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Tine Plesch

Janis Joplin

• BIG BROTHER & THE HOLDING COMPANY

• ERSTE SINGLE 1968

Janis Joplin starb vor 30 Jahren. Sie starb allein in einem Hotelzimmer, an zu reinem Heroin, das ihr Körper, gerade mal ein halbes Jahr clean, nicht verkraftete. Sie wurde erst nach 18 Stunden gefunden.

Ich frage ein paar Bekannte, was ihnen zu Janis Joplin einfällt. Nichts. Sie wissen, wer sie ist und sie kennen sicher ein paar ihrer Songs – »Me and Bobby McGee« zum Beispiel, das nach ihrem Tod erschien und ihr einziger Nummer-1-Hit wurde. So verzeichnet es das Minilexikon, das meinen neugekauften Minidiscs beiliegt. Und erwähnt – immerhin – nicht ihr exzessives Leben, sondern ihren »hemmungslosen Vokalstil«. Die Klage, der Schrei, das Flüstern – sie alle gehören zum Blues, und Janis Joplin hat sie alle beherrscht, hat in unerhörter Intensität Innerstes nach außen gekehrt, hat es dir um die Ohren geschlagen: Aggression, Verletzlichkeit, Einsamkeit, Begehren, Leidenschaft. Konnte es aber auch anders, den Blues, wie er sich gesungen gehört – Liveaufnahmen von 1963 und 1965 sind auf dem Doppelalbum Janis Joplin zu finden. Janis Joplin hat mit dafür gesorgt, dass die große Bessie Smith einen Grabstein bekam und ihn auch zur Hälfte bezahlt. Was für eine Geste!

Janis Joplin wurde 1943 in Port Arthur, Texas, geboren, als die Rassentrennung noch fest verankerter Teil des gesellschaftlichen Lebens vor allem der Südstaaten und »nigger-knocking« ein Freizeitvergnügen war. Von all dem hielt Joplin nichts, interessierte sich für Musik, Lyrik und Kunst und galt so schnell als Außenseiterin – »a weirdo among fools« nannte sie es. Sie schloss sich einer Jungsgang an, sie passte nicht ins Bild, ins damals gängige Frauenbild schon gar nicht, sie wurde verspottet als »hässlichster Mann auf dem Unigelände«. Pieke Biermann und Guy St. Louis schrieben 1979: »Sie steht quer zu allen Linien, in die sie passen sollte: Sie ist viel zu verworfen und deftig für eine weiße Frau, ihre Sprache und ihre Gesten sind zu dreckig, sie ist zu dick für ein Idol, nach dem sich die weißen Fans sehnen sollen, und zu verwurschtelt für eine ordentliche kontinuierliche Karriere.« Ich erinnere mich an die Bilder im Doppelalbum Janis Joplin. Janis in verschiedenen Phasen und Posen: mit hochgesteckten Haaren, mit Federboa und kettenbehängt, mit nachdenklichem Blick hinter der runden Brille und ohne Glam-Klamotten. Ich fand sie höchst attraktiv. Natürlich erwähnte damals niemand, dass Joplin zwar von »One Good Man« sang, aber auch Frauen liebte. Wie Bessie Smith übrigens. Auch Myra Friedmanns Biografie schweigt sich darüber aus. Biermann/St. Louis schrieben, ganz im Geist der 2. Frauenbewegung: »Und dann ist sie auch noch eine lesbische Frau, und die Drastik, mit der sie ihre Verzweiflung über die sexuellen Zustände herausschreit, ist nicht gut weißen Zuhörerinnen zu empfehlen, die man zu getreuen, wenn auch … etwas ›befreiteren‹ heterosexuellen Gefährtinnen von Männern machen will.«


Janis Joplin, 1970

Als sie zwanzig war, ging sie nach San Fransisco. Der Rest ist bekannt, ein einjähriger Abstecher zurück nach Texas ändert nichts daran. Folkkneipen, Big Brother and the Holding Company, der Durchbruch in Monterey 1967, die Kozmic Blues Band, die Full Tilt Boogie Band. Alk, Heroin, Sex, das volle Programm. Immer von Selbstzweifeln geplagt, immer im Schatten ihres Images als spontane, taffe Person. »Interviewers don’t talk as much about my singing as about my lifestyle … Maybe my audiences can enjoy my music more if they think I’m destroying myself.« Die Musikerin Joplin war zielstrebig. »Was über sie erzählt wurde, z.B. sie lasse es sich immer gutgehen und arbeite nie, ist totaler Unsinn. Ich habe nie eine Künstlerpersönlichkeit gesehen, die härter gearbeitet hat. … Sie plante jedes einzelne Stöhnen, jeden Schrei.« Janis Joplin wollte alles, lautet eine gängige Formel zu ihrem Leben. Das erinnert mich an eine andere Künstlerin, deren Tod völlig klar Selbstzerstörung war: Selbstmord. Auch die Dichterin Sylvia Plath wollte alles und Esther Greenwood im Roman Die Glasglocke saß, wie Joplin, zwischen allen Stühlen, die die Konvention den Frauen bereitgestellt hatte. »Alles« war übrigens nur das, was Männer seit je und heute irgendwie alle für normal halten: Selbstverwirklichung, Karriere, Sex, Liebe, Ernstgenommenwerden und in Plaths Fall Kinder. Heute sind wir schlau und sagen, sie wollten »one of the boys« sein. Klar, dass das nicht klappen konnte. Klar, dass Plath, die ihren Kopf 1963 in den heimischen Herd steckte, und Joplin 1970 über weniger Wahlmöglichkeiten verfügten als wir heute.

Biermann/St.Louis: »Aber Janis Joplin ist nicht wegzufegen, und als man sie dazu gebracht hat, sich zu Tode zu saufen und zu fixen, weil es für derart radikale Ausbrüche aus der Gefangenschaft keine ›Integration‹ geben darf, werden ihre Platten erst recht gekauft.«

In Nürnberg, das neben der Bratwurst auch immer den Blues hochgehalten hat, gibt es eine Band namens Pearl, die Joplin-Songs covert. Es heißt, zu den Konzerten kämen durchaus Jugendliche, Mädchen sowieso, und manche sängen die Texte mit.

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