Читать книгу Neue Technologien in der Pflege - Группа авторов - Страница 25

4.10 Technikgestaltung und Rolle von Pflegenden

Оглавление

Eine Besonderheit digitaler Technologien (Internet, Smartphone, Cloud-Dienste etc.) ist ihre Flexibilität. Während die Nutzung und der Nutzen früherer technischer Geräte stark in ihnen eingeschrieben ist, d. h. durch den bei Entwicklung verfolgten Zweck definiert wird, ergibt sich die Bedeutung digitaler Technologien erst durch die Art ihrer Verwendung (vgl. Kerres 2020). Mit digitalen Technologien sind dementsprechend vielfältige Gestaltungsoptionen verbunden, deren Wahrnehmung oder Nicht-Wahrnehmung erst Veränderungsprozesse prägt.

Häufig gehen Gestaltungsprozesse von neuen technischen Möglichkeiten aus. Technikgetriebene Entwicklungsprojekte suchen nach neuen Anwendungsfeldern und werden ausgehend von den gesellschaftlichen Herausforderungen regelmäßig in Anwendungsfeldern der Pflege fündig. Viele der dabei vorgeschlagenen technischen Lösungsansätze werden von deren Zielgruppen aber als nicht zielführend empfunden, etwa weil sie als stigmatisierend wahrgenommen werden oder schlicht an den Bedarfen der Betroffenen vorbeigehen. Als Ursache hierfür wird im Diskurs zu Technik in der Pflege meist eine unzureichende Einbindung der Betroffenen in Forschungs- und Entwicklungsprojekte gesehen. In öffentlich geförderten Forschungsprojekten werden daher inzwischen interdisziplinäre Verbunde unter Einbindung pflegewissenschaftlicher Expertise sowie partizipative Entwicklungsprozesse grundsätzlich eingefordert. Pflegenden kommt dabei eine aktive Rolle als »Co-Designer« der technischen Systeme zu. Häufig sind sie zusätzlich für die Einbindung von Betroffenen verantwortlich. In der Forschung haben sich inzwischen vielfältige methodische Ansätze zur nutzerorientierten Gestaltung sowie zur Partizipation von Betroffenen in Entwicklungsprojekte etabliert (vgl. Kunze, in press). Dennoch müssen entsprechende Vorgehensweisen in der Entwicklungspraxis immer wieder eingefordert, ausgehandelt und reflektiert werden. Häufig müssen diese Methoden an die besonderen Rahmenbedingungen pflegerischer Arbeitskontexte angepasst werden. Auch für die Planung und Moderierung von Gestaltungsprozessen wird daher pflegerische Expertise benötigt.

Technologien entfalten ihre Wirkung in der Pflege nicht allein aufgrund ihrer Funktionen und ihres Designs, sondern erst durch Ihre Einbettung in Versorgungspraktiken und -strukturen (sog. sozio-technische Arrangements). Diese Einbettung erfolgt in der Regel durch eine wechselseitige Anpassung von Technik und Anwendungskontext in einem dynamischen Veränderungsprozess, der von Pflegenden (mit-)gestaltet wird. Für die dabei notwendigen Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse ist die Anpassbarkeit von Technologien von zentraler Bedeutung. Im Bereich der Mechanik gehören pragmatische Anpassungen (z. B. kürzen, verbiegen, verbinden) in vielen Fällen zur täglichen Praxis. Für derartige Konfigurationsarbeit sind Pflegende heute im Bereich digitaler Systeme aber auch für einfache Anpassungen (z. B. Veränderung von Formularen und Datenfeldern) in der Regel auf Techniker angewiesen. Für die Frage, was »möglich ist« und was nicht, spielen neben technischen Aspekten auch regulatorische Fragen (z. B. Datenschutz, Patientensicherheit) eine große Rolle. Mit der zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitswesens werden daher entsprechende Kompetenzen zur Anpassung technischer Versorgungsarrangements für Pflegende zunehmend an Bedeutung gewinnen (Kunze 2017).

Neue Technologien in der Pflege

Подняться наверх