Читать книгу Weihnachtslinguistik - Группа авторов - Страница 16

3 Die magische Kraft des Wortes

Оглавление

Indem wir jemandem etwas wünschen, enthüllen wir uns als Menschen, die an die magische Macht des Wortes glauben: Das gesprochene Wort kann die Welt beeinflussen. In diesem Sinne treten die Glückwünsche in die Nähe der Zaubersprüche, die eine magische Wirkung hervorbringen sollen – ähnlich wie der berühmte „Hals- und Beinbruch!“ bei den Prüfungen, der wie „der gute Rutsch ins Neue Jahr“ noch vom deutsch-jiddischen Sprach- und Kulturkontakt zeugt.1 Dem Aussprechen des Zauberspruchs liegt die Überzeugung zugrunde, dass die magische Perfomativität des Spruchs die Welt ändern kann (Haeseli 2011). Glückwünsche können also als eine Art moderne Beschwörungstexte betrachtet werden. In der vorchristlichen, heidnisch-germanischen Frühzeit dienten Zaubersprüche dazu, sich durch die Macht des gebundenen Wortes die magischen Kräfte dienstbar zu machen. Heidnische Zaubersprüche sind dann zu christlichen Heilsegen geworden, die im Mittelalter oft als verbale Therapie durch die Mönchärzte gepflegt wurden (Ernst 2011). Der Zauberspruch kann einen Dämon jagen, der für das Entstehen einer Krankheit verantwortlich ist. Wünsche des Glücks, der Gesundheit, des Erfolgs, die wir zu Weihnachten und anderen Gelegenheiten aussprechen, verraten noch dieses magische Substrat, das weiterhin im Menschen lebt, als wolle der Mensch auch heute die Dämonen jagen, die seinem Glück im Wege stehen können. Von diesem magischen Substrat zeugt auch der Weihnachtsbaum, der an die immergrünen Pflanzen erinnert, die in heidnischen Kulturen ein Symbol für Fruchtbarkeit und Lebenskraft waren.

Weihnachtslinguistik

Подняться наверх