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1 Digitale Medien und soziale Betreuung von Menschen mit Demenz Beate Radzey 1.1 Der Kontext: Technische Hilfen für Menschen mit Demenz

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Demenzen sind eine der häufigsten Erkrankungsformen, die im höheren Lebensalter auftreten können. Daneben verändern Demenzen das bisherige Leben am einschneidensten von allen Erkrankungen. Aktuelle Zahlen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gehen davon aus, dass derzeit ca. 1,7 Millionen Menschen in Deutschland von einer demenziellen Erkrankung betroffen sind (Bickel 2018). Neben den primären kognitiven Symptomen treten im Krankheitsverlauf auch motorische und funktionale Einbußen auf. Diese haben großen Einfluss auf die Progredienz und damit auch auf die Fähigkeit zu einer selbständigen Lebensführung der Betroffenen. Um so gut wie möglich im Alltag zurechtzukommen, brauchen Menschen bei kognitiven Einschränkungen Beistand in vielerlei Form.

Auch in der Betreuung und Pflege von demenziell erkrankten Menschen haben bedarfsgerechte technische Lösungen und technikgestützte Betreuungskonzepte das Potenzial einen wertvollen Beitrag zu leisten (Ienca et al. 2017). Die Entwicklung neuer Technologien schreitet aktuell rasch voran. Es ist sogar die Sprache von einer technischen Revolution im Feld von Demenz. So hat sich die Zahl der entwickelten Technologien innerhalb der letzten fünf Jahre verdoppelt mit weiter steigender Tendenz (Ienca et al. 2017). Allerdings steht diesem technischen Innovationsschub die Tatsache entgegen, dass die tatsächliche Verbreitung dieser Produkte in Pflege und Versorgung noch vergleichsweise gering ist. Dies wird in der Regel mit einem fehlenden Wissenstransfer sowie unzureichenden Strategien für die Verbreitung dieser Produkte begründet (ebd.).

Ebenso fehlt es an Studien, die zuverlässig die Wirksamkeit der entwickelten technischen Lösungsansätze untersuchen. Die wenigen vorhandenen Studien weisen oft erhebliche methodische Mängel, wie z. B. geringe Fallzahlen auf. Bisher zeigt sich, dass der Weg der neuen Technologien aus den Forschungs- und Entwicklungslaboren in die realen Lebenssituationen von Menschen mit Demenz mühsam ist (Fleming & Sum 2014).

Ein weiteres, aber nicht zu unterschätzendes Problem mag auch der bisher fehlende Fokus auf die eigentlichen Bedürfnisse der Betroffenen sein. In einer seit längerer Zeit vorliegenden Studie haben Sixsmith et al. (2007) auf der Basis von Interviews mit Menschen mit Demenz eine »Technik-Wunschliste« erarbeitet. Dabei stehen Unterstützungsbereiche wie die Förderung der Erinnerung und des Erhalts der eigenen Identität, die Unterstützung bei der Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen, die Unterstützung bei Konversationen oder auch die Förderung der Nutzung von Musik im Vordergrund. Diese Zielsetzungen fanden bisher bei den meisten technischen Entwicklungen für Menschen mit Demenz nur wenig Berücksichtigung.

Tab. II.1.1: Die Top 5 Nennungen der Technologiewunschliste von Sixsmith et al. 2007, eigene Übersetzung


WunschthemaBeschreibung der UnterstützungsmöglichkeitErzielter Wert

Im Gegensatz zu diesen genannten Wünschen der eigentlichen Zielgruppe zeigen aktuelle Überblicksarbeiten, dass die größte Anzahl der eingesetzten Technologien immer noch darauf ausgerichtet ist, die Sicherheit von Menschen mit Demenz, die in der eigenen Häuslichkeit leben, zu erhöhen. Technische Lösungsansätze, die darauf ausgerichtet sind, Erinnerungen zu beflügeln oder schlicht Spaß und Freude zu bereiten, finden nur wenig Verbreitung (Lorenz et al. 2019). Auch Forschungsarbeiten zu Technologien, die vergnügliche Freizeitaktivitäten von Menschen mit Demenz unterstützen, liegen kaum vor (Evans et al. 2011; Smith & Mountain 2012). Obwohl diese die Chance bieten, die Lebensqualität der Betroffenen direkt zu verbessern, haben sie bis dato nur wenig Aufmerksamkeit erfahren. Das besondere Potenzial dieser technischen Lösungen wird somit bisher nur wenig genutzt (Smith & Mountain 2012).

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