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4.4 Pflegerisches Handeln

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Technik soll dazu beizutragen, dass »gute« Pflege geleistet werden kann und dies einem »guten« Leben zuträglich ist, Technik damit lebensdienlich ist. Welche Teile von Pflege können technische Systeme nun also (gut) übernehmen? Grundsätzliche Überlegungen sind notwendig.

Pflege ist eine personenbezogene Dienstleistung. Interaktionsarbeit ist Bestandteil jeder personenbezogenen Dienstleistung. In der Pflege wiederum ist die soziale Interaktion ein elementares »Arbeitsmittel«. Im pflegerischen Alltag ist dabei kontinuierlich mit Unwägbarkeiten und Grenzen der Planung umzugehen. Böhle et al. (2015) nennen das Resultat subjektivierendes Arbeitshandeln. Der Erfolg der Dienstleistung hängt maßgeblich von der Kooperation der Beteiligten untereinander ab, z. B. gehören dazu sowohl die pflegeabhängige Person als auch Zugehörige genauso wie Angehörige der Gesundheitsberufe und je nach Setting auch weitere, z. B. Verwaltungsmitarbeitende. Wechselseitiger Respekt ist dabei Voraussetzung, genauso wie die Arbeit an und mit Gefühlen (Böhle, Weihrich & Stöger 2015; Dunkel & Weihrich 2010; Hülsken-Giesler & Daxberger 2018). Als Pflegende gilt es bspw. eigene Emotionen mitunter situationsangemessen zu unterdrücken, z. B. Ekel oder Scham, oder auch diese zu explizieren und zu reflektieren. Ferner sind mitunter eigene Emotionen zu offenbaren, z. B. Freundlichkeit, Aufrichtigkeit, Sanftheit. Daneben gilt es, die Gefühle der Betroffenen zu erkennen und mit diesen umzugehen, wenn nötig auf sie einzuwirken, immer mit dem Ziel den Versorgungsauftrag zu erfüllen. Pflege ist dabei nicht allein auf dieser Ebene anzusiedeln und ein rein empfindungsbezogenes pflegerisches Handeln findet eher selten statt. Vielmehr sind die durchgeführten pflegerischen Maßnahmen auf der instrumentell-aufgabenbezogenen Ebene anzusiedeln. Und diese instrumentell-aufgabenbezogenen Tätigkeiten werden immer von einer empfindungsbezogenen Ebene begleitet (vgl. Hülsken-Giesler & Daxberger 2018). Um den Versorgungsauftrag zu erfüllen, ist Kooperation nötig. Belange von Betroffenen, Zugehörigen, Beschäftigten und beteiligten Wirtschaftsunternehmen können schließlich miteinander im Konflikt stehen.

Die instrumentell-aufgabenbezogenen pflegerischen Tätigkeiten lassen sich augenscheinlich operationalisieren. Die empfindungsbezogene Tätigkeit dagegen ist weder vertraglich zu regeln noch standardisierbar und zudem »endlos«. Denn letztlich kann immer noch mehr Zuwendung erwartet, verlangt oder gegeben werden. Grundsätzlich ist jede personenbezogene Dienstleistung Interaktionsarbeit. Dazu gehören folgerichtig auch die Tätigkeiten anderer Gesundheitsberufe wie z. B. die logopädischen oder ärztlichen Kolleginnen und Kollegen. Durch die gelebte Nähe in allen Lebensbereichen des Alltags ist die pflegerische Arbeit jedoch in besonderer Ausprägung durch diese Eigenheiten der Interaktionsarbeit beansprucht. Der Kontext, so Böhle (2015) ist maßgeblich. Die folgende Abbildung ( Abb. I.4.1) zeigt die Merkmale pflegerischen Handelns als Interaktionsarbeit unter Zugrundelegung des Kontextes (hier: Pflegeberufegesetz und Pflegebedürftigkeitsbegriff) auf.


Abb. I.4.1: Pflege, eigene Darstellung Anne Meißner

Bei der Gestaltung technischer Systeme und deren Implementierung in Versorgungsprozesse ist es daher wichtig, pflegerisches Handeln ganzheitlich zu betrachten und nicht etwa auf instrumentell-aufgabenbezogene Aspekte zu reduzieren – nur dann kann Technik zu »guter« Pflege beitragen.

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