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Wie unterscheiden sich KMDD und Blatt-Kohlberg-Methode?

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Die wichtigste Neuerung der KMDD bestand darin, den Teilnehmern mehr Gelegenheit zu geben, sich mit ihren eigenen moralischen Gefühlen und denen von Gegnern auseinanderzusetzen, also sich ihrer eigenen Moral bewusst zu werden und zu lernen, diese in Worte zu fassen, und damit kommunizierbar zu machen. Dafür wird die Rolle der Lehrperson stärker zurückgenommen, damit sie diesen Lernprozess nicht stört:

¬ Statt die Teilnehmer vier und mehr Dilemmageschichten in 45 Minuten diskutieren zu lassen, gibt die KMDD nur eine Geschichte vor und lässt den Teilnehmern 90 Minuten Zeit zum Nachdenken, zu Gesprächen und zur Reflexion über die eigenen moralischen Gefühle und die Gefühle der anderen.
¬ Statt durch höherstufige Argumente, die der Lehrer bzw. die Lehrerin vorgibt, wird bei der KMDD die Moralkompetenz der Teilnehmer durch die Auseinandersetzung mit Gegenargumenten stimuliert. Walker14 wies nach, dass es keiner „höher-stufigen“ Argumente bedarf, sondern dass generell alle Argumente, die von den eigenen verschieden sind, das moralische Denken herausfordern und die Entwicklung anregen können. Unsere Erfahrungen mit der KMDD bestätigen seine Befunde.
¬ KMDD-Teilnehmer bekommen – anders als bei der Blatt-Methode – vor der Diskussion Gelegenheit, sich der moralischen Gefühle, die bei ihnen durch die Dilemmageschichte ausgelöst werden, bewusst zu werden und sie in Worte zu fassen. Nach der Präsentation der Geschichte bekommen sie Zeit, zunächst allein für sich und dann in der Gruppe, darüber nachzudenken, ob die Geschichte wirklich ein moralisches Dilemma (oder auch mehrere) enthält und worin dieses besteht. Denn ein Dilemma liegt immer im Auge des Betrachters. Jeder Teilnehmer kann also ein anderes Dilemma in der präsentierten Geschichte sehen.
¬ Vor der Diskussionsphase bekommen die Teilnehmer zudem Gelegenheit, sich in kleinen Gruppen von drei bis vier auf die Diskussion im Plenum vorzubereiten. Meine Erfahrung ist, dass je mehr wir tun, um die Teilnehmer zu stärken, diese umso weniger dazu neigen, in der Diskussion „persönlich“ zu werden und einen aggressiven Ton anzuschlagen.
¬ Bei der KMDD wechseln sich Phasen der Unterstützung und Herausforderung rhythmisch ab. Damit wird erreicht, dass alle Teilnehmer über die ganzen 90 Minuten hinweg aufmerksam sind. Es passiert selten, dass sich jemand gelangweilt oder überfordert fühlt. Diese Maßnahme zur Affektregulierung im Unterricht fehlt bei der Blatt-Methode und ist auch sonst im Unterricht selten anzutreffen.
¬ Bei der KMDD moderieren die Teilnehmer die Diskussion selbst, nicht der Lehrer bzw. die Lehrerin.
¬ Der Lehrer bzw. die Lehrerin greift also nicht, wie bei der Blatt-Kohlberg-Methode, inhaltlich in die Diskussion der Teilnehmer ein, sondern hilft nur durch Handzeichen, die beiden Regeln einzuhalten. Am Ende dankt er allen für die lebhafte und faire Diskussion, aber enthält sich jeder inhaltlichen Bewertung. Bei einer Methode, die die moralische Autonomie der Teilnehmer stärken soll, sind Zensuren fehl am Platz.
Philosophieren mit Dilemmata

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