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4.8 Wirksamkeit
ОглавлениеDigitalen Technologien werden in vielen Anwendungskontexten der Pflege hohe Potenziale zur Verbesserung der Versorgung zugeschrieben – nicht zuletzt von deren Herstellern und Anbietern. Aber können technische Systeme diese Versprechen auch einhalten? Im Sinne einer evidenzbasierten Pflege wäre es wünschenswert, die Wirksamkeit technischer Systeme anhand wissenschaftlicher Studien zu bewerten. Tatsächlich liegen belastbare wissenschaftliche Ergebnisse zu Pflegeassistenzsystemen nur in sehr geringem Maße vor. Ein in Deutschland durchgeführtes aktuelles systematisches Review (Krick et al. 2019) stellt fest, dass Pflegetechnologien, wenn überhaupt nur in Nutzerstudien mit kleinen Fallzahlen und ohne Kontrollgruppe evaluiert wurden. Hochwertige randomisierte Studien sind selten, insgesamt konnten im Review nur 34 solcher RCTs für alle Formen der Techniknutzung in der Pflege in allen Kontexten identifiziert werden. Besonders schlecht ist die Evidenzlage für die Techniknutzung im häuslichen Setting und durch pflegende An- und Zugehörige (ebd.).
Zudem bilden Studien meist nur einen Ausschnitt der Versorgungssituation ab und sind häufig kaum vergleichbar. Pflegetechnologien betreffen praktisch immer mehrere Stakeholder (z. B. Pflegeempfänger, professionell und informell Pflegende, Angehörige anderer Gesundheitsberufe, Institutionen des Gesundheitswesens), für die jeweils mehrere mögliche Outcomes (wie z. B. funktionale Gesundheit, Gesundheitsverhalten, Lebensqualität, psychische Belastungen) betrachtet werden können. Diese wiederum können auf sehr verschiedene Arten gemessen werden. Für die Erfassung von Lebensqualität z. B. existieren unzählige Erhebungsinstrumente, die je nach Anwendungskontext mehr oder weniger geeignet sind. In der Vergangenheit orientierten sich Evaluationsansätze häufig auch eher an technischen oder medizinischen Forschungsfragen. Gleichwohl werden Untersuchungen aus pflegewissenschaftlicher Perspektive in jüngerer Zeit verstärkt betrachtet (vgl. Krick, Huter, Seibert, Domhoff & Wolf-Ostermann 2020).
Der spärliche Forschungsstand zur Wirksamkeit von Technologien in der Pflege steht in Kontrast zu den umfassenden Aktivitäten im Bereich der Technikentwicklung und zur Nutzung von Pflegetechnologien in der Praxis. Als Beispiel kann auf digitale häusliche Monitoringsysteme verwiesen werden, die einen Beitrag zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und zur Stabilisierung von häuslichen Pflegearrangements leisten sollen – wissenschaftliche Nachweise für entsprechende Effekte liegen aber bisher kaum vor.
Viele Pflegetechnologien sind aber auch noch nicht sehr lange verfügbar, und qualitativ hochwertige Evaluationsstudien benötigen Zeit und sind sehr aufwändig. Für eine fundierte und belastbare Entscheidung zum Einsatz von technischen Lösungen in der Pflege sind dennoch für die Zukunft mehr und qualitativ bessere Studien wichtig.