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Fallbeispiel: Svalbard im Anthropozän

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Svalbard ist eine norwegische Inselgruppe in der hohen Arktis und in vielerlei Hinsicht ein Ort, an dem die menschliche Modifikation der Umwelt besonders sichtbar wird. Spitzbergen, die größte Insel des Archipels, kann als „anthropozäne Insel“ (Pugh 2018) bezeichnet werden, eine Insel „humbled within the vast multidimensional forces of a rapidly changing planet” (Pugh 2018: 96). Während Svalbard oft als „unberührte Natur“ dargestellt wird, als „one of the world’s best-managed wilderness areas“ (Ministry of Justice and Public Security 2015–2016: 56), ist es gleichzeitig einer der Orte in der Welt, an dem die anthropogen verursachten Klimaveränderungen am stärksten ausgeprägt sind. Die Inselgruppe hat in den letzten 50 Jahren eine extreme Temperatursteigerung erlebt, was zu umfassenden Umweltveränderungen führt (Hanssen-Bauer et al. 2019; Norsk Klimaservicesenter 2019). Das Meereseis um Svalbard ist markant zurückgegangen, es gibt öfters extreme Wetterereignisse, und es regnet stärker und öfter im Winter. ForscherInnen prognostizieren ein wärmeres und nasseres Klima auf Svalbard in Zukunft. Dies führt zu Permafrost-Tau (eine tiefere aktive Schicht, d.h. die Schicht, die im Sommer auftaut), Fluten, Küsten- und Flussbetterosion. Mehr Schnee- und Schlammlawinen werden erwartet. Eine tiefere aktive Schicht des Permafrostbodens in Kombination mit mehr Regen führt zu instabilen Hängen, mit erhöhter Erdrutschgefahr. Svalbards scheinbar „unberührte Natur“ wird also vom Menschen – durch anthropogen verursachten Klimawandel – stark modifiziert, und diese klimabedingten Umweltveränderungen beeinflussen wiederum das menschliche Leben auf der Inselgruppe. Die Grenzen zwischen „Natur“ und „Gesellschaft“ verschwimmen, und es wird zunehmend unmöglich, die „lokale“ und die „globale“ Umwelt auseinanderzuhalten.

Während der Klimawandel in vielen Teilen der Arktis indigene Lebensformen beeinträchtigt, die für ihre teilweise auf Subsistenz beruhende Wirtschaft stark auf Naturressourcen und Umweltbedingungen wie Meereis angewiesen sind, ist Longyearbyen, die größte Siedlung Svalbards, eine nicht-indigene, hoch-industrialisierte Gesellschaft, die sich inmitten einer Umstellung von einer auf Kohleminenindustrie beruhenden Wirtschaft zu einer post-industriellen Ökonomie basierend auf Tourismus, Forschung und Serviceindustrie befindet. Der Klimawandel bedroht also nicht grundlegend die Lebensweise und Subsistenz der in Longyearbyen lebenden Menschen, bringt jedoch neue Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten, in Bezug auf die gebaute Umwelt, Mobilität, Tourismus und Forschung.

Das Anthropozän lernen und lehren

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