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Sei Shōnagon (um 966–1025)

Der Kakadu ist zwar ein Vogel aus dem fernen Ausland, aber sehr interessant. Er soll nämlich nachsprechen können, was wir Menschen sagen.

Nachtigall, Ralle, Schnepfe, Lachmöwe, Zeisig, Schnäpper.

Wenn ein Fasan auf Partnersuche geht, genügt es angeblich, ihm einen Spiegel vorzuhalten. Eine solche Einfalt ist wirklich rührend! Mir tun die Fasanen schon leid, wenn Männchen und Weibchen einmal durch ein Tal voneinander getrennt sind.

Der Kranich ist von imposanter Gestalt, und sein Ruf soll bis zu den Wolken empordringen. Höchst eindrucksvoll!

Sperlinge mit rotem Kopf, Kernbeißermännchen, Zaunkönig.

Reiher sind kein schöner Anblick. Schon ihre Augen blicken so unheimlich drein, das macht sie mir unsympathisch. Aber schön ist das Gedicht von den streitenden Reihern im Walde Yurugi, die nicht partnerlos schlafen wollen.

Bei den Wasservögeln finde ich die Mandarinenten besonders ergreifend. Sie sollen einander im Schlafnest den Reif vom Gefieder streifen.

Regenpfeifer sind ausgesprochen niedlich.

Über den Buschsänger werden wunderschöne Gedichte verfasst. Sein Gesang ist ebenso nobel und hübsch wie sein Gefieder. Es ist jammerschade, dass man ihn im Kaiserpalast niemals singen hört. Als mir das einmal jemand sagte, dachte ich, das sei doch gar nicht möglich, aber während der ganzen zehn Jahre, in denen ich dort Dienst tat, habe ich seinen Ruf tatsächlich nicht ein einziges Mal vernommen, obwohl ich immer gut darauf achtgegeben habe. Wirklich! Dabei wäre der Rotpflaumenbaum nahe dem Bambus doch ein geeigneter Ort, zu dem der Buschsänger ohne Weiteres kommen könnte. Verlässt man den Palastbezirk, kann man ihn selbst in den kümmerlichsten Pflaumenbäumen bei ganz schäbigen Hütten bis zum Überdruss singen hören. Dass er nachts nicht singt, lässt auf Langschläferei schließen, ist aber leider nicht zu ändern.

Den Sommer hindurch und bis in den Spätherbst singt er mit heiserer Stimme; dann bezeichnen ihn die Leute aus dem niederen Volk mit anderen Namen, »Wurmfresser« zum Beispiel. Ich finde das bedauerlich und seltsam. Wenn es sich um gewöhnliche Vögel wie Spatzen handeln würde, hätte ich nicht viel dagegen einzuwenden. Aber weil der Buschsänger nur im Frühling schön singt, rühmt man ihn in Liedern und Gedichten mit poetischen Worten wie in dem Vers »Wenn das Jahr sich wendet«. Würde er ausschließlich zur Frühlingszeit singen, wie würde man ihn dann erst lieben! Würde man denn einen Menschen, der nach Verlust seiner Stellung in den Augen der Öffentlichkeit beginnt, an Ansehen einzubüßen, gleich derartig schmähen? Es gibt gewiss keinen Menschen auf der Welt, der sich nach Habichten oder Krähen umdrehen oder ihrem Geschrei lauschen möchte. Deshalb wünschte ich mir, der Buschsänger würde immerzu wunderbar singen, denn mit solch einer Geringschätzung kann ich mich einfach nicht abfinden.

Als ich den Wagen vor den Palästen Urin-In und Chisoktu-In halten ließ, um mir die Rückkehr der Schreinprinzessin anzusehen, schlug gerade eine Nachtigall an, die den Sommer wohl nicht erwarten konnte. Gleich darauf antwortete der Buschsänger, ihren Ruf geschickt imitierend. Es war wirklich faszinierend, beide Vögel in ihren hohen Bäumen gleichzeitig singen zu hören.

Wie schön die Nachtigall klingt, brauche ich nicht eigens zu betonen. Wenn sie schlägt, hört es sich immer so an, als sei sie sich ihrer Kunstfertigkeit durchaus bewusst. Sie hält sich bevorzugt zwischen Deutzien- und Mandarinenblüten auf, und es ist geradezu ärgerlich, wie gut es ihr dabei gelingt, sich zu verstecken. Wenn ich in den kurzen Nächten der Regenzeit wach bleibe und lausche, um ihr Lied als Allererste zu vernehmen, und sie dann, tief in der Nacht, tatsächlich ruft, rührt ihr melodischer, liebreizender Gesang mit unfassbarer Gewalt zutiefst an mein Herz. Überflüssig, eigens zu erwähnen, dass ihr Ruf im 6. Monat wieder verstummt.

Alles, was zur Nachtzeit ertönt und ruft, liebe ich sehr. Mit einer einzigen Ausnahme: plärrende Säuglinge.

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