktoren beim Einsatz von Videokommunikation in der pflegerischen Versorgung (Arbeitsorganisation, technische Hürden, Änderungen in der Kommunikation, Akzeptanz der Beteiligten, Schulungsbedarfe). Das Autorenteam verweist ferner auf neue Handlungsfelder für beruflich Pflegende, die sich durch die technischen Möglichkeiten ergeben.
Münch, Michael und Kunze ( Teil II, Kap. 4) berichten über eine ambulante Versorgung, die sich im Wandel befindet. Sie beschreiben einerseits Herausforderungen einer zunehmend ambulanten Versorgung und identifizieren andererseits Möglichkeiten technischer Unterstützung. Zwar kommen technische Systeme in der ambulanten Versorgung bisher nur vereinzelt zum Einsatz. Gleichwohl wird deutlich, dass technische Systeme in diesem Setting zu einer Stabilisierung der Situation beitragen können. Aber auch im ambulanten Setting sind Notwendigkeiten und Herausforderungen mit der Zielerreichung verbunden. Zur Vertiefung greifen sie verschiedene Aspekte auf und ergänzen diese durchgehend am Beispiel häuslicher Monitoringsysteme. Abschließend zeigt auch dieser Beitrag, dass jedes neue technische System lebensdienlich in Versorgungsprozesse einzupassen ist, damit es akzeptiert und genutzt wird und mit dem System die gesetzten Ziele erreicht werden können.
Hegedüs, Nonnenmacher, Kunze und Otto ( Teil II, Kap. 5) widmen sich digitalen Vermittlungsplattformen in Pflege und Betreuung. Im ersten Blick scheint diese Art technischer Systeme fern von Pflege und Betreuung im näheren Sinn zu liegen. Ein zweiter Blick lohnt jedoch. Denn es werden unverkennbar die Bedeutung digitaler Plattformen für die pflegerische Versorgung aufgezeigt. Eingangs erläutert das Autorenteam verschiedene Formen, Geschäfts- und Marktmodelle, die für das weitere Verständnis hilfreich sind. Sie beschreiben nachvollziehbar zwei Anwendungsfelder. Das sind einmal digitale Plattformen zur Vermittlung ambulanter Pflege- und Betreuungsleistungen (in Anlehnung an das bekannte Unternehmen zur Vermittlung von Fahrdienstleistungen manchmal auch »Pflege-Uber« genannt). Daneben werden digitale Plattformen im Anwendungsfeld Entlassungsmanagement vorgestellt. Den veränderten Anforderungen, z. B. durch reduzierte Verweildauer, wird auch hier durch ein steigendes Angebot digitaler Plattformen begegnet. Ähnlich dem Uber-Phänomen sind mit dem veränderten Struktursystem Vorteile wie Nachteile verbunden. Diese arbeitet das Autorenteam praxisnah heraus. Das Autorenteam zeigt insgesamt die Potenziale solcher Plattformen für eine effektive und effiziente Versorgung auf und lässt gleichzeitig die andere Seite der Medaille nicht außen vor.
Dem Entlassungsmanagement und der Pflegeüberleitung widmet Sellemann ( Teil II, Kap. 6) sich aus einer anderen Perspektive als das vorige Autorenteam. Der Autor fokussiert auf Nutzen und Herausforderungen von Informations- und Kommunikationstechnologie für das Überleitungsmanagement. Er führt übergreifend in das Feld ein. Im Folgenden macht der Autor deutlich, dass eine multiprofessionelle, intersektorale Informationskontinuität erforderlich ist, um den Versorgungsauftrag erfüllen und Versorgungskontinuität innerhalb eines Behandlungsverlaufes gewährleisten zu können. Er zeigt in diesem Zusammenhang rechtliche Rahmenbedingungen genauso wie aktuelle Entwicklungen auf. Ferner erläutert er den ePflegebericht als digitales Überleitungsinstrument. Auch geht er auf den ePflegebericht als Abschlussdokument einer pflegerischen Versorgungsepisode und Kommunikationsbasis für nachgelagerte Leistungsanbieter ein. Er resümiert, das politische und gesetzliche Entwicklungen Hoffnung geben, dass die Instrumente bald Einzug in den pflegerischen Versorgungsalltag halten werden.
Hunstein ( Teil II, Kap. 7) wiederum widmet sich ebenfalls der digitalen Pflegedokumentation und gleichzeitig einem eher unsichtbaren Aspekt der Digitalisierung in diesem Zusammenhang, der klinischen Entscheidungsfindung. Er zeigt auf, dass mit einer digitalen Pflegedokumentation mehr möglich ist als nur die reine Informationsübermittlung. Der Autor erläutert in diesem Zusammenhang Möglichkeiten und Grenzen einer KI-gestützten klinischen Entscheidungsfindung und verweist auf die Bedeutung von Big Data als ein Glied in der KI-Kette. Anhand von Beispielen stellt er ein wichtiges Forschungsgebiet von KI im Gesundheitswesen vor, die prädiktive (vorhersagende) Analyse. Ebenfalls mithilfe praxisnaher Beispiele erläutert der Autor daneben die Herausforderung, die mit dem Einsatz von Algorithmen zur Entscheidungsfindung verbunden sind. Er verdeutlicht die Notwendigkeit der Operationalisierung und diskutiert die Fragen der Verantwortung, die damit verbunden sind. Er macht deutlich, dass die Entwicklung von KI im Gesundheitswesen neue Regeln nötig machen wird, die von einer offenen gesellschaftlichen Diskussion zu flankieren sind.