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MYRIAM BRÜGER

Shangri-Las

• ERSTE SINGLE 1963


7"-Cover zu The Shangri Las, Leader oft he Pack (Sonet, 1964)

Berlin, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 2007. Draußen tobt der Gefühlsmob und bekommt nicht mit, dass sich drinnen wieder eine Elite um strenge Formen des sozialen Umgangs kümmert. René Pollesch probt mit Christine Groß, Mira Partecke, Sophie Rois und Volker Spengler das Stück Diktatorengattinnen, als Frank Castorf Gabriele Gysi zu seiner Chefdramaturgin macht. Gob Squad sehen sich genötigt, ihre Vorstellungen auf DEUTSCH zu übertiteln, und Absolventen der Hochschule für Musik Hanns Eisler übernehmen den Spielplan. Unsere Truppe versucht weiterhin, Tradition und Anarchie gleichermaßen aufrechtzuerhalten … Was wäre an dieser Stelle passender (sowie im gleichen Maße unverhofft) gewesen, als Mitch Cohen zu zitieren, fetzig übersetzt und auf der Bühne kolossal kontextualisiert? Meine Herren!

Es folgt nun ein Auszug aus dem Stück, in dem Sophie Rois kenntnisreich und überwältigend einen Vortrag über die Shangri-Las gab, um dann aber anschließend einen Song der Flaming’ Groovies aufzulegen:

Sophie: Lass es Olive! Das Geld ist für immer vorbei. Der unwiederbringliche Augenblick, als es betörend war. Wo ist er hin, der unwiederbringliche Zauber des Geldes?

Oh mein Gott! Diese Kirche war doch mal ein perfektes Rock-Statement. Zupackend, doch vergänglich, sehr in seiner Zeit verwurzelt und daher unmittelbar Nostalgie erzeugend!

Tine: In diesem Zusammenhang dürfte es interessant sein, herauszufinden, was aus den entsprechenden Bands der Sechziger geworden ist!

Mira: Ja, gut, die Stones gibt es noch immer, aber sie kämpfen einen aussichtslosen Kampf gegen das Alter.

Sophie: Und das hat Greg Shaw schon in den 70er Jahren über sie geschrieben. Was geschah mit den Standells, den Seeds, den Shadows of Knights, den Knickerbockers, den Shangri-Las? Die Shangri-Las hatten einen todsicheren exakten Sinn für unsere der Inflation der Gefühle zum Opfer gefallenen Lebenskonzepte – wie absurd sie auch immer sein mochten, ihre Melodramen en Miniature waren um keinen Deut weniger überkandidelt als die täglichen Exzesse der erwachsenden Gefühle jener Halbwüchsigen, die ihre Platten kauften. Was Shadow Morten und die Shangri-Las versuchten, war, jenen Leuten das Rückgrat zu stärken, die glauben mussten, dass die Rückgewinnung einer eigenen Identität eine Tat von heroischem Format sei, dass Mama und Papa die Tiefe ihrer Gefühle nie und nimmer ermessen könnten. Es waren Fertigteil-Etüden über die Soziologie der abendlichen Straßen, der düsteren Parkanlagen, und die tragenden Rollen waren ohne Umschweife kenntlich. Wenn die Ronettes die Königinnen der Feuerleiter waren, dann waren die Shangs die Mauerblümchen der Streetgangs – mit eigenem Schlüssel für Papas Wagen. Als aber das ordinäre Süßholzgeraspel von »Give Him a Great Big Kiss« und die mit allen Wassern gewaschene Impertinenz von »Right Now and Not Later« dem dümmlichen Bla Bla von »Long Live Our Love« mit seiner feierlich gemeinten When-Johnny-comes-marching-home-Einlage und den vagen Anspielungen auf ferne Kriege und die böse Welt wich, war das Konzept am Ende. Was wir wollten, das waren Gang-Straßenschlachten, kein Guerilla-Krieg. Die Shangri-Las, die haben es für eine Zeit lang gebracht, dann sind sie verschwunden. Aber solange sie da waren, na ja, hört euch doch unbedingt mal ihren »twist and shout« an und alles ist klar. Aber zuerst noch ein Track der Flaming’ Groovies von den Golden Tapes!

These Girls

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