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ELKE WITTICH

Marianne Faithful

• ERSTE SINGLE 1964


Marianne Faithful, 1966

Ein Rock-Urgestein! Ein Überlebenskünstler! In fast jedem Artikel über Keith Richards klingt Bewunderung darüber durch, was dieser Mann in seinem nun mehr als 70 Jahre dauernden Leben alles erlebt hat. So viele Drogen, so viele Affären, so viele Freundschaften mit anderen Promis, so viele Schlagzeilen, Auftritte, Fans, so ein wildes Leben. Wie anders klingt es dagegen oft, wenn es um Marianne Faithfull, nur drei Jahre jünger als der Stones-Gitarrist, geht. Bedauernswertes Drogen- und irgendwie auch Mick-Jagger-Opfer, mittlerweile geplagt von diversen Krankheiten, im Alter noch mal etwas Erfolg gehabt, ist ja auch schön.

Dabei hatte sie etwas geschafft, was Frauen noch nicht allzu lange gelingt: Sie hat sich trotz vieler Rückschläge immer wieder neu erfunden und möchte nun keinesfalls zum »Symbol für würdevolles Altern werden«, wie sie vor zwei Jahren gegenüber der F.A.S. betonte.

Und das macht sie ziemlich gut, was deswegen wichtig ist, weil als weibliche Role Models mehrheitlich die gefeiert werden, die jung, schön und meist wütend ihren Platz im Leben einfordern. Und weil selbst Leute, die ansonsten sehr auf diskriminierungsfreie Sprache achten, sich manchmal gedankenlos über Senioren und Seniorinnen lustig machen, wenn die die Welt der Jungen nicht auf Anhieb verstehen, ihnen problemlos Grundrechte wie das auf Ämterausübung ab einem gewissen Lebensalter absprechen wollen oder »alt« als Pejorativ benutzen.

Noch vor zwei, drei Generationen hatten Seniorinnen für ihr weiteres Leben nicht sehr viele Perspektiven, grob hatten sie die Wahl zwischen unscheinbar und unscheinbarer sein, also in, wenn es etwas gewagter sein sollte, irgendeinem Pastellton oder gleich in unauffälligen, unsichtbar machenden Farben wie beige, grau oder bräunlich durch die Welt zu huschen. Und sich nützlich zu machen, sich also rührend um den Mann, die Enkel, Kranke, Bedürftige zu kümmern statt um sich selber. Die Alternative bestand darin, schwer geliftet und von Kopf bis Fuß teuer angezogen so zu tun, als sei Alter nur etwas, was den anderen, nämlich den Armen und Undisziplinierten, passiert. Oder als komische Alte das zu machen, wozu sie grad Lust hatten und sich gnadenlosem Hohn und Spott auszusetzen.

Marianne Faithfull macht dagegen vor, wie Altwerden für Frauen auch gehen kann: das tun und auskosten, was noch geht, nicht schamvoll verschweigen, was eben nicht mehr geht und keinesfalls lieb und dankbar sein, sondern selbstbewusst, sich und andere fordernd, zynisch und sichtbar. Gut, und in ihrem Falle hörbar. Dabei hatte zunächst nicht viel darauf hingedeutet, dass ihre Karriere mehr als 50 Jahre andauern würde. Für ihren Entdecker Andrew Loog Oldham, Manager der Rolling Stones, war sie ein blonder »Engel mit großen Titten«, der halt folkige, ihr von anderen vorgegebene Lieder sang. Allgemein habe sie in der Musikwelt als »jemand, der nicht nur nicht singen kann, sondern auch keine Songs schreibt« gegolten, eben »nur als ein Etwas, aus dem man etwas machen kann«. Folgerichtig wurde sie dann rasch auch bloß »Freundin von«, nämlich Mick Jagger. Als an einem Wochenende im Februar 1967 auf Redlands, dem britischen Landsitz von Keith Richards, eine Drogenrazzia der Polizei stattfand, waren unter anderem die Sängerin und Jagger anwesend. Die Boulevardpresse dichtete angebliche sexuelle Ausschweifungen hinzu und machte aus der eigentlich nicht besonders spektakulären Tatsache, dass sie nackt geschlafen hatte, einen Skandal. Ein Paparazzi-Foto aus jener Zeit zeigt Faithfull am Tag danach auf dem Grundstück von Redlands, in der Hand eine Ausgabe der London Evening News mit der Schlagzeile »Naked Girl At Stone’s Party«.

Die Solidarität der Rockszene mit den verhafteten Männern war groß, The Who erklärten in einer Anzeige, Jagger und Richards seien bloß Sündenböcke, daher werde man bis zu ihrer Freilassung Songs der beiden veröffentlichen. Mit der in Presseberichten als schamloses Flittchen dargestellten Faithfull solidarisierte sich dagegen kaum jemand. Was für die Stones lästig und sicher auch angsteinflößend war, denn das Establishment schien entschlossen, an ihnen ein Exempel zu statuieren, aber gleichzeitig ihrem Image als wildem Beatles-Gegenentwurf nutzte, erwies sich für Faithfull als Albtraum, wie sie Jahrzehnte später in einem Interview sagte: »Es hat mich vernichtet. Männlich und drogenabhängig zu sein und entsprechend zu agieren, ist immer irgendwie glamourös. Eine Frau in einer solchen Situation wird dagegen zur Schlampe und schlechten Mutter erklärt.«

Musikalisch war Faithfull zu diesem Zeitpunkt mit sich unzufrieden, sie sei es leid gewesen, »das immer gleiche Thema in allen möglichen Varianten durchzuleiern«, schreibt sie in ihrer Autobiografie Faithfull. Das änderte sich, als sie den Text zu »Sister Morphine« schrieb, aus Notwehr, weil sie es nämlich so satt war, Jagger die textlose Melodie vor sich hinklampfen zu hören, »ich begriff, wenn nicht jemand den Text dazu schrieb, würden wir sie noch die nächsten zehn Jahre zu hören bekommen.« Der Rolling Stone und die Popsängerin waren eigentlich ein gutes Team, sie brachte ihm bei, was sie über Literatur und Kunst wusste, und er ihr Musikgeschichte.

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