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1 Weihnachtswünsche

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Während man in Deutschland zu Weihnachten Frohe Weihnachten, mein Schatz! sagt, heißt es in Italien: Buon Natale, carissimo! Nicht nur an den wichtigsten Feiern – dazu gehört Weihnachten – pflegen wir unseren Teuren Glückwünsche (in Italien: auguri) auszusprechen. Glückwünsche sind Mittel der Beziehungsgestaltung bei wichtigen Anlässen: Zum Geburtstag, zur Taufe, zur Hochzeit, zum Gelingen einer Prüfung oder einer Sportleistung, zu einer beruflichen Entwicklung wünschen wir uns nah stehenden Menschen Glück, Erfolg, Liebe, Gesundheit oder das gute Gelingen des Unternehmens. Aus der Sicht ihrer propositionalen Struktur können sich Glückwünsche aber sehr unterscheiden: von komplexen syntaktischen Konstruktionen bis zu formelhaft standardisierten Nominalphrasen. Oft werden Glückwünsche vom performativen Verb „wünschen“ eingeleitet, manchmal wird dieses vorausgesetzt – so etwa im Deutschen: Ich wünsche euch einen schönen Abend! vs. Schönen Abend!, im Italienischen: Vi auguro una buona serata! vs. Buona serata! Wünsche verblassen manchmal zu Routineformeln, wie etwa Grußformeln, die anfänglich als Wunschformeln entstanden sind:

Ich wünsche dir einen guten Tag! -> Guten Tag!

Ich wünsche dir guten Appetit! -> Guten Appetit!

Glückwünsche sind aber keine Gelegenheitssprüche, sondern kommunikative Einheiten, die das Resultat einer kulturellen Schichtung sind – denn Kultur ist nicht etwas Einheitliches, sondern wie Gesteine das punktuelle Ergebnis eines immer fortlaufenden Sedimentationsprozesses menschlichen Tuns und menschlicher Sinngebung –, in der Vergangenheit ein Zeichen des Wohlwollens der Götter für die Menschen und heute ein Zeichen der positiven Anteilnahme an einem Ereignis der Person, die sie ausspricht, und die von Empfänger*innen überwiegend als freudig empfunden werden. Glückwünsche, das kennen wir alle aus unserem täglichen Sprachgebrauch, machen eine Reaktion erforderlich. Wir nehmen sie entgegen, bedanken uns etc. In der Interaktionslinguistik spricht man von einer Sequenzstruktur, wenn man einen Glückwunsch und die Reaktion auf den Glückwunsch als eine Einheit betrachtet. Aus der Sicht dieser Sequenzstruktur kann unser*e Adressat*in unsere Glückwünsche entgegennehmen – dies auch nach bestimmten Regeln der Antwort (meist einer Danksagung) und der Erwiderung (meist eine eventuell verstärkte Wiederholung) – oder nicht – vor allem durch Nichtachtung dieser Regeln der Gegenseitigkeit. Große Feste, wie etwa Weihnachten, verlangen Rituale, die eine Kulturgemeinschaft verbinden. Zu den wichtigsten Ritualen an Weihnachten gehört der Austausch von Geschenken, und Glückwünsche sind ein tief sprachlich kodiertes „verbales Geschenk“, das mit Erwartungen verbunden (wer wem was wie wann wünscht) ist und bestimmten kommunikativen Regeln unterliegt.

Weihnachtslinguistik

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