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Die Dilemma-Methode von Blatt und Kohlberg

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Moshe Blatt und Lawrence Kohlberg4 waren wohl die ersten, die Dilemmadiskussionen einsetzten, um Moralkompetenz zu fördern. Diese Methode erwies sich auf Anhieb als sehr wirksam. In einer Analyse der weit über hundert Studien, die in den 1970er und 80er Jahren veröffentlicht wurden, ergab sich eine mittlere Wirksamkeit von d = 0.86 bzw. r = 0.405 – ein Wert, der weit über den sonst gefundenen Effektstärken liegt.6

Trotz dieses Erfolgs riet Kohlberg davon ab, sie zu benutzen: „Unsere Forschungsbefunde zeigten an, dass die Operation erfolgreich war […] Der Patient jedoch starb: das heißt, wir kamen ein Jahr später zurück und fanden, dass kein einziger Lehrer weiter Dilemmadiskussionen machte, nachdem ihre Teilnahme an der Forschung zu Ende war.“7 Kohlberg deutet auch den Grund für die Ablehnung durch die Lehrer an. Die Lehrkräfte waren „kaum in der Methode ausgebildet.“8 Den Erfolg verdankten sie also mehr den Leitern der Forschungsprojekte, an denen sie beteiligt waren. Ohne deren Hilfe sahen sie sich offenbar nicht in der Lage, selbst die Dilemmadiskussion durchzuführen. Dafür war die Blatt-Kohlberg-Methode wohl auch zu komplex, worauf Oser und Althof hinwiesen: „Erstens ist die Konstruktion von Dilemmata mit zwei sich wirklich widersprechenden Grundwerten eine äußerst zeitaufwendige Sache […] Zweitens ist es für Lehrpersonen äußerst schwer, das Basismodell der Dilemma-Diskussion durchzuführen: [...] (a) Dilemma-Erfahrung, (b) Kontroverse, (c) +1-Konvention (Konfrontation mit Argumenten, die eine Stufe höher anzusiedeln sind als die Stufe des eigenen Denkens), (d) Prozessreflexion, die notwendig ist, um wirksam in Richtung der nächst höheren Stufe des sozio-moralischen Urteils zu entwickeln. […] Drittens besteht die Gefahr, dass das Argumentationsmaterial einer höheren Stufe, das Lehrpersonen unter Umständen vorbringen, in eine moralisierende Bewertung der Schülerargumente abrutscht.“9 Trotz Kohlbergs Abkehr von der Dilemmamethode gab es für mich zwei wichtige Gründe, an ihr festzuhalten – und sie zu verbessern:

1. Die Blatt-Kohlberg-Methode war bis dahin die einzige Methode, mit der sich die Moralkompetenz effektiv fördern ließ, und zwar viel effektiver, als dies sonst in Interventionsstudien der Fall ist. Mir schien, dass man sie noch effektiver und vor allem besser lehrbar machen konnte, so dass Lehrer sie besser lernen können.

2. Sie nimmt die Teilnehmer als moralische und denkende Wesen ernst. Auch hier, schien mir, konnte noch einiges verbessert werden. Vor allem schien es mir wichtig, den Teilnehmern viel mehr Zeit für die eigene Auseinandersetzung mit Dilemmasituationen zu geben, als dies dort der Fall war.

Philosophieren mit Dilemmata

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