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3 Frohe Weihnachten ★ Καλά Χριστούγεννα

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Matthias Meiler & Alexandros Apostolidis

Jemandem Glückwünsche auszusprechen, ist eine vielgestaltige Praktik. Die Gelegenheiten und Anlässe, zu denen sie geäußert werden, sind so unterschiedlich wie zahlreich. Die jeweiligen sozialen Beziehungen und Gruppen, die Glückwünsche nötig oder möglich machen, und die medialen Formate, derer man sich dafür bedienen kann oder sollte, setzen dieser Praktik die Bedingungen, in denen sie ihre je angemessene Ausgestaltung erfährt. In ihrem Kern bleibt freilich eine Sache konstant: die guten Wünsche für den*die andere*n – kommuniziert in Text und Bild, in Rede und Geste, mit Handschlag oder Umarmung, per WhatsApp oder Postkarte, mit Brief oder E-Mail, am Telefon oder über Skype.

Schon hier gibt es international bzw. interkulturell deutliche Unterschiede: So soll in Großbritannien bspw. ein einzelner Haushalt – statistisch betrachtet – jedes Jahr 150 Grußkarten erhalten.1 Es werden sogar Karten ‚von‘ Hunden und an Hunde versendet. In Deutschland zeigt sich demgegenüber keine solche Ausdifferenzierung oder Spezialisierung der Weihnachtspostkarte. Aber Weihnachtswünsche per Post zu versenden, lag nach einer Umfrage von über 14-Jährigen im Jahr 2010 mit 52 % immerhin ‚noch‘ auf Platz 2 (nach dem Telefon mit 75 %).2 In Griechenland werden Weihnachtswünsche, wenn sie per Postkarte ausgesprochen werden, typischerweise mit einem wohltätigen Zweck verbunden, indem i.d.R. Karten von Hilfsorganisationen (wie z. B. von Το Χαμόγελο του Παιδιού / Das Lächeln des Kindes) gekauft werden. Zudem schreibt man Postkarten kaum im privaten Kontext. Vielmehr pflegen Unternehmer*innen und Politiker*innen in der Weihnachts- und Silvesterzeit damit ihre Netzwerke.

Sicherlich betreffen Glückwünsche (wie auch in unserem Fall) ein tatsächliches Ereignis, an dem sie sich möglichst erfüllen sollen. Da man jedoch anders als bei einem Versprechen selten Einfluss auf die Verwirklichung des Gewünschten hat, richtet sich das Äußern von Glückwünschen beinahe primär auf die soziale Beziehung zwischen den Kommunizierenden und auf ihre Pflege. Weil jede Art von Beziehung hier ihre eigenen Anforderungen hat, erscheint es besonders wichtig, immer den richtigen Ton zu treffen. Nicht zuletzt deswegen hat sich auch für das ‚richtige‘ Glückwünschen eine Ratgeberliteratur entwickelt – die selbstverständlich auch für Weihnachten guten Rat zu erteilen weiß.

So lesen wir bspw. in einem Ratgeber jüngeren Datums: „Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der besonders herzlichen Glückwünsche. Gefühlvolle Wörter wie ‚Liebe‘, ‚von Herzen‘, ‚innig‘, ‚besinnlich‘, ‚herzlich‘ dürfen im Glückwunschkontext nicht fehlen“ (Rosenbauer 2007: 28). Das gelte auch für die eher formellen Kontexte, in denen man z. B. Geschäftspartner*innen Wünsche ausspricht. Für diese Anlässe findet man im selben Buch die Formel: „Nicht zu forsch oder kühl formulieren“ (Rosenbauer 2007: 20).

Welche Aspekte in solchen Ratgebern besondere Hervorhebung finden, sagt i.d.R. viel über eine Kultur aus – ohne dabei unbedingt zu dokumentieren, wie diese ist, als vielmehr wie einzelne sie gern sehen. In welcher Weise Glückwünsche kommuniziert werden, kann in jedem Falle in Verbindung gebracht werden mit jenen Werten und Normen, die eine Kultur (insbesondere auch für die Gestaltung von sozialen Beziehungen) relevant setzt. Über einen Vergleich erschließen sich diese dabei am prägnantesten.

Interessanterweise scheint sich in der griechischen Ratgeberliteratur eine Sparte für das richtige Glückwünschen nicht herausgebildet zu haben. Demgegenüber findet sich entsprechendes für deutsche Glückwunschpraktiken bereits im 19. Jh. Buschs Glückwunschbuch für Kinder, in der Erstauflage 1896 erschienen, empfiehlt neben Versen und Liedern Postkartenwünsche und Geschenkaufschriften in folgender Form: „Weihnachtsgruß für meine herzliebe gute Mutter am 25. Dezember 19 . . von ihrem gehorsamen Sohne Karl“ (Busch 1896/1926: 86). Oder: „Dem liebevollen, guten Vater aus Dank und Freude am Heiligen Abende gewidmet von seiner Tochter Else. Köln, den 24. Dezember 19.“ (Busch 1896/1926: 86).

Das Feld des Glückwünschens ist erkennbar weit und vielschichtig. Wir wollen uns deswegen hier auf einen begrenzten Ausschnitt, gewissermaßen auf den Kern der Praktik, konzentrieren: nämlich auf jene Glückwunschformeln, die im Deutschen und Griechischen heute üblich sind. Aus diesen kommunikativen Routinen wird auch der unterschiedliche Stellenwert ersichtlich werden, den Weihnachten in Deutschland und in Griechenland hat.

Beziehungskommunikation ist typischerweise am Anfang oder am Ende von Kommunikationsepisoden besonders ausgeprägt (zum Forschungsfeld der Beziehungskommunikation siehe Holly 2001). Wenn man sich (nach mehr oder weniger langer Zeit) trifft und wenn man (für mehr oder weniger ungewiss lange Zeit) auseinander geht, verständigt man sich immer auch gegenseitig über die Art und Enge der zwischenmenschlichen Beziehung, in der man sich befindet, indem man z. B. mehr oder weniger herzliche (s.o.) Worte wählt, sich die Hand gibt, sich umarmt oder (die Wangen) küsst etc. Weil Glückwünsche, wie oben bereits gesagt, zu einem großen Teil v.a. der Beziehungspflege dienen, nisten sich diese auch maßgeblich in die Anfangs- und Endphasen von Gesprächen, Chats, Telefonaten etc. ein. Das bekannte ‚Reinfeiern‘ stellt für diese Kommunikationsroutine eine Ausnahme dar, da hier das zu bewünschende Ereignis in der Kommunikationsepisode selbst stattfindet (und zwar zu einem festgelegten Zeitpunkt: nämlich Mitternacht), anstatt über das Glückwünschen in der Kommunikation thematisiert zu werden. Sollte diese Thematisierung einmal nicht an der präferierten Stelle, d.h. gleich zu Anfang einer Interaktion, geschehen sein, wird ein solches Versäumnis i.d.R. eigens markiert: indem z. B. mittels „ach“ angezeigt wird, dass man sich dieser sozialen Verpflichtung gerade erinnerte. So beginnt ein gewisser Konstantin am 25. Dezember 2018 seine zweite Nachricht in einem WhatsApp-Gruppenchat unter Kommiliton*innen mit: „Ach und frohe weihnachten/nen paar schöne Feiertage wünsche ich euch […]“.3

Natürlich ist das Aussprechen von Glückwünschen immer auch ein Anlass aktiv gesuchter Einzigartigkeit. Denn nicht zuletzt können wir mit individuell zugeschnittenen und kreativ formulierten Glückwünschen in besonderer Weise die Wertschätzung des Gegenübers und damit der Beziehung zu ihm*ihr zum Ausdruck bringen. Die Spielräume dieser sprachlichen Individualisierung scheinen bisher noch unerforscht zu sein. Unser Vergleich muss sich daher auf die konventionellen Formen konzentrieren.

Dabei ist es naheliegend, bei jenen Wörtern zu beginnen, die das Fest in beiden Sprachen benennen: das Weihnachten & τα Χριστούγεννα (‚ta Christúgena‘4). Im Deutschen haben wir es – etymologisch betrachtet – mit einer Dativ-Pluralform zu tun, die einer Zeitangabe entstammt ze den wīhen nahten. Die ausschlaggebenden Bestandteile dieser Form wurden bereits im Mittelhochdeutschen des 14. Jh. als Grundform verwendet (Kompositum: wīhenachten), so wie wir es heute auch tun. Diesem Kompositum wird spätestens im 16. Jh. das grammatische Geschlecht Neutrum regelhaft zugeordnet – vermutlich in Analogie zu das Weihnachtsfest. Erst 200 Jahre später wird die feminine Grundform die Weihnacht gebräuchlich, die heute als stilistisch markiert gilt. Zur ursprünglichen Bedeutung liest man im KLUGE: „Die Betonung der Nacht geht wohl auf die christliche Liturgie zurück, der Plural bezieht sich darauf, dass mehrere Tage gefeiert wurde […]. Ein Zusammenhang mit einem älteren germanischen Fest ist denkbar, aber nicht besonders wahrscheinlich“ (Kluge: 987). Heute kann die Semantik des Wortes – gerade auch aufgrund der Geschichte der Wortform (s.o.) – nicht mehr als durchsichtig betrachtet werden. Die übliche Bedeutungsangabe thematisiert die Tageszeit deswegen i.d.R. nicht: „christliches Fest, das die im Neuen Testament berichtete Geburt Christi feiert (25. Dezember)“.5 Und ob die heutigen großen und kleinen Sprecher*innen angesichts der Tatsache, dass dieses Fest mittlerweile global, kultur- und mitunter religionsübergreifend begangen wird, gerade an jene, eben zitierte Informationen denken, wenn sie das Wort verwenden, kann man vermutlich bezweifeln.

Demgegenüber ist die griechische Bezeichnung etwas sprechender. Auch hier liegt ein Kompositum vor. Dieses setzt sich zusammen aus der Genitivform von ο Χριστός (‚o Christós‘) und dem Wort für Geburt η γέννα (‚i géna‘). Wie im Deutschen kann es auf eine Phrase, nämlich auf η Χριστού γέννα (‚i Christú géna‘, wörtlich: Christi Geburt) zurückgeführt werden. Dass das daraus zusammengesetzte Kompositum nicht die grammatischen Eigenschaften von γέννα (‚géna‘, Geburt) hat (nämlich Genus Femininum und Singular), ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei τα Χριστούγεννα natürlich nicht um ein einfaches Kompositum handelt, das man wörtlich einfach mit die Christusgeburt übersetzen könnte. Am Artikel τα wird ersichtlich, dass eine Pluralform eines Wortes mit dem Genus Neutrum vorliegt. Bereits im Altgriechischen war es üblich, religiöse Feste auf diese Weise (Plural Neutrum) zu benennen: So verfügt der Name für die Feste zu Ehren von Dionysos τά Διονύσια (‚ta Dionísia‘)6 ebenfalls über die Eigenschaften Plural Neutrum.7 Mit einer Plural-Neutrum-Form wurden sowohl im Lateinischen wie auch im Griechischen auch die Saturnalia / τά Σατουρνάλια benannt. Das Fest zur Winteraussaat wurde im Römischen Reich traditionell im Dezember gefeiert. Als man im 4. Jh. begann, am 25. Dezember Weihnachten zu feiern, hat man sich wahrscheinlich nicht nur im Datum, sondern auch in der Benennungspraxis für religiöse Feste am genannten Vorbild orientiert. In der oben beschriebenen Form ist das Wort τά Χριστούγεννα (‚ta Christúgena‘, das Weihnachten) aber zum ersten Mal erst in Texten von Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos (905–959) belegt (Babiniotis o.J.).

In seiner heutigen, lexikologisch festgehaltenen Bedeutung gleicht das griechische Χριστούγεννα dem deutschen Wort Weihnachten beinahe vollständig. Das Triantafyllidis-Wörterbuch definiert es als „das Fest der Geburt von Christus, die man am 25. Dezember feiert“ (eigene Übersetzung).8 Nichtsdestotrotz ist für die Sprecher*innen des Neugriechischen der innere Aufbau des Kompositums durchsichtiger als das bei Weihnachten für Sprecher*innen des Deutschen der Fall ist. In einem Wörterbuch für Griechisch als Fremdsprache wird daneben noch eine weitere Dimension des Wortgebrauchs angeführt: „Wir nennen Χριστούγεννα die Tage kurz davor und kurz nach dem Weihnachtstag“ (eigene Übersetzung).9 Auf Deutsch spräche man von der Weihnachtszeit.

Weihnachten gilt in Deutschland gemeinhin als mit Abstand wichtigstes Fest des Jahres. Zu diesem Anlass soll man – sprachlich betrachtet – vor allem eines sein: froh bzw. fröhlich. Deutsche Weihnachtswünsche richten sich mit diesen Adjektiven also typischerweise auf das Empfinden der Bewünschten. Mit den drei Wörtern Und fröhliche Weihnachten! enden in den letzten Tagen vor Weihnachten Gespräche häufig; v.a. wenn absehbar ist, dass man sich bis dahin nicht noch einmal trifft. Ein Gefühl der Hochstimmung, eine innere Heiterkeit10 soll damit für die Verabschiedeten zu Heiligabend und an den zwei Weihnachtsfeiertagen vorherrschend sein. Deutlich unspezifischer ist Schöne Feiertage! (‚schön‘ kann neben der Stimmung immerhin noch anderes mehr sein), was sich gegenüber Frohe bzw. Fröhliche Weihnachten jedoch nicht auch zur Begrüßung eignet. Als nur scheinbar unspezifisch ist die Wunschformel Frohes Fest! zu verstehen. Man hört sie eigentlich nur zu Weihnachten – dem Fest der Feste!

Im Gespräch wie ebenso auch auf Postkarten begegnet einem eine Formel mit deutlich größerem Zielbereich, eine Formel nämlich, die in der Lage ist, die sog. Zeit zwischen den Jahren zu umklammern: Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr! Wohl vornehmlich im Bereich der Schriftlichkeit anzutreffen, sind Wünsche für besinnliche Weihnachtstage oder für ein gesegnetes Fest. Hier ist sprachlich die Ruhe und innere Einkehr noch präsent, die mit der Adventszeit (i.e.S.) und schließlich der Ankunft Jesu Christi auf Erden verbunden wird. Freilich handelt es sich dabei aber um einen Wunsch, der sich ebenso gut auch für die durchkapitalisierte (Vor-)Weihnachtszeit nicht-religiöser Weihnachtsfeiernder eignet.

Das Griechische kennt im Vergleich zum Deutschen für alle nur denkbaren Anlässe konventionalisierte Wunschformeln. Für die Weihnachtszeit z. B. besonders brauchbar ist Καλή χώνεψη! (‚Kalí chónepsi!‘), womit nach den Mahlzeiten (wörtlich) eine gute Verdauung gewünscht wird. Aber auch speziell für die Weihnachtszeit und die Zeit um den Jahreswechsel herum finden sich fein ausdifferenzierte und stark formelhafte Glückwünsche. Obwohl Weihnachtstraditionen aus dem deutschsprachigen Raum (wie Lieder und Dekoration) seit der Herrschaft des bayerischen Königs Otto (1815–1867) in Griechenland weit verbreitet und auch heutzutage noch immer üblich sind, zeigt sich in der Sprachlichkeit von griechischen Glückwünschen ein deutlicher Unterschied zu den deutschen.

Das typische Wunsch-Attribut ist im Griechischen καλός (‚kalós‘), mit der schlichten Bedeutung ‚gut‘. Eine Abweichung davon, im Sinne individualisierender Variation, ist kaum anzutreffen. Das Muster ist so weit verbreitet, dass es einem in allen nur denkbaren Wunsch-Kontexten begegnet, so z. B. in Καλή γυμναστική! (‚Kalí gimnastikí!‘, wörtlich: Guten Sport!) oder Καλό καθάρισμα! (‚Kaló kathárisma!, wörtlich: Gutes Putzen!). Mit Bezug auf den 25. Dezember kann man sich diesem Muster entsprechend Καλά Χριστούγεννα! (‚Kalá Christúgena!‘, wörtlich: Gute Weihnachten!) wünschen und damit, wie oben schon erläutert, den Festtag anlässlich Christi Geburt fokussieren. Dass dieser Tag für sich allein betrachtet in Griechenland aber gar nicht so zentral ist – in der orthodoxen Tradition ist das Osterfest ohnehin viel wichtiger – sieht man an einer anderen üblichen Wunschformel: Die Griechisch-Orthodoxe Kirche fasst mit den sog. Zwölf Tagen (το δωδεκαήμερο, ‚to dodekaímero‘), die sich vom 25. Dezember bis zum 5. Januar erstrecken, das Feiern der Geburt Jesu zusammen mit verschiedenen anderen Festen, wie z. B. den Tag des Heiligen Basilius. Epiphanias am 6. Januar, eines der wichtigsten Feste Griechenlands, schließt unmittelbar an. Dieser gesamte Zeitraum ist gemeint, wenn man den Wunsch Καλές γιορτές! (‚Kalés giortés!‘, wörtlich: Gute Feste!) ausspricht; demgegenüber ist im Deutschen mit Schöne Feiertage ja nur ein Bruchteil dieses Zeitraums gemeint (s.o.). Parallel zu den deutschen Wünschen für eine gesegnete Weihnachtszeit findet man auch im Griechischen Formeln wie Καλό δωδεκαήμερο (‚Kaló dodekaímero‘, wörtlich: Gute zwölf Tage!) und Ευλογημένο δωδεκαήμερο (‚Eflogiméno dodekaímero‘, wörtlich: Gesegnete zwölf Tage!), die im speziellen die zwölf Feiertage fokussieren und stark religiös konnotiert sind.

In diesem Zwölf-Tages-Zeitraum ist es aber ebenso üblich, sich eines griechischen Glückwunsch-Passepartouts zu bedienen, das bspw. auch zum Geburts- oder Namenstag wie auch zu Mariä Verkündigung oder Mariä Himmelfahrt verwendet werden kann: Χρόνια πολλά! (‚Chrónia pollá!‘). Wörtlich übersetzt wünscht man dem Gegenüber damit ‚viele Jahre‘, also ein langes Leben. So wäre eine Gesprächseröffnung mit den Worten Γεια σου, Δημήτρη μου, χρόνια πολλά! (‚Giá su, Dimítri mu, chrónia pollá!‘, wort-wörtlich: Gesundheit dir, Dimítris mein, der Jahre viele!) nicht nur zur Weihnachtszeit möglich. Schon in der alltäglichen Begrüßungsformel Γεια σου (‚Giá su‘, distanzierter mit σας/‚sas‘, Ihnen), die üblicherweise mit Hallo (bzw. Guten Tag) übersetzt wird, steckt ja ein spezifischer Wunsch: Γεια bzw. γεια geht zurück auf υγεία (‚igía‘, Gesundheit). Dass in der Anrede das Possessivum μου (mein) dem Namen Dimítris folgt, gibt eine enge zwischenmenschliche Beziehung zum Angesprochenen zu verstehen. Es folgt der schon erwähnte Wunsch für ein langes Leben (χρόνια πολλά, ‚chrónia pollá‘). Zur Weihnachtszeit lautete eine angemessene Übersetzung für diese so übliche wie flexible Begrüßungsformel dann also: Hallo, mein lieber Dimitris, frohe Weihnachten!

Obwohl – wie eingangs gesagt – das Aussprechen von Glückwünschen zu einem großen Teil dem Ausgestalten und Bestätigen der sozialen Beziehung zwischen den Kommunizierenden dienen mag, sagen uns die konkreten sprachlichen Gestalten, die den Kern der weihnachtlichen Glückwunschpraktiken ausmachen und mit Hilfe derer die Beziehungsarbeit geleistet wird, doch viel darüber, welche Rolle das Weihnachtsfest in beiden Ländern spielt. Während die griechischen Wünsche eine viel stärkere Bindung an religiöse Inhalte und Hintergründe reflektieren als die deutschen, steht das Fest dort in einem umfassenderen Kontext religiöser Praktiken, als das die deutschen Wünsche sprachlich widerspiegeln würden. Dieser Kontext religiöser Praktiken schreibt dem Weihnachtsfest in Griechenland aber gleichzeitig nicht den Status zu, das wichtigste Fest des Jahres zu sein, als das es in Deutschland durchaus verstanden werden kann. Aus solchen sprachlichen Fakten kann natürlich nicht einfach abgeleitet werden, welche Relevanz in beiden Sprachgemeinschaften Religion jeweils hat. Die im Deutschen und Griechischen unterschiedlichen Glückwüsche reflektieren aber, dass das gemeinsame Fest ‚Weihnachten‘ in je andere gesellschaftliche Traditionen und Praktiken eingebettet ist, die eigene Charakteristika aufweisen und eigene Gewichtungen vornehmen.

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